Nachwirkungen trotz Jobwechsel

Feli

Poweruser
Registriert
18.08.2009
Beiträge
465
Beruf
Gesundheits- und Krankenpflegerin
Akt. Einsatzbereich
interdisziplinäre Intensivstation
Hallo Leute,

um erzählen zu können, was mich bedrückt, muss ich ein bisschen weiter ausholen:
Ich komme eigentlich aus Niedersachsen, hab meine Ausbildung zur GuK (2005 bis 08 )aber in Hessen gemacht, einfach weil es dort mehr Ausbildungsplätze gab.
Nach der Ausbildung bin ich übernommen worden und (fast) wunschgemäß im IMC mit angegliederter Stroke Unit eingesetzt worden.
Ich wollte aber unbedingt zurück in meine Heimat (ca. 300 km entfert), da dort meine ganze Familie wohnt. Außerdem wollte ich dort mit meinem Freund zusammen ziehen.

Hab dann schon Anfang 2009 einen Job auf einer internistischen Intensivstation gefunden, und hätte vor Freude Luftsprünge machen können! Ich wusste seit meinem Intenisv / IMC- Einsatz, dass ich unbedingt auf Intensiv will. Der Job hatte zwar einen längeren Anfahrtsweg (72 km), aber das hab ich gern in Kauf genommen.

Ich war ja total motiviert, wollte ganz viel lernen, war bereit, dafür ohne Ende Einsatz zu bringen. Mir wurde sooooooooo viel versprochen vom neuen AG: 6 Monate Einarbeitungszeit, ein festes Einarbeitungskonzept, höchstens 2 - 3 verschiedene Mentoren...
Ich hab das natürlich geglaubt! :knockin:

Gelandet bin ich dann auf einer Station mit 13 Beatmungsbetten, Patienten mit Hämofiltration, PICCO, IABP und alles mögliche andere, was ein Gerätelager so hergeben kann. Schichtbesetztung
Früh: 3 KP plus Arzthelferin für den Bürokram
Spät: 3 KP, Arzthelferin noch bis 18 Uhr
Nacht: 3 KP

Und nein, das sind keine Tipfehler! Einarbeitung gab es genau 1 Woche lang. Ich hatte neue Kollegen da, die stolz darauf waren, nach 2 Wochen Einarbeitung (übrigens auch frisch examiniert!!) schon 4 eigene Beatmungspatienten versorgen zu "können".

Ich fand das absolut verantwortungslos und wollte das nicht mitmachen! Hab mich beschwert bei der Bereichsleitung. Meine sogenannte Einarbeitung wurde verlängert auf 4 Wochen. Danach wurde mir dann zu verstehen gegeben, dass ich ja jetzt "fit" sein müsste bei der "langen" Einarbeitung. Meine Einwände wurden abgetan mit: "Wir sind hier die Elite, wenn Du dazu gehören willst, musst Du dadurch." Ich kam mir vor wie in einer schlechten TV Sereie oder wie in versteckte Kamera.

Meine Kollegen waren aber offensichtlich nicht geneigt, sich gegen ihre Situation zu wehren. Es hieß: "So ist es doch überall, das nützt nichts, sich dagegen zu wehren." Und manche waren wohl auch noch stolz darauf, so einen Tag trotzdem zu "bewältigen".

Ich möchte nicht wissen, wieviele Pat. dort zu Schaden oder zu Tode gekommen sind und noch kommen, ohne dass jemals jemand davon erfährt. Da wird mir schlecht dabei!

Da ich diese Situation unglaublich fand und ja schon offen mit der BL gesprochen hatte, dass man ja hier die Sicherheit der Pat. gar nicht mehr gewährleisten konnte, wurde ich der Buhmann auf Station. (oder einer der Außenseiter, es gab mehr davon)

Mit mir wurde kaum noch besprochen, und wenn, dann wurde es meistens laut oder herablassend. Gespräche sind verstummt,wenn ich einen Raum betreten habe. Perfusoren an meinen Patienten wurden verstellt (Hydrocortison, Insulin...) - da wurde ich aber von einer anderen Kollegin, die das Verhalten der anderen furchtbar fand, gewarnt- und Beatmungsparameter wurden verstellt. (Ja, ihr lest richtig!)

Um es abzukürzen: ich hab mich krank schreiben lassen und mir einen neuen Job gesucht, mit dem ich mindestens so viel Glück hatte, wie ich mit dem anderen Pech hatte. Ein super Team, Einarbeitung war klasse, ich fühl mich da echt wohl!

Nun zu den Nachwirkungen: Obwohl ich nur 4 Monate da war und jetzt schon 10 Monate in meinem neuen Job bin, muss ich immer noch regelmäßig an diese schlimme Zeit denken. Manchmal hab ich richtige Misstrauensattacken meinen neuen Kollegen gegenüber (die ich schön verberge!!!), völlig zu Unrecht. Mein berufliches Selbstvertrauen ist noch ziemlich angeknackst, und ich hab mächtig lange gebraucht, um zu lernen, dass mich niemand anschreit, wenn ich z.B. mal 5 min länger zum Tabletten stellen brauche.

Hat jemand schon mal so etwas ähnliches erlebt und mag sich mit mir austauschen? Ich frag mich, wie lange an so etwas zu knabbern hat, bis man es endlich unter schlechte Erfahrungen verbuchen kann...
 
In der Traumatherapie spricht man von Flashbacks- das Wiedererleben von Gefühlzuständen. Das kann sehr quälend sein.

Wenn dein Vertrauen nach wie vor so angeknackst ist, dass diese Rückerinnerungen ausreichen um dein Selbstbewusstsein anzugreifen, solltest du dir nach so einer langen Zeit vielleicht doch professionelle Hilfe suchen.

Hilfe zu suchen und anzunehmen ist nichts verwerfliches. Es zeugt eher von Mut sich mit seinen Problemen auseinander zusetzen statt.

Wende dich mit deinem Problem an deinen Hausarzt und lass dich dort beraten.

Elisabeth
 

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