Psychoterror eines BW in der Pflege

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Arbeitnehmer vor Gewalt duch die Bewohner/Patienten zu schützen das sagt meine Berufsgenossenschaft.
Genau! Fürsorgepflicht:
"2. Schutzpflichten: a) Der Arbeitgeber hat Betrieb, Betriebsmittel und Arbeitsablauf so zu gestalten, dass der Arbeitnehmer vor Gefahren für Leben und Gesundheit, soweit dies nach den Umständen und nach der Art der Leistung möglich ist, geschützt ist (§ 618 I BGB, § 62 I HGB).

Vgl. auch Arbeitsschutz."

Quelle: Definition: Fürsorgepflicht
oder auch
Service - Praxistipps - Archiv - ver.di b+b
 
Wir hatten einen Beatmungspatienten der auch meinte, dass er ein Recht darauf hätte uns als Pflegepersonal schlecht zu behandeln (Gegenstände nach uns zu schmeißen und nach uns zu schlagen).
Die Pflegedienstleitung wurde darüber in Kenntnis gesetzt und wir dokumentierten jedes Vorkommnis mit dem Patienten.
Nach einiger Zeit haben wir eine Teamsitzung bei ihm abgehalten und haben mit ihm gesprochen. Anwesend bei diesem Gespräch mit dem Patienten, waren die Angehörigen (einen davon war seine gesetzliche Betreuerin), wir als Team und ein Pflegedienstleiter.
Danach war der Patient wesentlich umgänglicher (ihm waren wohl die daraus folgenden möglichen Konsequenzen - [dass das Beatmungsteam / Pflegedienst ihm die Versorgung / Betreuung kündigt], für sein unmögliches Handeln bewusst).
 
Wir haben immer wieder heimbeatmete Patienten auf Intensiv, einige haben alle Pflegedienste in der Stadt durch... Eine musste sogar umziehen... Aber bei den meisten heimbeatmeten Patienten waren die angehörigen mindestens genauso anstrengend...
 
Wir haben immer wieder heimbeatmete Patienten auf Intensiv,

Hört sich so nach 1:1 Betreuung eines Beatmungspatienten an. Die stellen natürlich andere Ansprüche an das Intensivstation Pflegepersonal. Das sollte man denen auch direkt erklären, das auf der Intensivstation eine ganz andere Betreuung statt findet (1:5, 1:6, was auch immer gerade anliegt und möglich ist) und wenn Notfälle auftreten sie länger warten müssen.

einige haben alle Pflegedienste in der Stadt durch... Eine musste sogar umziehen...

Zeige mir einen beatmeten Patienten, der psychisch nicht auffällig / verändert ist.
Viele können sich sehr wahrscheinlich nicht damit abfinden, dass sie den Rest ihres Lebens beatmet - und auf fremde Hilfe angewiesen sein werden. Das bedeutet der Verlust der Autonomie / der Selbstbestimmung.

Außerdem haben die 4-5 Personen, 24 Stunden in ihrer Wohnung / in ihrem Haus. Oft sind es 12 Stunden Dienste.
Somit hast der Patient 2 Personen pro Tag zu Hause - maximal 4 Tage, dann kommen die anderen 2 Pflegefachkräfte,
die 5 Person deckt die Krankheits- und Urlaubstage ab.

Aber bei den meisten heimbeatmeten Patienten waren die angehörigen mindestens genauso anstrengend...

Auch die Angehörigen verändern sich oft psychisch, da der Patient beatmet - und auf fremde Hilfe angewiesen ist. Nichts ist mehr so, wie vor der Erkrankung / vor der Beatmung.

(Kleines Beispiel: 2 Schwestern - 70 Jahre alt, wollten nach Schleswig Holstein, ans Meer, in den Urlaub fahren.
Sie warteten auf das Taxi, welches sie zum Bahnhof fahren sollte, damit sie mit dem Zug weiter fahren konnten.
Leider hatte die ältere von den beiden, einen Herzinfarkt erlitten, kurz bevor das Taxi eintraf.

