Neue Kompetenzen für Pflegekräfte

Touhy

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Hallo,

erst mal: Ich weiß nicht, ob ich hier richtig bin und ob es ok ist, den Thread zu erstellen...

Ich bin ja nun schon einige Jahre komplett aus der Pflege raus (in 3 Monaten habe ich meine ersten IHK Abschlussprüfungen in einem Büroberuf hinter mir :hicks:), beobachte aber nach wie vor das Geschehen im Gesundheitswesen.

Pflegekräfte bekommen ja bald "offiziell" mehr Kompetenzen. Die Pflegeverbände finden es toll, die Ärzte doof.
Heute fand ich im Newsletter meiner örtlichen Tageszeitung diesen Beitrag:

Mehr Kompetenzen für Pfleger - Kölner Stadtanzeiger

Unabhängig davon, ob der Ksta hier alles so wiedergegeben hat, wie es tatsächlich vielleicht ist - weitere Quellen habe ich nicht bemüht - musste ich über den Bericht erst mal herzhaft lachen...

Inhalte der Regelungen:
* Pflegekräfte dürfen bei Diabetikern Blut abnehmen
* sie dürfen die Funktionsfähigkeit des Blutzuckermessgerätes überprüfen
* sie dürfen den Wundzustand (chronischer) Wunden begutachten, über Behandlungsmethoden entscheiden, zum Vertragsarzt überweisen und Hilfsmittel verordnen
* sie dürfen über notwendige chirurgische Eingriffe beraten
* sie dürfen die Medikation dokumentieren, Nebenwirkungen erfassen und Ernährungsberatung durchführen
* bei Demenzpatienten dürfen sie alters- u. krankheitsbedingte Symptome erfassen, die Feststellung der Pflegebedürftigkeit veranlassen, sowie Entscheidungen bezüglich Hilfsmitteln und häuslicher Pflege treffen
* sie dürfen bei Hypertonikern Risikowerte überwachen und Angehörige beraten und anleiten
* ...

Um aber zu überprüfen, inwieweit das ganze auch umsetzbar ist, wird es dazu Modellversuche geben.

Hmmmm.. wer hat Lust zu raten, was davon mich zum Lachen gebracht hat :freakjoint:

Nein eigentlich ist es nicht zum Lachen.

Einige Sachen finde ich gut, dann ziehen sich sicherlich viele Entscheidungen nicht so lange (Pflegestufe beantragen, Verordnung häusliche Pflege u. Hilfsmittel, Überweisung zum Facharzt) - aber der Rest... *hust*
Ich hab in meinem Berufsleben keinen Arzt kennengelernt, der überhaupt wusste, wo sich das BZ Messgerät befindet, geschweige denn, wie man es kalibriert.

Nun ja, in diesem Sinne:
Ich werde mich in Zukunft dann um die Gehaltsabrechnungen derer, die neue Kompetenzen bekommen und derer, die sich ihrer Kompetenzen beraubt fühlen, kümmern...

Wünsche Euch trotzdem allen eine gute Zeit im Beruf :flowerpower:
 
Herzlichen Glückwunsch zu deinem Abschluss.

Ich wünsche dir, dass dein Beruf ein eindeutiges Berufsfeld hat, dass dich ausfüllt und net ein Beruf ist, wo du alles können sollst- aber alles nur ein bisschen. Klare Grenzen garantieren dir sicher auch die Anerkennung und Wertschätzung, die so mancher im uferlosen Pflegeberuf vermisst.

Alles Gute auf dem weiteren Weg

Btw.- die Kompetenzen müssen nachgewiesen werden. Und wenn ich das jetzt richtig verstanden habe, dann erfolgte dies net per Grundausbildung. Was auch nachvollziehbar erscheint wenn ich mir überlege, wie lange eine Ausbildung zum Wundmanager oder Diabetesberater dauert.

Aber selbst diese Abschlüsse bedürfen erst der entsprechenden Anerkennung ... und die Kompetenzen müssen regelmäßig aktualisiert und nachgewiesen werden. Dafür gibt es bisher nich keine Instanz. Die Ärztekammern bewerben sich wohl darum. Das dürfte mit dem Heilberufsgesetz zusammen hängen. Dieses ist zwar länderspezifisch, enthält aber immer den gleichen Tenor- Heilen nur mit Kammerzugehörigkeit.

Elisabeth
 
Herzlichen Glückwunsch zu deinem Abschluss.

Ich wünsche dir, dass dein Beruf ein eindeutiges Berufsfeld hat, dass dich ausfüllt und net ein Beruf ist, wo du alles können sollst- aber alles nur ein bisschen. Klare Grenzen garantieren dir sicher auch die Anerkennung und Wertschätzung, die so mancher im uferlosen Pflegeberuf vermisst.

