Palliative Sedierung

iust

Newbie
Registriert
14.07.2018
Beiträge
5
Meine Oma liegt im Sterben und hat wohl bestenfalls noch ein paar Tage zu leben wenn überhaupt, sie bekommt auch keine Nahrungszufuhr und Flüssigkeitszufuhr mehr. Sie ist an einen Perfusor im Krankenhaus angeschlossen, von dem sie derzeit 2.5 ml Morphium pro Stunde bekommt.
Was mich momentan stört, ist dass sie eine sehr hohe Schnappatmungs frequenz hat, so dass ich mich frage ob sie wirklich ruhig ist. Sie atmet derzeit ungefähr 24 mal pro Minute. Ich fände es besser wenn sie Morphium bekommen würde, weil dann die Wahrscheinlichkeit größer ist dass sie möglichst wenig mitkriegt. Es ist ja da immer die Befürchtung dabei dass eine Atemdepression auftreten könnte, aber wenn sie jetzt schon 24 mal pro Minute atmet scheint mir das nicht so als ob sie da gefährdet wäre. Außerdem wo sich ihr Zustand ständig verschlechtert sollte man denke ich da schon "antizipatorisch" eine höhere Dosis geben. Ich habe irgendwo hier im Forum oder einem anderen auch schon davor gelesen, dass es die Praxis gäbe die Morphingabe an die Atemfrequenz anzupassen, und 8 mal pro Minute ein vertretbares Maß sei.
Gestern hat sie noch 2 ml Morphium gegeben, und die zu der Zeit diensthabende Ärztin ließ sich kaum dazu bringen eine wirklich nennenswerte Dosiserhöhung zu geben, obwohl meine Oma da teils viel gestöhnt hat. Aber das wurde da nicht als ausreichendes Zeichen zur Unruhe gewertet. Zum Vergleich, eine anderer Arzt davor hat eine Dosiserhöhung gegeben als sie gestöhnt hat, weil das ein "Zeichen von Unruhe sei" und "nicht sein müsse". Da weiß man nicht mehr was man denken soll.
Sie liegt im Sterben weil ihre Niere versagt, was die Ärzte vielleicht dazu veranlasst besonders vorsichtig bei der Morphingabe zu sein. Sehe aber nicht wie das groß einen Rolle spielt, weil sie wie gesagt weit von einer Atemdepression weg scheint. Und sterben wird sie wahrscheinlich sowieso sehr bald oder in zwei bis drei Tagen. Wenn gesteigerte Morphinzufuhr dazu führt dass sie einen ruhigeren Tod einen halben Tag früher hat kann man das doch auch nicht wirklich aktive Sterbehilfe nennen. Bei Palliativmedizin nimmt man doch in Kauf dass der Patient ein wenig früher stirbt, sofern da die Schmerzen gelindert werden.

Also ich wollte hier einfach mal fragen, was eure Einschätzung ist, ob man bei so hochfrequenter Atmung nicht eine Dosiserhöhung geben kann, weil so eine Schnappatmung nicht wirklich das ist was man unter einem ruhigen Tod oder ruhigem Einschlafen in den Tod versteht, es eher nach Luftnot aussieht. Darüberhinaus tut sie auch manchmal, wenn auch gerade selten, "aah" Geräusche von sich geben.
Zweitens ob Stöhnen jetzt ein Zeichen von Unruhe ist oder nicht und ob es eine Dosiserhöhung rechtfertigt.
Würde mich sehr auf Antworten freuen, weiß grad nicht weiter

lg,
 
die perfusorlaufrate ist wenig aussagekräftig, es kommt eher auf die dosis an.. jede klinik hat da eigene standards. was hat die oma sonst noch so an medis (opiatpflaster?). deine oma ist im nierenversagen wie du schreibst, sie wird eine renale acidose haben und versuchen dass ganze respiratorisch zu kompensieren, die AF würde ich deshalb nicht überbewerten..
 
Sie kriegt nur Morphin nach Aussage der Schwester, und hat auch kein Opiatpflaster, sondern kriegt das Morphin vom Perfusor über die Vene. Was mit die Dosis angeht, weiß grad nicht was damit konkret gemeint ist, aber auf der Spritze vom Perfusor steht 10mg auf 50 ml NaCl
 
10 mg auf 50 ml?? sicher??
wäre dann in der tat eine wirklich sehr sehr niedrige dosierung.. quasi homöopathisch.

sprich doch deine bedenken vor ort nochmal an, dann kann man direkt auf deine sorgen eingehen..
 
Ich schließe mich Flora an: Zehn Milligramm Morphin auf 50 Milliliter oder nicht doch hundert? Zehn wäre eine sehr geringe Dosis.