25 Minuten nach dem Herzinfarkt war der RTW mit Notarzt vor Ort und führten die Reanimation durch. Die jüngere Schwester hatte die Reanimation nicht angefangen, weil sie es nicht konnte. Wertvolle Zeit war vergangen.
Endeffekt - die ältere Schwester hatte dadurch einen hypoxischen Gehirnschaden erlitten und ist ins Wachkoma gefallen - sie wurde 24 Stunden beatmet - 1:1 Betreuung durch den ambulanten Pflegedienst.

Die jüngere Schwester hatte enorme Schuldgefühle, weil sie ihrer älteren Schwester nicht hat helfen können; sie ist
sehr anhänglich und distanzlos gewesen. 6 Jahre nach diesem Ereignis ist die ältere Schwester verstorben)
 
Klar müssen die sich an viele Leute gewöhnen, immer wieder neues Pflegekräfte aber was ist die Alternative? Auch onkologische und Intensivpatienten haben genau das gleiche Problem. Natürlich betreten wir deren Wohnung und das auch bei jeden anderen Patienten der einen Pflegedienst hat, aber die Leute bekommen es weil sie es brauchen und wir bieten unsere Dienste an, weil wir es können!
Ich lasse auch immer wieder mal fremde Leute in meine Wohnung, zuletzt der nette Stadtteilbeamte, der mich als Zeugin befragte...und im Flur den Hanff roch, den mein lieber Nachbar so gerne konsumiert...
Ich gehe gleich auch zum Gynäkologen zur Vorsorge und zeige ihm Körperteile, die ich sonst nicht so vielen zeige...Auch ich liefere mich aus, wenn ich ins Krankenhaus oder zum Arzt gehe.
Bei einer 1:1 Betreuung kann ich alle drei Minuten die Arme oder Beine richten, wenn ich 3 Patienten betreue, OP Fahrten habe es ständig an der Tür und das Telefon klingelt dann geht das eben nicht.
Auch Angehörige, die ständig kommen und fragen nerven mich, ich sage denen immer, mein Patient ist der Ansprechpartner und das was der Patient zu mir sagt, denn jede Minute, die ich mit Angehörigen diskutiere die fehlt mir hinterher für die Pflege.
Sicher geht es mir noch gut, ich kann mich noch weitesgehend selbst versorgen, aber für einiges was ich nicht kann muss ich mir Hilfe holen und auch bereit sein, diese zuzulassen und anzunehmen. Ewiges rumdiskutieren kann man in der 1:1 Betreuung, aber nicht, wenn der Betreuer, die Pflegekraft noch andere Aufgaben hat und der nächste Patient wartet und dann kurz abgefertig werden muss.
Trotzdem wollen oft gerade die Heimbeatmeten Patienten gerade zu uns ins Krankenhaus. Leider haben die meisten resistente Keime und deshalb und weil wir immer mindestens 4 Betten gesperrt haben ist das eben nicht möglich.
Unser Gesundheitssystem ist am Limit und wenn hier jeder auf individuelle Betreuung wertlegt, die Kassen nicht alles zahlen dann gibt es bald nur noch Privatkliniken und keine Hausärzte, keine Rettungsdienste und keine Notfallambulanzen mehr
 
