Tabuthema "Wachhalter" bei Endlosdiensten

Ich habe von eigenen Erfahrungen, Fehlern und Beobachtungen berichtet.
Diese sind naturgemäß nicht allgemeingültig.
Die straf- und arbeitsrechtliche Relevanz ist mir durchaus bewusst.

Ich habe meine Lehren daraus gezogen und möchte nun mit diesem Thema
andere Kollegen sensibilisieren, besser auf sich selber und ihr Team zu achten.

Die "etwas" provokante Form habe ich als "Eyecatcher" gewählt.
 
...Ich habe meine Lehren daraus gezogen und möchte nun mit diesem Thema
andere Kollegen sensibilisieren, besser auf sich selber und ihr Team zu achten....

Dann sieh doch die User hier als ein großes Team
da würdest mit 1,2 Sätzen auch nicht ankommen, mit Deiner Message.
Ich bin gespannt darauf, leg los. Mehr Sensibilität zu diesem Thema tät mir nicht schaden.
 
Gerne.

Pflege ist ein hartes Brot.
Dienstzeiten, Entgelt, körperliche und seelische Belastung.
Es ist nur allzu verlockend, sich da ein chemisches Helferlein zuzulegen.

Durch unsere Ausbildung und beruflichen Kontakte ist für uns die Beschaffung
nicht allzu schwer. In der Pfl.Schule wird allenfalls am Rande darauf eingegangen.

Das "Berufsdoping" ist nicht nur in der Pflege ein Problem, aber wir sollten es
besser wissen, und trotzdem geschieht es.

Schön wäre es, wenn das Thema nicht nur in das Fach "Gesetzeskunde" (wo
alles schläft) eingebunden wäre, sondern auch in "Hygiene" und "Soziales"
aufgegriffen würde.
Ganz besonders aber gehört es vermehrt in die Weiterbildung zur
Wohnbereichs-, Stations-, Pflegedienstleitung.
 
Fragt sich, warum die einen ein "Helferlein" brauchen und die anderen nicht.

Elisabeth
 
Die Menschen sind halt verschieden gestrickt:

Der Eine braucht es. (tatsächlich)
Der Andere glaubt es zu brauchen. (warum auch immer)
Der Nächste ruht in sich selber und hat es nicht nötig. (beneidenswert)
 
Was waren Gründe, dass es Dir verordnet wurde, warum siehst Du es heute als Fehldiagnose an?
Welche Erwartungshaltung hattest Du beim Arzt, war Dir klar was Dir verschrieben wurde?
Falls ja, was hat Dich bewogen, das Medikament (Zeitraum?) zu nehmen, sporadisch <-> regelmäßig?
Falls nein, wurdest Du umfassend informiert und aufgeklärt?

Würdest jetzt nochmals vor die Entscheidung gestellt und bekämst es verordnet - wie würdest Du jetzt damit umgehen?
Was siehst Du jetzt für Alternativen?
Negative Folgen für Dich, im Beruf, in der Familie?
Gibt es Langzeitfolgen, die nahelegen, dass sie medikamentös bedingt sind?
Wenn Du Kollegen beobachtest, bei denen Du vermutest, dass sie was einnehmen, woran machst Du das fest, was sind Anzeichen, die es nahelegen?
Das ist eine Grauzone - es sollte möglich sein, dies zu schildern auch wenn es in keinster Weise darum geht, ab sofort jeden erst mal misstrauisch zu beäugen, krude Vermutungen im eigenen Betrieb anzustellen. Jedoch - was wären Warnhinweise?
Du kannst über Deine eigenen Erfahrungen berichteten, damit andere sensibilisiert werden, das ist doch auch Dein Ziel.
Du hast Vermutungen, dass Kollegen in nicht unerheblichem Maße Stimulanzien einnehmen, wie geht ihr bei euch damit um?

Ein Thema, dass einen selber betrifft, recherchiert man mehr, ist umfassender informiert, was also wär wichtig?
 
Wie bei so vielem macht die Dosis das Gift. Es gibt für MPH Indikationen und es sollte auch kein Betroffener unter Generalverdacht gestellt werden. Körperliche Abhängigkeit kommt bei korrekter Einnahme nicht vor. Methylphenidat ? Wikipedia (ja, es ist wikipedia.. aber dort gibt es auch quellenangaben)
Zum Aufputschen gibt es da sicherlich bessere Mittel.

Der Wunsch die Leistungsfähigkeit zu steigern ist nichts "pflegerisches" und auch nichts "studentisches". Es sind wohl eher die Besonderheiten in diesen Gruppen, daß es ihnen leichter fällt, an Stimulantien zu kommen. Oder auch der Hang von Pflegenden, sich selbst medikamentös therapieren zu wollen.
Bei vielen steckt ggf. auch eine depressive Episode o.ä. dahinter.
 
