Schmerztherapie im Krankenhaus: machbar, aber mangelhaft

Elisabeth Dinse

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Krankenschwester, Fachkrankenschwester A/I, Praxisbegleiter Basale Stimulation
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Intensivüberwachung
Schmerztherapie im Krankenhaus: machbar, aber mangelhaft
Dr. Josef König, Pressestelle
Ruhr-Universität Bochum

15.09.2010 16:13

Über 80 Prozent der Patienten erleiden unnötig starke Schmerzen
RUB-Forscher empfehlen Kooperationen und Konzepte

Das „schmerzfreie Krankenhaus“ ist möglich – nur meistens noch nicht Realität. Zu diesem Schluss kommen Forscher unter der Leitung von Prof. Dr. Christoph Maier (Schmerzambulanz RUB-Klinikum Bergmannsheil). Ihre Befragung von über 4.000 Patienten ergab, dass sowohl konservative als auch operative Stationen ihren Patienten eine adäquate Schmerztherapie bieten könnten, die in den meisten Kliniken allerdings an fehlenden Absprachen und Kooperationen scheitert.
So leiden mehr als 80 Prozent der Patienten in Krankenhäusern zu starke Schmerzen, besonders auf konservativen Stationen. Nach Operationen ist die Schmerzbehandlung besser, besonders nach großen Eingriffen. Die Forscher berichten über ihre Studie in der aktuellen Ausgabe des Ärzteblatts.

Mehr als die Hälfte hat unerträgliche Schmerzen

Sie werteten für das Projekt „Schmerzfreies Krankenhaus“ Fragebögen von 4.157 Patienten aus, die zwischen 2004 und 2006 in 25 deutschen Kliniken interviewt worden waren. Erfasst worden waren der aktuelle Ruheschmerz, der aktuelle Belastungsschmerz und der maximale Schmerz in den letzten 24 Stunden. Je rund ein Drittel der Patienten auf chirurgischen und konservativen Stationen gaben an, unter mäßigen bis starken Ruheschmerzen zu leiden; je mehr als die Hälfte klagten über belastungsabhängige Schmerzen dieser Stärke. Insgesamt gaben mehr als die Hälfte aller Patienten (55 % operierte, 58 % konservativ behandelte) an, unerträgliche Schmerzen zu haben. Bei zwei Dritteln der Patienten traten die schlimmsten Schmerzen außerhalb der normalen Dienstzeiten des Personals auf, z.B. nachts. Dabei waren die Ergebnisse auf konservativen Stationen schlechter als auf chirurgischen. 85 % aller operierten Patienten erhielten ein Schmerzmittel, aber nur 57 % der konservativ behandelten. Über 55 % der Befragten gaben der Schmerztherapie eine schlechte Note.

Studie zeigt, dass es geht
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Schmerztherapie im Krankenhaus: machbar, aber mangelhaft

Elisabeth
 
Jetzt bitte nicht falsch verstehen, aber Schmerz ist immer subjektiv.
Habe 4 Jahre auf einer operativen Orthopädie gearbeit und unser Ziel war natürlich auch Schmerzfreiheit! Keiner sollte oder müsste heutzutage unnötige Schmerzen leiden. Aber da den Patienten oft schon bei der Aufnahme gesagt wurde (Anästhesie Prämedgespräch) sie werde keine Schmerzen haben waren viele gleich ganz von der Rolle, wenn es doch mal geziept hat.
Ich finde es ist wichtig, das die Patienten in Ruhe keine Schmerzen haben, aber das es mal sticht, ziept oder brennt wenn man mobilisiert ist nach einen operativen Eingriff normal! Viele Patienten haben aber so auf die "absolute Schmerzfreiheit" appeliert das sie tlw. so "zugedröhnnt" mit Analgetika waren das keine mobilisation mehr möglich war, sie erbrochen haben, Kreislaufprobleme bekamen ect.
Ich kann jetzt nur von Erfahrungen mit chirurgischen Patienten berichten, denke das sieht auf einer onkologie, oder inneren natürlich wieder anders aus.
Würde mich mal interessieren, wie andere darüber denken.
 
Es geht in der Schmerztherapie net um Schmerzfreiheit sondern um eine Schmerzlinderung. Sollte ein Anästheist wissen und er hats auch garantiert so vermittelt. Nur leider ist die menschliche Seele so konstruiert, dass sie in Streßsituationen wie einer OP-Aufklärung nur das wahrnimmt, was sie wahrnehmen will.

