holistische Pflege/ Suchtverhalten

Ich hab auch schon im familiären Setting entzündete Augen mit Kamillentee aus isotonischer Kochsalzlösung behandelt, und sehr viel schlechter als ärztlich zu verordnende antibiotische Augentropfen war's auch nicht.
Wahrscheinlich wirst du schon bald im Unterricht hören, dass Kamillentee im Auge nichts zu suchen hat. ;) Ja, ich bin von Kindesbeinen an Hobbykräuterhexe, und hab solchen Schmarrn auch schon gemacht, aber etwas fachkundiges Wissen nach aktuellem Stand der Wissenschaft ergänzt das Ganze dann doch recht wertvoll.
 
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Von Heilpraktikern halte ich gar nichts.
das kann ich durchaus nachvollziehen. mir sind da Leute begegnet, mit denen ich nicht einmal gern im selben Raum bin, geschweige denn, dass ich mich von denen behandeln lassen würde.
ich würde das Thema aber auch getrennt betrachten von den Behandlungsmethoden, die ja explizit nicht Bestandteil der Heilpraktiker-Prüfung sind, und oft auch nicht der Ausbildung. Zudem gibt es ja auch sektorale HP-Prüfungen, zB für Physiotherapeuten und Psychotherapeuten.
Ich denke man kann von einem Hausarzt nicht unbedingt erwarten, dass er dasselbe Verständnis von Biomechanik hat, wie ein Physiotherapeut. Und leider hapert es da manchmal auch bei Orthopäden. zB ist die Fachweiterbildung Manualtherapie nicht zwingend Bestandteil der fachärztlichen Ausbildung, eignet sich aber bestens zur Behandlung diverser Beschwerden an der Wirbelsäule.
In diese Richtung denke ich das, und da ich im Rahmen meiner Yogalehrer-Ausbildung auch Yoga für Senioren als Thema hatte, liebäugle ich schon mit der Möglichkeit die Fortbildung Yogatherapie zu machen, einschliesslich der HP-Prüfung. Für die stationäre Langzeitpflege wäre das ein echter Gewinn denke ich, und auch wenn's mich pflegerisch erst mal ganz woanders hinzieht... die Option hätte ich, später trotzdem noch zu wechseln.
und ich finde das toll, dass Pflege für die Pflegenden so ein großes und breites Feld an Weiterbildung bietet langweilig wird's mir da nicht werden.
 
Definition zurück, die Komplementärmedizin als nicht wissenschaftlich belegbar der wissenschaftlich-evidenzbasierten Medizin beiordnet,
Komplementärmedizin wäre wissenschaftlich belegbar (oder widerlegbar), wenn sie sich dieser Auseinandersetzung stellen würde. Es gibt keine wissenschaftlichen Belege, weil es keine Studien gibt und ein großes Interesse daran, dies auch so zu belassen - weil wissenschaftlich nicht belegbar besser klingt als "wissenschaftlich überprüft und als unwirksam befunden".

Heilpraktik hat mit Pflege per se nichts zu tun. Die Anwendung naturheilkundlicher Mittel ist was anderes. Salbeitee zum Gurgeln bei Halsschmerzen (oder in der Onkologie bei Mucositis), Fencheltee gegen Blähungen, Wadenwickel und Waschungen mit Pfefferminze zur Fiebersenkung sind in meinen Augen pflegerische Maßnahmen und werden auch vielerorts praktiziert. Ebenso gibt es zig Medikamente mit pflanzlichen Wirkstoffen darin.

Alternativmedizin kann - unbedacht angewandt - sehr wohl Schaden anrichten, ganz besonders, wenn sie alternativ zur Medizin angewandt wird. In Deinem Beispiel haben Antibiotika sehr wohl ihre Berechtigung in der Medizin. Kamille wirkt entzündungshemmend, aber nicht antibakteriell.

Was, wenn ein Patient durch eine - nicht verordnete, nicht gesetzlich geregelte und nicht in deiner Stellenbeschreibung verankerte - "Behandlung" einen Schaden erleidet und dich verklagt? Wie weist Du nach, dass Du ihn vollumfänglich aufgeklärt hast? Welche Qualifikation gestattet Dir die Anwendung der Behandlung?