Die Symptomkontrolle lässt sich aus der Ferne natürlich nicht beurteilen. Morphin jedoch hilft gegen Schmerzen und Atemnot, bei Unruhe geben wir (auf meiner Palliativstation) in der Regel separate Mittel zum Beruhigen. Mit aktiver Sterbehilfe hat dies, wie Du ganz richtig sagst, nichts zu tun; nimmt man den etwas früheren Tod einer Sterbenden billigend in Kauf, spricht man von indirekter Sterbehilfe.

Andererseits deutet nicht jedes Geräusch auf Unruhe oder Qualen hin. Zeigt Deine Großmutter weitere Zeichen der Unruhe? Liegt sie ruhig im Bett oder kann sie nicht stillliegen? Wirkt ihr Gesicht entspannt oder verzerrt? Ist das "Stöhnen" ein Geräusch beim Ausatmen oder eher ein Klagelaut?
 
Hab den Dienstarzt grad noch nicht gekriegt, aber die Schwester meinte halt dass wenn man ihr mehr geben würde ihre Niere versagen was zum Tod führen könnte. So wie ich das verstanden habe kann ihre Niere das Morphium auch nur noch sehr schlecht aus dem Blut rausfiltrieren, weshalb dann geringere Mengen für höhere Spiegel reichen sollen.

Sie liegt ziemlich still im Bett, allerdings bin ich nicht sicher inwieferns sie noch Kraft hat sich zu bewegen. Sie ist schon seit zwei drei Tagen scheinbar nicht mehr bei Bewusstsein, nicht mehr ansprechbar. Die einzige Bewegung die sie macht ist den Mund zu wenn man ihr ein Schwämmerl zur Mundbefeuchtung einführt, vielleicht reflexartig. Selten tut sie beim atmen abbrechen, den Kopf zur Seite und neu atmen, also zumindest noch vor ein paar Stunden
Wirklich vermehrt gestöhnt hat sie eigentlich nur gestern. Jetzt macht sie eher ziemlich selten aah, eah Geräusche. Müsste ich mal nochmal anschauen wenn sie es mal wieder macht inwieweit das mit dem ausatmen zusammenhängt. Naja grad hat sie dieses eah Geräusch ganz schwach gemacht, ging denk ich mit einer Unterbrechung des gewöhnlichen Atmens einher. Kann schon sein dass es ein misslungener Versuch war auszuatmen.

Angespannt scheint sie nicht, also keine Stirnfalten oder sowas. Seltsam ist vielleicht dass ihr linkes Auge immer ein kleinen Schlitz offen ist

Naja grade noch ein aah ah zweimal hintereinander lauter. Aber naja, schwer zu sagen inwiefern das mit der Atmung zusammenhängt
 
Zuletzt bearbeitet:
So wie ich das verstanden habe kann ihre Niere das Morphium auch nur noch sehr schlecht aus dem Blut rausfiltrieren, weshalb dann geringere Mengen für höhere Spiegel reichen sollen.
Das ist richtig; es ist eine Folge des Nierenversagens.

Aus der Ferne lässt es sich natürlich nicht gut beurteilen, aber so, wie Du den Zustand Deiner Großmutter jetzt beschreibst, würde ich nicht davon ausgehen, dass es ihr unwohl ist. Sie scheint weder Schmerz noch Unruhe zu verspüren, und unter der erhöhten Atemfrequenz leidet sie nicht. Palliative Symptomkontrolle bedeutet nicht, dass der Betroffene komplett narkotisiert wird.

Ich verstehe, dass es nicht leicht ist, einen geliebten Menschen so zu sehen, aber ich gehe nach der obigen Schilderung nicht davon aus, dass sich der augenblickliche Zustand durch Medikamente oder andere Maßnahmen verbessern ließe. Das ersetzt selbstverständlich nicht das Urteil der Kollegen vor Ort.
 
dass hört sich alles ziemlich final an.. versuche für sie da zu sein und noch zeit mit ihr zu verbringen, mach dir nicht zu viele gedanken über das morphin.
 
  • Like
Reaktionen: pepita-sheep
Verstehe, hab bei meinem letzten Beitrag noch was editiert, aber nicht sicher ob es viel zur Sache tut. Vielen Dank für alle Antworten! Schreib vielleicht noch rein wenn ich bei anderen Sachen unsicher bin und noch Meinungen einholen könnte.

Mit ihr Zeit verbringen, da bin ich auch etwas unsicher. Ich könnte Musik reintuen, ihr die Hand halten, irgendwas reden oder vorlesen, aber andererseits will ich sie auch nicht aus irgendeinem Tiefschlaf Zustand oder so herausholen, wo sie vielleicht besser dran ist.
 