Der aktuelle Kenntnisstand über den klinischen Zusammenhang zwischen
Methylphenidat-Behandlung und Suchtentwicklung lässt sich wie folgt zusammenfassen:

- Alle bislang verfügbare Evidenz basiert auf Sekundäranalysen. Prospektive Ergebnisse mit primärer Ausrichtung auf die Forschungsfrage existieren bislang nicht.
- Die Studienergebnisse sind widersprüchlich, weisen aber keinesfalls in die Richtung einer durch Methylphenidat ausgelösten Suchtgefährdung.
- Der Suchtverlauf ist komplex und setzt voraus, dass neben der Behandlung mit Methylphenidat weitere Einfußfaktoren berücksichtigt werden. In diesem Zusammenhang haben sich das Vorliegen einer zusätzlichen Sozialstörung und das Alter bei Behandlungsbeginn als wichtige Moderatorvariablen erwiesen.
http://www.diss.fu-berlin.de/diss/s...UDISS_derivate_000000002733/2_kap1.pdf?hosts=
Ich würde mal denken, dass Elfriede besonders auf den Punkt 3 hinweisen will. Die "Sucht" entsteht nicht durch den Stoff sondern weil dem Betroffenen mit der Verordnung suggeriert wird, dass nur das Medikament seine Probleme lösen wird. Das halte ich für hochgefährlich.

Diese Praxis der "Therapie" ist nicht neu. Das gleiche Prozedere findest bei der Verordnung von Stimmungsaufhellern. Erinnern wir uns... Fluoxetin ? Wikipedia .

Ich seh da eher ein gesellschaftliches Phänomen. Nur der dynamische und leistungsfähige Mensch ist erwünscht. Aber was ist dynamisch und leistungsfähig? Bei entsprechender Disposition wird da die normale Grenze nicht mehr wahrgenommen.

Was machst aber als wohlwollender AG mit solchen Mitarbeitern? Einerseits ist die übergroße Leistungsbereitschaft gut für das Unternehmen. Andererseits... . Ich denke, der Wunsch, dass der AG einschreitet ist der falsche Weg.

Elisabeth
 
Hmm, ist vielleicht ein grosses Thema für bestimmte Menschen, das sicher. Leider vermutlich, ist aber vielleicht eben so :|.

Ich weiss nicht, wie das mit den Endlosdiensten gemeint ist- endlos, weil nix los ist oder endlos, weil man sich die Hacken abrennt und kurz vorm breakdown steht?!:gruebel:

Gegen Langeweile in Nachtdiensten ist der Nintendo sehr zu empfehlen, weil man diese sinnvolle Tätigkeit immer wieder unterbrechen kann :P. Die PCs haben ja oft kein Internet, weil man ja "nur" Krankenschwester ist (die Ärzte dürfen ins Internet, ist doch total danaben :knockin:!).
Gegen Horrordienste, in denen ein Hammer den nächsten jagt kann ich nur wärmstens empfehlen, gegen den Strom der "Leistungsfähigkeit" zu schwimmen und entweder in der Nacht ne Minute zu Heulen, wenn man eine freie Minute hat (tut echt gut machmal! Und draussen isses :nurse:) oder aber am Morgen bei der Übergabe (aber dann bitte nur verbal heulen und jammern! Knallhart und objektiv mss das dann sein). Am besten, wenn die Chefin anwesend ist!!! Und wenn man völlig vorm Ruin steht, muss man sich ja sowieso überlegen: sind die Nachtdienste gut für mich??? B-O... Es finden sich meistr andere, die dafür vielleicht besser geeignet sind oder man kann miteinander reden und wenn keiner Nachtdienste machen will, wird die Chefin sicher auch hellhörig.

Ganz ehrlich, ist ein AG nicht immer wohlwollend, sobald er eine examinierte Pflegerin vor sich hat? Ich mein, ich warte darauf, dass es auch bald unter Krankenpflegern Headhunter gibt, weil das Personal eh so mau ist. Da findet man überall Stellen, wenn man will.