Ich kenne Pflegefachpersonen, die im Nebenberuf Heilpraktik praktizieren, aber auf eine strikte Trennung ihrer beiden Berufsfelder achten. Die Arbeitgeber legen auch großen Wert darauf.
 
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@-Claudia-
Das stimmt so nicht ganz; zumindest zur Homöopathie gibt es Studien, die aber nicht mehr als einen Placebo-Effekt belegen.
 
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@-Claudia-
Das stimmt so nicht ganz; zumindest zur Homöopathie gibt es Studien, die aber nicht mehr als einen Placebo-Effekt belegen.
Misteltherapie wurde ebenfalls untersucht. Einige Studien gaben Hinweise auf eine verbesserte Lebensqualität; die Krankheit an sich wurde nicht verzögert, die Lebensspanne verlängert sich nicht. Misteltherapie gegen Krebs

"Wissenschaftlich nicht belegbar" ist hier also ein Euphemismus für "wir lehnen wissenschaftliche Erkenntnisse ab".
 
Ich kenne Leute die nebenbei auch als Heilpraktiker in der Klinik gearbeitet haben obwohl sie eigentlich in der Pflege tätig waren. Das kommt vermutlich darauf an wie man ausgebildet ist und ob der AG einen Vorteil dadurch hat, ob Zeit dafür da ist etc.

Zur Homöopathie, das ist eine Methode die auch von vielen Ärzten angeboten wird. Nur am Rande bemerkt.
Wer sich dafür in Zusammenhang mit der Intensivmedizin interessiert, gibt ein interessantes Buch darüber.
Für Laien könnte das aber auch total langweilig sein.
 
Natürlich auf selbstzahlerbasis.
Nicht unbedingt. Kürzlich wurde mir wieder erstaunt berichtet es hätte Globuli nach einer chirurgischen OP gegeben.
Sonst in fast allen Fällen natürlich auf Selbstzahlerbasis.
Keiner kann erwarten, dass sich ein Arzt ca. 2 Stunden umsonst betätigt nur bei der Erstanamnese und Mittelfindung.
Man kann höchstens eine Versicherung abschließen die das abdeckt.
 
um ein wenig zu meinem Ausgangsthema zurück zu kommen:

ich habe mich heute mit einem Suchttherapeuten unterhalten.

Alkoholmissbrauch/ Alkoholismus ist eine der häufigsten psychiatrischen Diagnosen, und geht meistens mit anderen psychischen Erkrankungen einher.
Abgesehen von einer Vielzahl sozialer Folgen, die nicht nur den/ die Erkrankte/n betreffen, führt Alkoholmissbrauch zu einer Vielzahl somatischer Probleme von denen Leberzirrhose und das Korsakov-Wernicke-Syndrom nur zwei darstellen.

Alkohol schädigt das Kardiovaskuläre System und beeinträchtigt durch die Überbeanspruchung der Leber sehr viele metabolische Funktionen, unter anderem auch die des Immunsystems. Chronischer Alkoholmissbrauch wirkt also immunsuppressiv. Darüber hinaus werden Leber und Milz geschädigt.

Im Bereich Chirurgie und Anästhesie spielt das noch mal eine besondere Rolle, da das Alkoholadaptierte und geschädigte Nervensystem andere Berechnungen der Anästhetika erfordert, aber auch bei therapeutischer Medikation muss das mit bedacht werden, da Medikamente zahlreiche Wechsel- und Nebenwirkungen mit Alkohol haben.

Außerdem führt Alkoholmissbrauch zu einer Reduktion vieler Tätigkeiten, die man perfekt in Orems Theorem der Selbstpflege einsortieren kann, zB Bewegung/ Ruhe, Ernährung und Körperpflege.

Unter dem Strich also kann man sagen:
Alkoholmissbrauch ist im somatischen Bereich von Medizin und Pflege ein Riesenproblem.

Und wir ignorieren das weitestgehend.
Wir verschliessen die Augen vor dem Elefanten im Raum.

Hinsichtlich des Umgangs mit Alkoholkranken Menschen gibt es im Bereich der Suchttherapie vorklinisch keine eindeutigen Handlungsempfehlungen, weil der Impuls der Behandlung von den Erkrankten kommen muss.