Hallo Elisabeth,

danke für deine Wünsche.
Ich bin zwar noch nicht ganz fertig, kann aber jetzt schon sagen, dass es im Büro Kompetenzgerangel "nur" insofern gibt, dass da ggf. die Hierarchien nicht klar sind oder die Kommunikation bezüglich Arbeitsaufteilung nicht so läuft. Ansonsten habe ich bisher die Erfahrung gemacht, dass jeder seinen konkreten Arbeitsbereich hat und da keiner wirklich reinpfuscht. Aber es gibt hier auch nicht so ein Miteinander (bzw. teilweise Gegeneinander) unterschiedlichster Berufsgruppen, deren Fähigkeiten sich teilweise sehr überschneiden. Ich bin für meinen Stapel Akten auf dem Schreibtisch verantwortlich, mein Kollege für seinen Stapel. Und die Stapel kommen von jemandem, der uns zuarbeitet. Wenn ein Computer nicht mehr funktioniert kommt ein Netzwerktechniker, wenn die Blumen Wasser brauchen der Hausmeister, und für die Mülleimer die Putzfrau...
Nun ja, das mal die grobe Arbeitsaufteilung.

Allerdings, das muss ich zugeben, ich werde nie wieder so viel Abwechslung haben wie in der Pflege. Meine Praktika waren teilweise schon ein wenig einseitig. Das vermisse ich auch so ein bisschen. Das Krankenhaus an sich aber überhaupt nicht.

Im Vergleich mit dem Anspruch der Pflegeausbildung ist meine jetzige Ausbildung übrigens... ähm... Grundschulniveau. Will man es vergleichen: Pflegeausbildung ist Abitur ;-) Ich werde meine Ausbildung vermutlich zwischen 1,0 und 1,3 abschließen (Pflege: 1,67). Einer Kollegin von mir, die ebenfalls eine Krankenpflegeausbildung hat, ist dieser Niveauunterschied auch aufgefallen. Wir hatten uns mal drüber unterhalten.

Bei uns in der Umschulung gibt es viele ehemalige Pflegekräfte. Und von keiner habe ich gehört, dass sie unglücklich über das Ausscheiden aus dem Beruf ist.
 
Neu ist gut...

Die Heilkundeübetragungsrichtlinie ist ja nun schon ein paar Donnerstage alt, aber die Pflege nutzt sie nicht.
Kompetenzgerangel führt zu nichts (ich bin Arzt, ich mach das selber auf der einen Seite und das soll er mal schön alleine machen, bekommt ja auch mehr Geld auf der anderen) damit ist dem Patienten nicht geholfen und dem Berufsstand ist es auch nicht förderlich.
Es gibt wenige Modellprojekte besonders in ländlichen Bereichen.

Schön wäre ein gemeinsames Arbeiten und offiziellem Übertragen von Tätigkeiten, die wir sowieso schon machen (Blutennahme.., Anleitung von Patienten und Angehörigen) oder die wir tatsächlich besser einschätzen können, weil wir näher dran sind (Verordnung von Hilfsmitteln)

Also: wir reden hier über nix Neues, nur ist es nicht bekannt genug und wird nicht gelebt!!
 
Die Richtlinie wurde erst vor wenigen Tagen durch das BGM genehmigt: Deutsches Ärzteblatt: Richtlinie zur bertragung rztlicher Ttigkeiten kann in Kraft treten

... Das die erforderliche Qualifikation erreicht wurde, ist im Anschluss an die Ausbildung in einer staatlichen Prüfung nachzuweisen. ...
http://www.g-ba.de/downloads/40-268-1881/2011-10-20_RL_§-63_Abs-3c_Erstfassung_BMG.pdf
Wie soll das funktionieren bei einer generalistischen Grundausbildung? Oder wird die Ausbildung jetzt so abgeändert, dass man, statt etwas über die Bedeutung des Waschwasserwechsels zu erlernen, die kompletten Inhalte der Diabetsberater- und Wundmanagerausbildung vermittelt? Oder? Oder?

Die Ärzte haben Kompetenznachweise eingefordert- zu recht. Nur wer soll die erheben? Und wer ist für den Erhalt der Kompetenz zuständig?

Blutzuckermessen kann jeder nach (Dressur-)Anleitung. Aber eigenständig bearten- das ist nochmal eine andere Hausnummer.

@Nordlicht- ist eine frischexamnierte Fachkraft in der Lage adäquat zum Thema Hilfsmittel zu beraten? Oder gab es da net eine entsprechende Fortbildung? Ist die zentral geregelt?