Ok nur um das nochmal zu korrigieren, ich hab endlich mit der Ärztin sprechen können, und die meinte es stände nicht zu befürchten dass ihre Nieren versagen wenn man mehr Morphium zugibt, sondern halt einfach die Atemdepression ein Gefahrenpotential birgt, was mir halt auch vorher gesagt wurde.. . Und der Nierenschaden würde die Halbwertszeit von Morphin im Blut auch nicht oben halten, weil es hauptsächlich von der Leber verstoffwechselt wird.
Sie sagte dann halt die Dosis sei einfach so gering wie sie ist weil sie halt reicht ..

Was wäre denn eine normale Menge? Meine Schwester meinte ein hundertfaches oder so
Die Ärztin meinte sowas wie häufiger sei etwas wie 1 zu 2, und in dem Fall wäre es halt 1 zu 5.

Wobei wiederum meine Schwester die sich auch mit Nieren auskennt noch vorher gemeint hat dass sehr wohl die Halbwertszeit bei eingeschränkter Nierenfunktion im Blut hochgeht. Und meine Schwester hat sich auch gewundert dass die Dosis gering sei.

Naja, ich merke schon, ich werde immer schlauer.
 
je nach nierenfunktion kumuliert das morphin, das stimmt schon, da hat deine schwester recht. allerdings hat das bei deiner oma keine relevanz mehr.

ziel ist deine oma abzuschirmen (keine schmerzen, keine atemnot). ob die aktuelle dosis reicht, kann die hier keiner sagen, da hier keiner bei deiner oma vor ort ist. vertrau dem Personal vor ort und mach dich nicht verrückt..
 
  • Like
Reaktionen: pepita-sheep
Was wäre denn eine normale Menge? Meine Schwester meinte ein hundertfaches oder so
Die Ärztin meinte sowas wie häufiger sei etwas wie 1 zu 2, und in dem Fall wäre es halt 1 zu 5.

Bei einer Perfusorlösung von 10mg Morphin auf 50ml und einer Flussrate von 2,5ml/h erhält die Großmutter stündlich 0,5mg Morphin, wahrscheinlich intravenös. Für Opiod-Naive eine gebräuchliche Einstiegsdosis.
 
  • Like
Reaktionen: renje
ich mag bezweifeln dass 0.5 mg pro h auch nur im ansatz irgendeine wirkung entfalten, dass kann man dann auch getrost bleiben lassen.

ich könnte mir eher vorstellen dass die perfusorspritze falsch beschriftet war. nehmen wir z.b. 100mg/50ml als eine durchaus übliche mischung, dann kommen wir der sache schon näher und hätten auch eine entsprechende wirkung.
 
ich mag bezweifeln dass 0.5 mg pro h auch nur im ansatz irgendeine wirkung entfalten, dass kann man dann auch getrost bleiben lassen.
Wir reden ja nicht unbedingt von Anästhesie, sondern von der Symptomkontrolle der terminalen Atemnot. Da fangen wir mit 0,5 bis 1mg/h subcutan an und steigern je nach Bedarf.
 
  • Like
Reaktionen: renje
Hätte die Frage nach dem Sinn bis letzte Woche auch stark angezweifelt.
Aus dem einfachen Grund: Bis dahin kannte ich auch nur die "übliche" Befüllung.
Tatsächlich hatten aber bereits mehrere Patienten diese reduzierte Befüllung - alle - jedoch erst kurz davor.
Die ärztliche Verordnung (EDV-Kurve) war auch korrekt, inkl. des Austrags des verworfenen Restes im BTM-Buch.
Mit 0,8mg/h intravenös kam mein Patient gut zurecht. Für ihn war das die richtige Dosis, ohne Boligaben.
Nach dem Motto - nicht mehr als nötig - war das korrekt.
Da ich nicht von 1 auf alle schließe, gehe ich auch nicht davon aus - dass ab jetzt diese Dosis für alle passt.
 
  • Like
Reaktionen: renje und -Claudia-
aus meiner sicht, erfahrung und fachlichen expertise (incl. weiterbildung zur algesiologischen fachassistenz) eine homöopathische dosis.
 
Da könnte ich mit 20 Jahren Palliativerfahrung (ebenfalls inklusive Fachweiterbildung) dagegenhalten, wenn ich es nicht als zu albern empfinden würde. Daher verweise ich auf entsprechende Fachbücher im Bereich Palliative Care oder schlicht auf eine Opioid-Umrechnungstabelle.

Ich denke, wir alle sind uns darin einig, dass die Dosis der medikamentösen Therapie symptomangepasst erfolgen sollte. Jeder Patient soll erhalten, was er benötigt.
 
Zuletzt bearbeitet:

Ähnliche Themen