Transmembrandruck (TMP) im Minusbereich?

Worüber unterhalten wir uns jetzt eigentlich ?

Über einen imaginären Fehler der bei den aktuellen Dialysegeräten in der Form nicht auftreten kann, oder über den Hinweis das das Ziehen des Netzsteckers eines Dialysegerätes nicht das Mittel der Wahl für den "patientensicheren Zustand" ist.
 
Hallo, unser Doc. setzt einen ansteigenden TMP immer mit einem Clotting im System gleich. Auch bei einem negativen TMP. Liegt er damit richtig? So wie ich mir diesen Thread durchgelesen habe ja eher nicht. Vielleicht bei einem erhöhten PBE (Wir arbeiten mit Braun Dialog Maschinen) also dem Dialysatoreingansdruck, aber gleich beim TMP?

Wir haben die Erfahrung gemacht, dass ein ansteigender TMP nicht zwangsmäßig mit einem Systenclotting einher gehen muss.
 
An hinkepuck:

Schön, dass nach so vielen Jahren noch mal das Thema aufkommt:

1. Dem Doc nicht glauben, wenn er nicht nachweislich schon mind. 20 Jahre Dialyseerfahrung hat, aber nicht von seinem Schreibtisch aus, sondern am Patienten selber. Die Jungs, die heute von der Uni kommen, haben ihre obligaten 6 Monate am Anfang ihrer Assistentenzeit in der Dialyse verbracht, danach oft zurückgezogen in Forschungslabors oder auf Station geackert.

2. Jetzt die positive Nachricht: ganz falsch liegt Euer Doc nicht, da bei einem Clotting im Filter der TMP rückläufig ist = vom negativen, zunächst auf Null, dann evtl. auf positiv. Ganz praktisch lässt sich dies überprüfen, indem man den Filter freispült. Wenn er dann blutig ist, hatte er recht. Sieht man aber am Ende der HD sowieso (Filterblutreste von 1 (sauber) bis 4 (dunkelrot)). Dann --> Heparinisierung anpassen durch ACT-Kontrollen zu Beginn und im Verlauf.

3. Jetzt die schlechtere Nachricht: diese Botschaft ist vereinfacht ("zu kurz gesprungen"). Der Druckaufnehmer für den "venösen" Blutrücklauf befindet sich hinter dem Dialysator am Blasenfänger. Insofern kann auch ein Koagel im Netz des Blasenfängers einen Druckanstieg auslösen.

4. Die neueren Maschinen (z. B. 5008 von FMC --> KEINE Werbung!) ermöglichen die Datenübernahme des Dialyseverlaufs und verschiedener Parameter in ein Verwaltungsprogramm. Wenn der Druckanstieg langsam erfolgt, ist ursächlich meist ein Abflusshindernis, das zu einer enormen Hämokonzentration z. B. infolge verstärkter Rezirkulation bei Graft-Stenose führt.

5. Die frühzeitige Diagnose eines drohenden Interponatverschlusses infolge Intimahyperplasie an der venösen Anastomose lässt sich meist auf diese Weise erkennen, wenn es bei dem selben Patienten regelmäßig zu einem Druckanstieg kommt. --> Rezirkulation messen!!!

6. Das "Trockengewicht" kann auch zu tief festgelegt sein, dann kommt es über Hämokonzentration ebenfalls zu einem höheren TMP --> Blutvolumenmonitoring, falls technisch vorhanden.

7. Bei Patienten mit doppellumigen Kathetern, die immer in einer Richtung genutzt werden, kommt es durch Fibrinablagerungen in der Nähe des Konnektors (Turbulenzen) zu einer Lumeneinengung, der Widerstand erhöht sich mit der 4. Potenz der Verringerung des Innenradius (= halb so großes Innenlumen --> Widerstand 16-fach höher!!). Auch dies verändert den TMP. Zur "Diagnose" reicht in der Regel ein Vergleich zwischen "arteriellem" und "venösem" Druck. Bei konstantem Blutfluss sollten beide "symmetrisch" sein --> minus 130 mm Hg "arteriell" entspricht typischerweise plus 130 mm Hg "venös". Wenn hier ein relevanter Unterschied besteht --> Actilyse oder Urokinase.

Facit: es gibt verschiedene Möglichkeiten, die im Kontext gesehen werden sollten.
 
Hallo, unser Doc. setzt einen ansteigenden TMP immer mit einem Clotting im System gleich. Auch bei einem negativen TMP.

Prinzipiell setzt sich die Membran des Dialysators über die Zeit ja zu. Proteine, Lipide... Die Gerinnung spielt dabei eine große Rolle. Der Membranwiderstand steigt stetig an. Ein großer Anstieg deutet auf galoppierende Gerinnung hin. Ein negativer TMP kann eigentlich nur aufgrund einer "umgedrehten" Filtration beruhen - d.h. in der Summe wandert Dialysat ins Blut. Wenn der Widerstand erhöht ist, dann steigt auch hier der TMP - in diesem Fall negativ.
Inwiefern Clotting im Dialysator einem Clotting im System gleichzusetzen ist, entztieht sich meiner Kenntnis.
Fakt ist, wenn der Dialysator dicht ist muss doch eyh das System getauscht werden - oder?
 
