Noch mal kurz zur Fehleranfälligkeit des angezeigten TMP bzw. wie ich mir das Problem erkläre:
Eigentlich ist der TMP die mittlere Druckdifferenz zwischen Blutseite und Dialysatseite im Dialysator.
Um ihn zu bestimmen braucht man den mittleren Blutdruck und den mittleren Dialysatdruck. Die mittleren Drücke ergeben sich für jede Seite aus der Differenz von Eingang zu Ausgang.
Um den TMP exakt zu bestimmen braucht man also vier Drucksensoren - je einen direkt an jedem Zugang.
Die Praxis sieht anders aus:
1. wenn irgendwo am Leitungssystem Druck gemessen wird, dann nicht direkt am Dialysator, sondern relativ weit weg davon - das führt dazu, dass sich weitere Leitungswiderstände aufaddieren und die Bestimmung fehlerhaft ist
2. blutseitig wird hinter der Pumpe oft nur im venösen Schenkel der Druck gemessen - also nur in gewisser Entfernung am Blutausgang des Dialysators
Das bedeutet, dass die Hersteller den TMP auf Grundlage zu weniger Daten nur abschätzen können. Unter "normalen" Bedingungen wird diese Schätzung dicht am wirklich existierenden TMP liegen. Aber was passiert, wenn die Bedingungen nicht mehr "normal" sind.
Ich vermute, dass es nur deswegen zu diesen ominösen "negativen" TMPs kommen kann, weil der Wert falsch bestimmt wird. Denn in der Praxis ist mir kein Therapieszenarium (HD, CVVHD, HF...) bekannt, in dem Dialysat über den Dialysator in den Patienten gelangen soll. Wenn der Patient Flüssigkeit substituiert bekommen soll, dann immer direkt ins Blut (pre- oder postdilution) über die Schlauchleitungen. Ein Volumenstrom von Dialysat über die Membran ins Blut würde die Effektivität des Dialysators schmälern, denn es würde die zu entfernenden Toxine konvektiv ins Blut zurückdrängen, die ja eigentlich durch die Dialyse entfernt werden sollen...
Ein realer negativer TMP bedeutet, dass der Druck im Dialysat höher ist als im Blut. Flüssigkeit fliesst immer vom hohen zum niedrigen Druck - in diesem theoretischen Fall (negativer TMP) fließst also Flüssigkeit vom Dialysat zum Blut. Wenn wir aber wissen, dass wir nicht mehr Dialysat in den Dialysator drücken, als wir herausholen, dann stimmt hier etwas in der Physik nicht...
Meine Annahme: Wenn eine Dialysemaschine auf Grundlage der Messung des venösen Blutdrucks zu dem Ergebnis kommt, dass der TMP negativ sei, bedeutet das, dass der reale Blutdruck am Dialysatoreingang in der Realität höher ist, als es die Maschine vermutet. Das könnte passieren, wenn der Dialysator langsam verblockt oder eine Stenose (z.B. Klemme oder Koagel) zwischen Dialysator und venöser Druckmessung existiert. Hier steigt der Druck am Bluteingang deutlich an, aber die Maschine misst hier nicht und "weiss" es deshalb nicht. Die Maschine misst nur den Blutausgang. Hier ist der Druck klein. Die Maschine glaubt auf Grundlage einer Schätzung, dass wenn der venöse Druck klein ist, auch der arterielle Druck relativ klein sei (wie es beim offenen Dialysator auch der Fall ist).
Im Dialysat aber sind Sensoren, die einen Druckanstieg im Dialysat registrieren, denn der Blutstau schlägt durch die Membran durch. Die Diskrepanz zwischen falsch geschätztem Blutdruck und real gemessenem Dialysatdruck zeigt die Maschine dann als negativen TMP an.
Der Fehler ist, dass die Maschine die Druckdifferenz/-diskrepanz TMP nennt, obwohl es nicht der reale TMP ist.
Und die Ausgabe des falsch benannten negativen TMP-Wertes lässt auf einen verblockten Dialysator schliessen. Insofern hat dein Doc dann nicht unrecht.
Meine Erklärung basiert rein auf Logik. Ich weiss nicht genau, wie welcher Hersteller den TMP bei welcher Maschine wirklich berechnet. Ich kenne nur wenige Dialysemaschinen wirklich gut und die meissten sind älterer Natur und kontinuierliche Dialysemaschinen. Nur bei diesen weiss ich, dass z.B. kein Druck am Bluteingang gemessen wird.