Als Konsens (und als Empfehlung von zB Berufsgenossenschaften) aber gilt es, das Thema wo immer Auffälligkeiten entstehen direkt anzusprechen, dabei aber Stigmatisierung zu vermeiden.

Es wird davon ausgegangen, dass Hilfe und Behandlung erst dann greifen können, wenn den Menschen das Problem wirklich bewusst ist, und diese Hilfe mindestens in Erwägung gezogen wird.

Allerdings, und das ist der springende Punkt! kann das direkte Ansprechen des Problems das Bewusstsein für die Problematik fördern. Dabei sollte dieses Ansprechen möglichst bewertungsfrei und nicht stigmatisierend sein, um Abwehrreaktionen zu vermeiden.
Man sollte also niemanden direkt ins Gesicht sagen, dass er Alkoholiker ist, oder ihn gar als Säufer oä titulieren.

Aber, und das ist die gute Nachricht: in Deutschland ist die Zahl der Anlaufstellen für Menschen mit problematischen Alkoholkonsum ziemlich groß, und das ist auf professioneller Ebene auch sehr niedrigschwellig gehalten. Es findet sich fast überall die Möglichkeit mit speziell dafür ausgebildeten Menschen relativ kurzfristig Erstgespräche führen zu können, in denen der eigene Konsum gemeinsam reflektiert und falls gewünscht Unterstützung für den gesamten therapeutischen Prozess gefunden werden kann.
In der Praxis gestaltet sich das häufig langwierig, weil es häufig zu Rückziehern, Rückschlägen und Rückfällen kommt, aber selbst darauf ist man vorbereitet, und wird auch darauf vorbereitet.
Wir haben als Gesellschaft vor allem in Form professionell geführter Selbsthilfeeinrichtungen und -Gruppen ziemlich gute Möglichkeiten Menschen mit problematischen Alkoholkonsum zu helfen.

Weil's offensichtlich für dieses Riesenproblem in der Pflege kein echtes Bewusstsein gibt und folglich auch kein Assessment und keinen Handlungsbaum, muss ich den wohl selbst finden, und auf mehr oder weniger offensichtliche Anzeichen von Alkoholmissbrauch achten.
Oder auch einfach fragen.
Eindeutiges Indiz dafür sind natürlich bestimmte Parameter im Blutbild.
Ich bekomme dazu noch weitere Informationen, sowohl wie man es im Gespräch und Verhalten besser erkennen kann, als auch Informationen über die Laborwerte, und Quellen zu den somatischen Folgen.
Und wenn die Hinweise sich verdichten, werde ich es wohl auch dokumentieren.
Was den Menschen betrifft, den es betrifft: Aufklärung über gesundes und gesundheitsförderndes Verhalten gehört mit zum Aufgabenfeld der Pflege. Und über die entsprechenden Anlaufstellen muss ich mich zwar auch noch schlau machen, aber das wär's auch, was ich den betreffenden Menschen ans Herz legen würde.
Und ihnen Mut machen.

Alkoholismus, oder etwas weniger stigmatisierend ausgedrückt 'problematischer Alkoholkonsum' ist kein Charakterfehler, sondern eine soziokulturell geförderte komplexe Erkrankung. Aber man kann etwas dagegen tun, indem man etwas für sich tut, und man kann eine Menge Unterstützung dabei finden, die nichts kostet, die nicht verurteilt und die nicht droht.

Diese Menschen sind nicht allein, selbst wenn ihr Problem von der professionellen Pflege (und Medizin) systematisch übersehen wird.

Im Übrigen gilt das auch für andere Abhängigkeitserkrankungen, und - darauf wurde ich besonders hingewiesen - auch für Frauen, denen es oftmals gelingt ihren Alkoholmissbrauch sehr viel besser zu verbergen als Männern, nur dass es halt trotzdem einen somatischen Rattenschwanz nach sich zieht.