Noch mal kurz zur Fehleranfälligkeit des angezeigten TMP bzw. wie ich mir das Problem erkläre:

Eigentlich ist der TMP die mittlere Druckdifferenz zwischen Blutseite und Dialysatseite im Dialysator.
Um ihn zu bestimmen braucht man den mittleren Blutdruck und den mittleren Dialysatdruck. Die mittleren Drücke ergeben sich für jede Seite aus der Differenz von Eingang zu Ausgang.
Um den TMP exakt zu bestimmen braucht man also vier Drucksensoren - je einen direkt an jedem Zugang.

Die Praxis sieht anders aus:

1. wenn irgendwo am Leitungssystem Druck gemessen wird, dann nicht direkt am Dialysator, sondern relativ weit weg davon - das führt dazu, dass sich weitere Leitungswiderstände aufaddieren und die Bestimmung fehlerhaft ist

2. blutseitig wird hinter der Pumpe oft nur im venösen Schenkel der Druck gemessen - also nur in gewisser Entfernung am Blutausgang des Dialysators

Das bedeutet, dass die Hersteller den TMP auf Grundlage zu weniger Daten nur abschätzen können. Unter "normalen" Bedingungen wird diese Schätzung dicht am wirklich existierenden TMP liegen. Aber was passiert, wenn die Bedingungen nicht mehr "normal" sind.

Ich vermute, dass es nur deswegen zu diesen ominösen "negativen" TMPs kommen kann, weil der Wert falsch bestimmt wird. Denn in der Praxis ist mir kein Therapieszenarium (HD, CVVHD, HF...) bekannt, in dem Dialysat über den Dialysator in den Patienten gelangen soll. Wenn der Patient Flüssigkeit substituiert bekommen soll, dann immer direkt ins Blut (pre- oder postdilution) über die Schlauchleitungen. Ein Volumenstrom von Dialysat über die Membran ins Blut würde die Effektivität des Dialysators schmälern, denn es würde die zu entfernenden Toxine konvektiv ins Blut zurückdrängen, die ja eigentlich durch die Dialyse entfernt werden sollen...

Ein realer negativer TMP bedeutet, dass der Druck im Dialysat höher ist als im Blut. Flüssigkeit fliesst immer vom hohen zum niedrigen Druck - in diesem theoretischen Fall (negativer TMP) fließst also Flüssigkeit vom Dialysat zum Blut. Wenn wir aber wissen, dass wir nicht mehr Dialysat in den Dialysator drücken, als wir herausholen, dann stimmt hier etwas in der Physik nicht...

Meine Annahme: Wenn eine Dialysemaschine auf Grundlage der Messung des venösen Blutdrucks zu dem Ergebnis kommt, dass der TMP negativ sei, bedeutet das, dass der reale Blutdruck am Dialysatoreingang in der Realität höher ist, als es die Maschine vermutet. Das könnte passieren, wenn der Dialysator langsam verblockt oder eine Stenose (z.B. Klemme oder Koagel) zwischen Dialysator und venöser Druckmessung existiert. Hier steigt der Druck am Bluteingang deutlich an, aber die Maschine misst hier nicht und "weiss" es deshalb nicht. Die Maschine misst nur den Blutausgang. Hier ist der Druck klein. Die Maschine glaubt auf Grundlage einer Schätzung, dass wenn der venöse Druck klein ist, auch der arterielle Druck relativ klein sei (wie es beim offenen Dialysator auch der Fall ist).
Im Dialysat aber sind Sensoren, die einen Druckanstieg im Dialysat registrieren, denn der Blutstau schlägt durch die Membran durch. Die Diskrepanz zwischen falsch geschätztem Blutdruck und real gemessenem Dialysatdruck zeigt die Maschine dann als negativen TMP an.

Der Fehler ist, dass die Maschine die Druckdifferenz/-diskrepanz TMP nennt, obwohl es nicht der reale TMP ist.

Und die Ausgabe des falsch benannten negativen TMP-Wertes lässt auf einen verblockten Dialysator schliessen. Insofern hat dein Doc dann nicht unrecht.

Meine Erklärung basiert rein auf Logik. Ich weiss nicht genau, wie welcher Hersteller den TMP bei welcher Maschine wirklich berechnet. Ich kenne nur wenige Dialysemaschinen wirklich gut und die meissten sind älterer Natur und kontinuierliche Dialysemaschinen. Nur bei diesen weiss ich, dass z.B. kein Druck am Bluteingang gemessen wird.
 
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