@aquarius2
Ich stimme Dir ja in einigen Punkten zu; aber das, worauf pepita-sheep m. M. n. hinauswollte, ist die Tatsache, daß alle Klinikpat. ja auch normalerweise irgendwann wieder nach Hause gehen - das KH ist nicht deren zu Hause, da kann man als Pat. eher mal sagen "Gut, das ist jetzt für mich unangenehm, aber irgendwann komme ich ja auch wieder nach Hause, wo ich tun und lassen kann, was ich will."
Und das halte ich auch für einen der grundlegenden Unterschiede zwischen der Krankenpflege (Klinik) einerseits und der ambulanten Intensivpflege und auch Altenpflege andererseits:
Die Leute WOHNEN da, die liegen nicht nur ein paar Tage/Wochen zur Behandlung stationär. Du bist rund um die Uhr bei denen zu Hause, dadurch haben sie auch eine zumindest deutlich eingeschränkte Privatsphäre. Es muß ein komisches Gefühl sein, rund um die Uhr Fremde - oft genug kommen ja auch für Pat. und Angehörige völlig Fremde, nämlich wenn ein Springer kommt - im eigenen Haus zu haben. Da kann man dann schon verstehen, wenn die Leute sagen, ich komm mit dem und dem gar nicht aus; das kann im Extremfall bis zum Hausverbot gehen (hatten wir erst kürzlich in meiner Versorgung).
Klinik ist für mich was völlig anderes, da kann man von den Pat. schon mal erwarten, sich ein Stück weit unterzuordnen und auch unangenehme Dinge in Kauf zu nehmen - ansonsten würde der Klinikbetrieb zusammenbrechen.
Trotzdem wollen oft gerade die Heimbeatmeten Patienten gerade zu uns ins Krankenhaus.
Also das halte ich für ein Gerücht.
Sämtliche amb. Intensivpflegepat., die ich kenne, wehren sich mit Händen und Füßen gegen Klinikeinweisungen, weil sie genau wissen, meine Pflegekräfte zu Hause kennen mich in- und auswendig und haben den ganzen Tag für mich Zeit. In der Klinik dagegen herrscht Streß und Hektik, weil´s ja auch noch ein paar andere Pat. zu versorgen gilt. 8-)
 
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Also das halte ich für ein Gerücht.

Nö, kein Gerücht, die wollen wirklich zu uns nämlich dann, wenn es zu Hause nicht mehr geht und da wollen sie lieber zu uns als in andere Häuser, weil sie da ihrer Meinung nach noch schlechter versorgt sind. Auch die Pflegedienste sind meist dankbar, dass wir so auf die Leute eingehen. Aber alles hat seine Grenzen, spätestens wenn wir 1:3 arbeiten und jeder Mitarbeiter am Anschlag ist wie jedes Jahr in der Urlaubszeit.
Natürlich weiß ich den Unterschied zwischen Krankenhauspflege und gepflegt werden daheim. Natürlich mag ich nicht jeden Patienten genauso wie nicht jeder Patient mich mag. Aber die Leiute haben eine Pflege, die sie im Heim versorgt oder zu ihnen in die Wohnung kommt. Inzwischen wird es echt schwer, wenn du Leute nach Hause entlässt einen Pflegedienst aufzutreiben, alle sind am Anschlag.
Die Leute die sich heute über die Pflege aufregen, werden morgen vielleicht keine Pflege mehr haben. Deshalb müssen sich diese Menschen leider damit abfinden, jeden Tag von jemand anders versorgt zu werden denn wenn sie sich beschweren dann heißt es vom Pflegedienst:"Wir sind froh überhaupt noch einige 450€ Kräfte zu finden, die die Lücken füllen!" An der Pflege selbst haben die Leute nämlich selbst nicht auszusetzen gehabt.
Ich bin die letzte, die einem Menschen das Recht auf selbstbestimmtes Leben verwehrt, wenn aber pro Tag nur 23/39/45 Minuten an Pflege gezahlt wird, dann liegt das sicher nicht an den Pflegekräften, die auch immer von Mensch zu Mensch hetzen und wenn sie mal 20 Minuten später kommen, weil ein Patient vor dem Bett liegt und sie auf den Rettungsdienst warten musste dann frage ich mich für was sich unsere Berufsgruppe noch alles an den Karren fahren lassen muss, bloß weil wir nah am Menschen sind.
 
Danke Martin H.,

genauso habe ich es gemeint, wie Du es entschlüsselt hast.:-)
 
Ich arbeite in einer Beatmungs - WG. Wir haben auch eine 1:3 Betreuung für die Patienten. Wir haben insgesamt 6 Patienten auf unserer WG. Wir sind immer zu zweit im Dienst.