Und, so ich den Raum dafür finde, will ich auch noch versuchen, Kontakt zu den Leuten vom DNQP zu bekommen. Professionalität und Tradition hin oder her... ich finde, wenn da ein Problem ist, dann sollte man es auch ansprechen, und es wird zwar wenig bringen, wenn ich damit ankomme, aber wenn es niemand tut, dann stehen wir in 50 Jahren noch schulterzuckend da, und berufen uns darauf, dass uns psychiatrische Ursachen im somatischen Bereich nichts angehen, weil strikte Trennung von Fachbereichen und so weiter.
 
Ich weiß nicht, wo Du lernst, aber die Frage nach dem Konsum von Alkohol, Nikotin und anderen Substanzen ist Bestandteil der Pflegeanamnese. Auch im somatischen Bereich. Wie kommst Du auf das schmale Brett, dass sich dafür niemand interessiert?
 
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Ich erlebe es so: es wird notiert, es ist den Pflegenden bewußt, aber es wird nicht interveniert.

Es wird bei der Behandlung berücksichtigt (Medis, Narkose, mögl. Delir, Aggression etc)
Es kann aber eben nur angegangen werden, wenn der Betroffene es will. Einen Unwilligen dazu zu bringen, ist bei der kurzen Liegezeit, so gut wie ausgeschlossen.
Das sagt mein intuitives Bauchgefühl nach 47 Jahren Innere Medizin. Mit den Erfahrungen von zig(tausenden) Versuchen diese Menschen zu erreichen. Also von der Institution Krankenhaus mit allen Beteiligten
 
Ich erlebe es so: es wird notiert, es ist den Pflegenden bewußt, aber es wird nicht interveniert.

Es wird bei der Behandlung berücksichtigt (Medis, Narkose, mögl. Delir, Aggression etc)
Es kann aber eben nur angegangen werden, wenn der Betroffene es will. Einen Unwilligen dazu zu bringen, ist bei der kurzen Liegezeit, so gut wie ausgeschlossen.
So sehe ich es auch.
 
Weil's offensichtlich für dieses Riesenproblem in der Pflege kein echtes Bewusstsein gibt und folglich auch kein Assessment und keinen Handlungsbaum, muss ich den wohl selbst finden, und auf mehr oder weniger offensichtliche Anzeichen von Alkoholmissbrauch achten.
Oder auch einfach fragen.
Eindeutiges Indiz dafür sind natürlich bestimmte Parameter im Blutbild.
Ich bekomme dazu noch weitere Informationen, sowohl wie man es im Gespräch und Verhalten besser erkennen kann, als auch Informationen über die Laborwerte, und Quellen zu den somatischen Folgen.
Es gibt hier einen Selbsttest:


Falls Dich das Thema interessiert, findest Du noch jede Menge Informationen zum Bereich Sucht z. B. hier:


Alkoholismus, oder etwas weniger stigmatisierend ausgedrückt 'problematischer Alkoholkonsum' ist kein Charakterfehler, sondern eine soziokulturell geförderte komplexe Erkrankung.
Eine Suchterkrankung ist eine psychische Behinderung.
Diese Menschen sind nicht allein, selbst wenn ihr Problem von der professionellen Pflege (und Medizin) systematisch übersehen wird.
Das sehe ich nicht so, siehe Claudia.
Und, so ich den Raum dafür finde, will ich auch noch versuchen, Kontakt zu den Leuten vom DNQP zu bekommen. Professionalität und Tradition hin oder her... ich finde, wenn da ein Problem ist, dann sollte man es auch ansprechen, und es wird zwar wenig bringen, wenn ich damit ankomme, aber wenn es niemand tut, dann stehen wir in 50 Jahren noch schulterzuckend da, und berufen uns darauf, dass uns psychiatrische Ursachen im somatischen Bereich nichts angehen, weil strikte Trennung von Fachbereichen und so weiter.
Na da bin ich gespannt, was sie sagen.
 
Unter dem Strich also kann man sagen:
Alkoholmissbrauch ist im somatischen Bereich von Medizin und Pflege ein Riesenproblem.

Und wir ignorieren das weitestgehend.
Wir verschliessen die Augen vor dem Elefanten im Raum.
Wer ist "wir"?
Für wen glaubst du die Stimme zu erheben? Für wen sprichst du?
Woher hast du die Grundlagen, die dich befähigen, als Pflegenovize das Handeln einer gesamten Profession beurteilen und generalisieren zu können?
 
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