Aber Pillen sind hier nicht der Richtige Weg und ich würde mir in einer solchen Situation (wenn ich das Gefühl hätte, dem Druck nicht mehr aus eigener Kraft stand halten zu können) überlegen, ob ich auf der Richtigen Station arbeite oder aber im richtigen Beruf. Die Einstellungen überdenken, die ich zu Leistung und Beruf habe. Schliesslich ist ja jeder für sich und sein Handeln selbst verantwortlich ab einem gewissen Alter und ist da ja auch in der Lage, sich zu reflektieren. Ich habe gesehen, dass Du z.B. in der ambulanten Pflege arbeitest. Ich denke, dass das ja auch eine sehr gute Möglichkeit ist, "Druck" rauszunehmen aus Nachtdiensten (in der Einrichtung). Vielleicht ist es sinnvoll zu sensibilisieren, ich denke aber, dass Reflexion und Erfahrung fast eine grössere Schlüsselfunktion haben bei dem Thema als z.B. theoretische Aufklärung bzw. sensibilisierung, oder nicht?... :-?

Falsch ist eine Sensibiliseirung aber sicher nicht :up:...
 
Was machst aber als wohlwollender AG mit solchen Mitarbeitern? Einerseits ist die übergroße Leistungsbereitschaft gut für das Unternehmen. Andererseits... . Ich denke, der Wunsch, dass der AG einschreitet ist der falsche Weg.
Bei bekannten Medikamentenmissbrauch (Ritalin, um Bereitschaftsdienst zu überstehen!) muss der AG eingreifen, meiner Ansicht nach.
 
Bei bekannten Medikamentenmissbrauch (Ritalin, um Bereitschaftsdienst zu überstehen!) muss der AG eingreifen, meiner Ansicht nach.


Warum sollte er?
Es ist doch viel bequemer, diesen Umstand zu ignorieren, solange der Mitarbeiter funktioniert. Wenn er hinguckt, hat er wieder einen Haufen Dienste zu besetzen, die keiner mehr machen will und muss sich eventuell sogar um einen neuen Mitarbeiter kümmern. Das wäre doch sehr viel mehr Aufwand.



Und zum Thema : Ich komme mit Cola ganz gut über die Runden, obwohl ich auch schon im Dienst vor Erschöpfung geheult habe. Jeder Dienst hat irgendwann ein Ende.
 
Das wird dann aber eine Gratwanderung. Kann man ihm im Schadensfall nachweisen, dass er von dem Problem wusste, sitzt er mit im Boot. Und wer will das Risiko schon eingehen.

Elisabeth
 
Das anzugehen ist aber auch eine heikle Angelegenheit, wenn man nur naheliegende Vermutungen, einen Verdacht hat.
Was sind Warnzeichen, die mich aufmerksam werden lassen sollten?
Elfriede berichtet von 5% - wäre der offizielle bundesweite Durchschnitt
bis 10% - nehm das jetzt mal als die Dunkelziffer, die (im Artikel des Deutschen Ärzteblattes #20) mit "erheblich größer" benannt wird.
Zähl ich jetzt meine direkten Kollegen durch wären da etliche dabei, statistisch gesehen.
Generalverdacht ist aber auch keine Lösung. Geh ich davon aus dass bestimmt mehrere Kollegen betroffen sind, diese dann misstrauisch mit Argusaugen zu beobachten.
Jemand der darüber nicht redet; den ich nicht beobachte wie er/sie die Tbl. vor meinen Augen einnimmt, inkl. Sicht der Schachtel mit Name; nicht extrem aus der Rolle fällt -? Macht nicht viel her, oder?
Um vieles einfacher - jemand der Alkohol ausdünstet, unsicher läuft, undeutlich spricht.
Nochmals, Elfriede - was lässt Dich vermuten, dass das im Kollegenkreis ein großes Thema ist.
Es ist Dein Thread, Du darfst Dich gerne mehr einbringen, irgendwo bin ich immer noch nicht groß weitergekommen.
 
OK

Warnzeichen :

Verhaltensmuster weichen vom gewohnten Schema ab :
Der Kollege ist reizbarer oder gelassener.
- Kann durchaus andere Ursachen haben ::smlove2:

ADS-Kinder : Der Erfolg der Medikation kann "Mutti" neugierig machen.


Kaum einer kommt von alleine darauf.
In der Regel wird die Taktik weiterempfohlen.

Also : Augen - Und vor allem Ohren auf !
 
Aber nicht jeder, der diesen "Tipp" bekommt, wird ihn dankbar annehmen. Das Problem liegt da schon weit vorher. Stichwort: Selbstwertgefühl ausschließlich abhängig von der Leistungsfähigkeit im Beruf.

Auf diesen Punkt wird m.E. viel zu wenig geschaut. Im Gegenteil. AG nutzen dieses Problem für sich. Nur- der AG ist nicht der Einzigste, der einschreiten kann. Da gibt es Personen, die sind viel näher dran und bekommen es viel zeitiger mit. Oder nutzen dies das auch nur aus um ihre Interessen gewahrt zu sehen? Wenn dem so ist, dann ist der Betroffene mehr als zu bedauern.

