Ich bin selbst Praxisanleiterin, leite Schüler an und weise sie auf Stärken und Verbesserungspotential hin. Dabei hole ich auch die Meinung von Kolleginnen aus dem Team ein, um ein umfassenderes Bild von den Leistungen des Schülers zu bekommen. Ich gebe Noten sowohl im Abschlussgespräch als auch im praktischen Examen, und ich kann jede von ihnen sachlich und mit anschaulichen Beispielen begründen.
Wenn ich der Ansicht bin, dass ein bestimmtes Verhalten sich negativ auf das Überstehen der Probezeit oder, zu einem späteren Zeitpunkt, auf das praktische Examen auswirken könnte, dann halte ich es für meine Aufgabe, dies dem Schüler klarzumachen. Habe ich auch im Laufe der letzten 15 Jahre im Beruf schon getan. Auch da konnte ich mein Urteil begründen.
Ich gebe im Abschlussgespräch Lernempfehlungen, die stichwortartig für alle weiteren Stationen zu lesen sind, bei denen der Schüler praktische Einsätze hat. Dies dient nicht zur Verbreitung von Vorurteilen, sondern soll meinen Kolleginnen helfen, dort weiter zu machen, wo ich aufhören musste, weil der Einsatz beendet war.
Ich will nicht behaupten, unfehlbar zu sein. Auch mir unterlaufen Wahrnehmungsfehler. Es ist sicher schon vorgekommen, dass der nächste Kollege einen ganz anderen Eindruck von einem Schüler bekam. Und es muss nicht unbedingt daran gelegen haben, dass der Schüler sich verbesserte, mehr Interesse am neuen Fach hatte oder mit dem dortigen Arbeitsablauf besser zurecht kam.
Ich ziehe mich jedoch aus einer Diskussion zurück, in der die Meinung vertreten wird, Schüler sollten sich ihre Noten selbst geben, Kritik sei stets unberechtigt und Lehrer würden allen Ernstes die Praxisanleiter unbesehen dazu auffordern, ihre Noten nach oben zu korrigieren. Für einen solchen Unsinn ist mir die Zeit zu schade.