Bei orthopäd. Pat hast außerdem immer das Problem des Schmerzgedächtnisses. Die Leute kommen ja erst zum Gelenksersatz, wenns vor Schmerzen gar net mehr geht. Bei diesen Pat. eine ausreichende Schmerzlinderung zu erreichen ist eine Kunst.

Mal ganz davon ab. Seine Schmerzen kann nur der Pat. selbst beurteilen und solche Einstellungen: wenn es doch mal geziept hat, aber das es mal sticht, ziept oder brennt - führen genau zu der beschrieben Problematik bei den 55% der Befragten welche unerträgliche Schmerzen angeben.

Überdosierte und damit "zugedröhnte" Pat. findest hauptsächlich, wenn der einfache Doc glaubt, er kann das schon mit der Schmerztherapie und seinen Kollegen Schmerztherapeuten nicht holt.

Elisabeth
 
Dafür gibt's ja auch Schmerzskalen. Wenn der Patient mir sagt, er fühlt sich zwischen 8 und 9, dann ist das eben so, und er bekommt seine Analgesie, auch wenn der Nachbar nach der selben OP gar nichts braucht.
 
Das kann natürlich sein, das die Pateienten (würde ich als Laie warscheinlich auch) falsch oder "anders" Verstehen mit der "Schmerzfreiheit".

Ich fuhr jedesmal ganz gut damit, den Patienten vor mobilisation, Drainagenzug ect. ehrlich zu sagen das es jetzt einen Moment schon mal kurz richtig wehtun kann. Die meisten Pat. kamen auch gut damit klar, und nach der Intervention war es meistens auch wieder gut mit sen Schmerzen. Habe aber auch Ärtzt erlebt, die eben Pat vor operationen sagten sie werden KEINERLEI Schmerzen haben:engel: das finde ich weckt unreelle Erwartungen. Ich fand es immer wichtig das die Pat. in Ruhe keine Schmerzen haben, und nicht in ihren ATLs durch Schmerzen eingeschränkt sind.

Das sich viele Ärzte nicht mit einer adäquaten Schmerztherapie auskennen ist die andere Seite. Aber da wird im Moment ja viel nachgeholt wenn man Fachzeitschriften glauben darf;-)

Aus eigener Erfahrung (Bauch OP) kann ich nur berichten: Klar, tat es weh beim Husten, aufstehen, umdrehen ect. Aber ist ja normal, wenn der Bauch aufgeschnitten wurde:engel: und nach 2 Tagen wars wieder gut. Und mir wurde von den Schmerzmedikamenten einfach *****übel. Da waren (für mich persönlich) ein paar Minuten Schmerzen erträglicher. Aber ist eben alles subjektiv.

Schlimm finde ich wenn Patienten mit tlw. infauster Prognose, heftigen Tumorschmerzen ect. von meist niedergelassenen Hausärzten kein Morphin, Fentanyl o.ä. verschrieben wird, da sie "süchtig" werden könnten...:eek1: alles schon gehört. Das muß heuzutage wirklich nicht mehr sein!
 
Ich bin ein schmerzempfindlicher Mensch. Mir war ehedem die O2-Brille unangenehm. Ich kannte den Zusammenhang zwischen Dipidolor und Atmung. Ich habe mich deshalb am 3.Opst-OP-Tag bewusst für ein andere Schmerztherapie entschieden. Mit den guten Ratschlägen der Kollegen, wie ich die Schmerzen im Bauchraum weiter reduzieren kann bin ich eigentlich dann sehr gut klar gekommen.

Was war förderlich: das absolute Vertrauen in das therapeutische Team. Ich konnte mir sicher sein, dass ich, wenn die Schmerzen stärker werden, eine adäquate Therapie bekomme- selbst wenn das einen Schritt zurück zum Dipi gewesen wäre. Ich habe die Sicherheit gehabt, dass ich von erfahrenen Fachkräften versorgt wurde, die auch Methoden der begleitenden Schmerztherapie kannten.

Ergo. Nicht nur die Tablette, der Perfusor ist wichtig. Es ist auch die Einstellung der Pflegekraft zu dem Problem Schmerzen. Stichwort: Pflegeprozess... gemeinsam ein Ziel ansteuern, Beratung, Anleitung

Elisabeth
 
Dem kann ich nur beipflichten:hicks:
 

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