Elisabeth
 
Hi Elisabeth,
ich gehe da von der Zusatzqualifikation Pflegeberater/innen nach §45 SGB XI aus.
Außer der Praxis/Erfahrung sind auch Kernkompetenzen Voraussetzung wie aktives Zuhören etc.

Was die Frischlinge angeht bin ich zurückhaltender geworden. Ich habe durchaus sehr kompetente und umsichtige Neulinge erlebt und leider auch dumpfbackige "Alte". Nur weil jemand neu ist, heißt es nicht, dass sie nicht beraten könnte.
 
Die Grundausbildung bringt net die norwendige Kompetenz. Das lässt sich auch net der Fähigkeit des aktiven Zuhörens wett machen.

Du bist Wundmanager, wenn ich mich recht erinnere. Bist du der Meinung, dass deine Kompetenzen eigntlich schon in der Grundausbildung vermittelt wurden und ein Youngster eine Qualifikation hat?

Elisabeth
 
Ach Gott, Elisabeth, meine Ausbildung ist ja schon gefühlte hundert Jahre her und die Ausbildung heute hat sich schon etwas verändert. Ich habe den Wundexperten gemacht, bin stellv. PDL und bin Pflegeberater. Sicherlich hatte ich das nicht alles nach meinem Examen schon mit im Körbchen und ist alles nach und nach gewachsen. es steht aber, soweit ich es verfolgt habe, auch nirgends, wer das Examen bestanden hat, setzt die RL um, sondern
"übertragen werden können, sofern sie nach § 4 Abs. 7 des jeweiligen Berufszulassungsgesetzes (Krankenpflegegesetz oder Altenpflegegesetz) qualifiziert sind."

Ich wollte es gar nicht dogmatisch sehen, also, wer ausgebildet ist, kann beraten. Ich bin nur gerne manchmal überrascht, wie unsere Schülerinnen Pat. und Situationen einschätzen können, auch ohne 20 Jahe Erfahrung.

http://www.g-ba.de/downloads/39-261-1401/2011-10-20_RL_§-63_Abs-3c_Erstfassung.pdf

Da stehen die Voraussetzungen/Qualifikationen/Handlungsmöglichkeiten und ich sehe enorm viel, was wir tatsächlich schon machen, lt. MDK auch machen müssen.
Nehmen wir mal den Punkt Schmerztherapie (obiges download S.36.) Das machen wir und das fordert der MDK von uns auch ganz kritisch ab. Umsonst, versteht sich!
Die Kassen haben bisher von uns das Rundumsorglospaket erwartet, konnten aber auch nicht benennen, wie wir das in geplanten 3 Minuten für €9,21 umsetzen sollten, bei vorliegender Verordnung der Medigabe in Schleswig-Holstein. Bei Pflegepatienten mit Schmerzen ohne Verordnung der Medigabe, da die Angehörigen die Tbl. geben, müssen wir umsonst leisten, beraten, planen. Die Abrechnung der Pflegeplanung hat sich zum 01.01.2012 etwas verbessert, aber die Pflegekassen rufen tatsächlich an, nach dem Motto, wieso haben sie denn da eine neue Planung abgerechnet und ich mußte tatsächlich einer Schreibtischtäterin der Kasse erklären, dass sich der Zustand der Pat. gravierend verändert hat..... ohne Worte....
Wenn wir nun über diese Richtlinie das, was wir machen (müssen) auch noch vergütet bekommen, ist es nur gerecht. Und die Richtlinie sieht vor, dass wir mit dem Arzt umgehend Kontakt aufnehemen bei Auffälligkeiten - das passiert jetzt auch.
Siehe auch die anderen delegierbaren Tätigkeiten wie Tarcheostoma, DK etc. das ist doch nichts Neues.
Spannend wird es z.B. bei Infusionstherapie: ambulant nicht abrechenbar!! aber unter Delegation des Arztes haben wir so schon mehrfach die Einweisung ins KH vermeiden können. Jetzt könnten wir es offiziell und gegen Geld.
Überleitung und Entlassung: welcher Arzt macht das denn bitteschön im KH? Dafür gibt es doch das Entlassungsmanagement, das von PFK geführt wird.

Die Versorgung mit Hilfsmitteln ist für mich das einzige, was jetzt endlich in die Hände derjenigen kommt, die auch damit arbeiten müssen. Und manch ein Hausarzt hat es leider immer noch nicht kapiert, dass eine Toilettensitzerhöhung mit Armlehnen einen bestimmten Zweck erfüllt, da er das Bad des Pat. noch nie gesehen hat, die Schwester vor Ort aber täglich damit zu tun hat oder das ein Badewannelifter etwas anderes ist als ein Duschdrehsitz. Was geht da manchmal für Zeit ins Land, bis das geeignete Hilfsmittel vor Ort ist.
 