Der ganz große Unterschied besteht darin, dass unsere Patienten in der Regel stabile Beatmungs- und Vitalwerte haben.
Bei euch auf der Intensivstation habt ihr mit ganz anderen Dinge zu kämpfen (instabile Beatmungs- und Vitalwerte, usw.)

In der Beatmungs - WG haben wir pro Patienten 60 - 90 Minuten Zeit für eine grundpflegerische Versorgung.
Wir können einen Patienten duschen (Im Patientenlifter), ihn wieder ins Bett legen, lagern und nach 2 - 4 Stunden
Erholungszeit in den Rollstuhl transferieren, usw.
 
Bei uns sind diese Patienten eben immer, weil auf einer Normalstation 22-30 Patienten sind und da niemandem auffallen würde, wenn das Gerät seinen Geist aufgibt, oder der Patient abgesaugt werden muss. Ein Patient war bei uns, weil es ständig Probleme mit seinem Gerät gab, aber da es kein Ersatzgerät für ihn gab musste er zu uns. Sonst fährt dieser Mann nämlich auch im Rollstuhl rum und ist sehr aktiv. Viele unserer heimbeatmeten Patienten werden 24/7 von einer Pflegekraft betreut. Bei uns ist die Betreuung idealerweise 1:2 aber leider auch oft 1:3 und wir abreiten nicht nur in der Pflege, sondern haben auch jede Menge "Hobbies" patientenfern...
 
Nö, kein Gerücht, die wollen wirklich zu uns nämlich dann, wenn es zu Hause nicht mehr geht und da wollen sie lieber zu uns als in andere Häuser, weil sie da ihrer Meinung nach noch schlechter versorgt sind.
Denen muß aber schon klar sein, daß der Aufenthalt bei euch bzw. in der Klinik generell begrenzt und somit keine Lösung ist. :gruebel: Ambulante Intensiv hingegen ist auf Dauer.
Ich kann nur von meinen Pat. widergeben, daß sie überhaupt nicht begeistert sind, auch wenn sie nur kurz in der Klinik bleiben müssen. In meiner jetzigen Versorgung z. B., der mußte nur zur Kontrolle Gastro/Colo ins Krankenhaus. Er und seine Angehörigen haben sich mit Händen und Füßen dagegen gewehrt, dort auch nur eine Nacht zur Überwachung drin bleiben zu müssen.
 
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Wenn es um Leben und Tod geht ist das leider nicht verhandelbar... Auch frisch nach OP ist das eben nicht möglich... Wie gesagt, zum Spass nehmen wir keine Patienten auf...
 
Meinem Pat. war zuerst zugesagt worden, er könne nach der Untersuchung direkt wieder heim. Die zuständige Oberärztin bestand dann aber auf einer Nacht im KH zur Überwachung.
Scheint also bei den Ärzten letztlich auch Ansichtssache zu sein.
 
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Manchmal muss man die Leute über Nacht da lassen, weil man es sonst nicht abrechnen kann, aber nach Herzkatheter, Darm OP oder bei Pneumonie da wird sich kein Arzt drauf einlassen. Aber ich kann deinen Patienten schon verstehen, dass er darüber nicht erfreut war, wenn die feste Pflegepersonen haben ist das ja viel viel besser so. Einmal ist eine Pflegekraft sogar über Nacht geblieben...
 
Also der hatte eine Gastro- und Coloskopie und sie hatten einen Polypen im Dickdarm entfernt.
Naja, letztlich hat alles gepasst... :wink1:
 
Er hätte aber auch eine Perforation haben können oder nachbluten. Ist da möglicherweise irgendwas nicht rundgelaufen? Ohne Grund haben die den sicher nicht dabehalten und er muss dann ja auch auf die Intensiv, wenn er beatmet ist...
 
Nein, er ist nicht beatmet, nur tracheotomiert.
Und dass er über Nacht bleiben soll hat die OÄ schon im Vorfeld gesagt.
 

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