Elisabeth
 
Nun ja, ich "dope" mich nur mit Red Bull und Kaffee, aber jetzt nicht wegen endlos Dienste sondern, weil ich einfach auf Coffein stehe:wink:. Was anderes würde ich auch nie nehmen, Ritalin oder Medikinet haben ja massig NW, bin nicht wirklich scharf drauf. Ich rate oft auch meine Pat davon ab.
Ich finde die ADS/ ADHS Diagnose ist eh nur Schmarrn. Natürlich sind Kinder hyperaktiv und haben kurze Aufmerksamkeitsspanne...rum zu tollen ist quazi ihr "Job", sollen die etwa still da sitzen und über Kant und Co. nachdenken. Ich würde meinen Kinder nie Ritalin & Co geben.

Von meinen Kollegen wüsste ich spontan auch nicht wer BTM Missbrauch betreiben würde. Obwohl ich habe schon einige Kollegen die THC voll toll finden..oder auch LSD. Ich kenne einige Guks und APs die Polytox sind/waren und sich von den Medischränken bedient haben, irgendwann kommen manche dann zu uns in der Psych. Aber der Durschschnitt der Patienten die aus Pflege kommen ist nicht höher als andere Berfusgruppe würde ich sagen. Statistiken kenne ich keine, ich könnte auch natürlich total falsch liegen.
 
Der Sohn einer Kollegin nimmt Ritalin, seit Jahren. Mit - kann er halbwegs den Unterricht durchstehen.
Er geht seit ein paar Jahren auf eine Regelschule, Grundschulzeit war an einer Förderschule.
In diesem Schuljahr wechselte die Klassenleitung, die meinte - das sei alles nur Quatsch, er brauche das doch gar nicht, Papa ließ sich überzeugen. Kurz darauf war jeder Schultag chaotisch, der Bub rannte ständig rum, konnte sich nicht auf den Unterricht konzentrieren. Hausaufgabe hat er keine mehr gemacht, weil er schon vergaß diese aufzuschreiben.
Hefte - kaputt, zerrissen, Materialien für den Unterricht - vergessen.
Lernen für Schulaufgaben - negativ.
Vom Schulsport wurde er öfters ausgeschlossen, weil er zu viel Blödsinn gemacht hat.
Nu ja - das wär das einzige gewesen, was ihm kurzfristig geholfen hätte: Dem enormen Bewegungsdrang nachgeben zu können.
Bei ihm halte ich die Medikation für sinnvoll, weil sie ihm hilft sich zu fokussieren, anstatt alles aufzunehmen was um ihn herum passiert.
Konzentration und Aufmerksamkeitsspanne - sehr, sehr deutlich nicht altersentsprechend.
Von einem normalen Bewegungsdrang war er auch ganz, ganz weit entfernt.
Ich werd ihn vielleicht demnächst mal nach Kant und Co fragen, vielleicht kennt er sie ja. Ist ein cleveres Bürschchen.
Selbstverständlich bekam er das Ritalin dann wieder.
Bis der Medikamentenspiegel wieder halbwegs gepasst hat - war das eine ziemlich stressige Zeit für die Eltern.

Aber an sich - geht es ja um was anderes. Um erwachsene Menschen im Berufsleben, die das Medikament eigentlich nicht brauchen.
Wie auch immer sie da ran kommen.
 
Ich rate oft auch meine Pat davon ab.
Ich glaube, man kann Patienten mit einer psychischen Erkrankung oder Störung nichts schlimmeres antun, als sie dann dahingehend zu verunsichern, daß die fachärztliche Therapie falsch ist.
Ist off-topic... ich denke, man muß Mißbrauch trotzdem von Therapie unterscheiden. Ob man nun persönlich ADS als existent oder Phantasie beurteilt (wobei ich mich frage, woher alle darüber das fundierte Wissen beziehen..?)
 
Offenbar habe ich einen unbekannten/selbsterfunden Begrff verwendet :

Den "Endlosdienst"

Er geht von 06.30-09.30 dann 11.30-12.15 und dann 18.00-20.30 .
Das tgl. über 12 Tage. Darüber hinweg 2x3 Tage Rufbereitschaft.
(In der ambulanten allzu häufig zu finden.)

Nach Arbeitszeitgesetz noch eben legal, aber irgendwann beisst sich
das Koffein doch mit dem Duodenalgeschwür und dem Schlafbedürfnis.
Und der Kunde/Patient benötigt nun einmal die volle Aufmerksamkeit.