Vielleicht liegt meine Ansicht darin begründet, dass ich diese Richtlinie als Schritt in Richtung Aufwertung der verschiedenen Zusatzausbildungen sehe. Mich erschreckt ein bisschen, dass du dein Fachwissen so wenig wert schätzt.

Zur Infusionstherapie. Ich möchte behaupten, dass auch in vielen aktuellen Ausbildungsplänen die Anlage einer Flexüle net verankert ist. In meinem Haus wäre es schwierig, die notwendige Sicherheit bei der Anlage einer Flexüle zu bekommen. Es gibt sehr viele Bereiche, wo dies net delegiert wird. Wenn ich bei der BE eine Arterie treffe ist das zwar net schön- aber es dürfte weniger Folgen haben, als wenn ich da bestimmte Infusionen einlaufen lasse.

Zu deinem Fachgebiet: Zu einer Therapie gehört in meinen Augen eine Diagnostik. Du sollst entscheiden, wie das Ulcus cruris versorgt werden soll- S.15. Um dies leisten zu können, reicht es net sich mal mit Wunden beschäftigt zu haben. Wenn ich mich recht erinnere, dann gab es da eine Ausbildung mit einem sehr hohen Niveau- einem sehr hohen Anteil an Hintergrundswissen. Was nutzt ein Praktikum, bei dem ich bestimmte Techniken sehe, wenn ich hinterher net weiß, wann ich die anwenden soll/kann.

Mir ist schon klar, dass ich vieles aus der klinischen Sicht sehe- nur die Ausbildung erfolgt nach wie vor fast ausschließlich im klinischen Bereich.

Frage an dei Azubis: wer lehrt Wundmanagement- eine Wundtherapeutin? Wer unterrichtet das Thema Diabetes Mellitus? Eine Diabetesberaterin? Wer vermittelt Inhalte der Schmerztherapie? Eine Pain nurse? Woher bekommt der Azubi Kenntnisse zum Ablauf der Hilfsmittelverordnung? Von einer entsprechend ausgebildeten Fachperson? usw.

Wir reden ja von PFLEGEfachkompetenz. Wie kann die ein Arzt vermitteln? Und ist es möglich, dass das Pflegepädagogikstudium alle Fachpflegeinhalte enthält- man sozusagen mit dem Abschluss alle Fachweiterbildungsabschlüsse erhält? Und vor allem- wie halten sich diese Pädagogen auf dem laufenden?

Letzte Frage: wieviel Stunden sind in der Ausbildung vorgesehen für Wunde, D.m., Schmerztherapie? usw. Und damit wir vergleichen können, würde mich die Ausbildungszeit der entsprechenden Fachrichtungen interessieren.

Elisabeth
 
Mich erschreckt ein bisschen, dass du dein Fachwissen so wenig wert schätzt.
Hab ich das so geschrieben? wenn es so rüber kam, ist meine Sendung falsch gewesen.

zu deinem 3. Absatz:
Die selbständige Ausübung von Heilkunde durch Berufsangehörige nach § 1 Abs. 1 setzt eine ärztliche Diagnose und Indikationsstellung voraus. An diese sind die Berufsangehörigen nach § 1 Abs. 1 gebunden. (§3 der RL), d.h. die Pflegefachkraft diagnostiziert nicht, sondern weiterhin der Mediziner.

Den Absatz mit dem Hintergrundwissen und dem Praktikum habe ich nicht recht verstanden. Die Inhalte z.B. des Fachexperten chronische Wunde oder des Pflegetherapeuten chronische Wunde sind im Netz einsehbar und haben wenig mit "was kommt wann wo drauf" zu tun, sondern vermitteln reichlich Theorie. Dazu kommen jährliche Rezertifizierungskurse (was mich persönlich als Fortbildungsjunkie nicht stört, ich finde Fortbildungen, auch in anderen Bereichen einfach klasse).

Zur Krankenpflegeschule (da ich sehr direkten Kontakt zu Schülerinnen habe): es unterrichten häufig noch immer die, die nicht mehr auf Station arbeiten (wollen oder können), Praxisanleiter auf Station fachlich z.T. katastrophal. Einen externen Wundtherapeuten will die Schule auch stundenweise nicht bezahlen, von den internen weiß die Schule nur nebulös... und so wird es mit den anderen Kollegen anderer Fachrichtungen auch aussehen.

Bin auch mal gespannt auf die Beiträge der Schüler/innen oder gibt es hier auch Leute aus den Krankenpflegeschulen?
 

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