"Haben Sie gut gefrühstückt?"

-Claudia-

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04.09.2004
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Ba-Wü
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Gesundheits- und Krankenpflegerin
Akt. Einsatzbereich
Chirurgie
Funktion
Pflegeexpertin ANP
Ich würde gern über ein Thema diskutieren, das (obwohl vordergründig nicht besonders vielschichtig) in unserem Haus schon seit längeren für etwas Zwist sorgt.

Ich habe heute Vormittag eine Patientin in die OP-Schleuse gebracht und sie dort der Anästhesie übergeben. Die Patientin war (natürlich) seit Mitternacht nüchtern, sie hatte nur ihre Tabletten mit einem Schluck Wasser genommen. Bei der Übernahme fragt die Anästhesistin nach Name, Geburtsdatum, Allergien und dann kommt der Satz:

"Haben Sie gut gefrühstückt?"

Meine Patientin erschrak: "Was? Nein! Himmel, ich darf doch nicht frühstücken!" Die Angst stand ihr ins Gesicht geschrieben - wie sollte sie einer Ärztin vertrauen, die offenbar keine Ahnung von der OP-Vorbereitung hatte?

Die Frage nach dem Frühstück ist Usus und - selbstverständlich - scherzhaft gemeint. Dummerweise sind viele Patient*innen vor ihrer OP aufgeregt und verstehen dann keinen Humor. Schon gar nicht, wenn - wie bei meiner heutigen Patientin - Deutsch nicht die Muttersprache ist. Die Frage nach dem Frühstück führt bestenfalls zu Verwirrung, schlimmstenfalls zu einer Panikattacke. Besser wäre meiner Ansicht nach: "Wann haben Sie zuletzt gegessen und getrunken?" - dass die Anästhesie dieses Wissen benötigt, verstehen die meisten.

Seit Monaten reden wir von Station uns den Mund fusslig, weil die Frage einfach zu häufig falsch aufgefasst wird. Aber wir scheinen das Problem ernster zu beurteilen als die Anästhesie - jedenfalls ist der dumme Spruch nach dem Frühstück immer noch nicht aus ihrem Repertoire verschwunden?

Wie ist das bei Euch? Wie geht die Übernahme zur OP vonstatten?
 
Ich frage meine Patienten nach dem einschleusen auch immer, wie deren Frühstück aussah.
Je nach Antwort kann ich beurteilen, ob der Patient orientiert genug ist, ob er mich versteht und somit den folgenden Eingriffen folgen kann, oder ob er auch wirklich nüchtern ist.

Nichts ist ärgerlicher, als einen Patienten bereits vorbereitet zu haben, nur um dann festzustellen, dass bei dem elektiven Punkt vorher eine Nahrungsaufnahme stattfand und ich den jetzt wieder abkabeln und ausschleusen darf.

Nicht alle Tätigkeiten und Fragen, die auf der Peripherie unsinnig erscheinen, sind auch falsch. Wir aus dem Team der Anästhesie und OP beurteilen manche Dinge anders.

Und ne beschissene Aspiration durch Nahrungsaufnahme oder Trinken ist nicht lustig. Kann auf der Peripherie schon mal untergehen.

Hat sich schon so manches mal rausgestetellt, dass ein Patient nicht nüchtern war.

Und der Anästhesisten zu unterstellen, dass sie keine Ahnung von der OP-Vorbereitung hat, ist ein heißes Eisen. Ganz gewaltig ins Fettnäpfchen gegriffen mit dieser Aussage, Claudia.
 
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Auch ich frage Patienten, was es zum Frühstück gab.
Natürlich kann eine „ängstliche“ Reaktion kommen. Wir kennen den Patienten ja erst seit wenigen Sekunden und können ihn/sie nur aufgrund dieser kurzen Zeit einschätzen.
Aber auch die Alternative, ein „humorloses“ , sachliches Abfragen der Daten kann zu einer ängstlichen oder sogar aggressiven Reaktion des Patienten führen. Allerdings erst außerhalb des Schleusenbereichs. Denn auch im weiteren Verlauf wird der Patient wieder „abgefragt“. Auch dann kann es zu „Angstreaktionen“ kommen, da das mehrfache Abfragen nach OP-Verfahren und OP Seite auch bei einzelnen Patienten das Gefühl erzeugt, dass das OP-Team nicht informiert wäre.

Davon ab kann eine Angstreaktion, wie die von Claudia geschilderte“ natürlich vorkommen. Eine Patientin, die so ängstlich reagiert wird sicher beim zweiten Mitarbeiter, der nach dem OP- Verfahren fragt, genau so ängstlich/panisch im „verdeckten“, für die Stationen nicht mehr sichtbaren Bereich des OPs reagieren.

Ich habe gelernt, das eine lockere Art und ein bisschen Humor beim größten Teil der PatientInnen eher zu Entspannung führt. Und genau diese Entspannung und Lockerheit versuchen wir erreichen. Bei vielen PatiennInnen funktioniert das auch. Aufgeregt sind verständlicherweise alle PatientInnen an der Schleuse.

Übrigens: Eine häufige Antwort auf die Frage nach dem Frühstück ist „ Das große Buffet“ mit einem verschwitzen lächeln.

LG Einer
 
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Reaktionen: -Claudia-
Nichts ist ärgerlicher, als einen Patienten bereits vorbereitet zu haben, nur um dann festzustellen, dass bei dem elektiven Punkt vorher eine Nahrungsaufnahme stattfand und ich den jetzt wieder abkabeln und ausschleusen darf.

Nicht alle Tätigkeiten und Fragen, die auf der Peripherie unsinnig erscheinen, sind auch falsch. Wir aus dem Team der Anästhesie und OP beurteilen manche Dinge anders.

Und ne beschissene Aspiration durch Nahrungsaufnahme oder Trinken ist nicht lustig. Kann auf der Peripherie schon mal untergehen.

Hat sich schon so manches mal rausgestetellt, dass ein Patient nicht nüchtern war.
Natürlich müsst Ihr die Patient*innen fragen, ob sie nüchtern ist. Aber Ihr könnt es anders formulieren. Ich habe oben ein Beispiel genannt, das - so schätze ich jedenfalls - weniger oft zu Irritationen führen würde.

Und der Anästhesisten zu unterstellen, dass sie keine Ahnung von der OP-Vorbereitung hat, ist ein heißes Eisen. Ganz gewaltig ins Fettnäpfchen gegriffen mit dieser Aussage, Claudia.
Bist Du mit dem falschen Fuß aufgestanden? Das denke doch nicht ich! Der Eindruck entstand bei meiner Patientin, die man auf Station mehrfach darauf hinwies, nüchtern zu bleiben. Das hat sie wahrscheinlich bei beiden Aufklärungsgesprächen, der Pflegeanamnese und in unserer präoperativen Patientenedukation erfahren - und dann kommt die Anästhesistin und scheint es nicht zu wissen?

Ich weiß, dass die Anästhesistin einen Scherz macht. Die Patientin wusste es nicht und hat die Frage augenscheinlich falsch verstanden.
 
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Reaktionen: Martin H.
Natürlich kann eine „ängstliche“ Reaktion kommen. Wir kennen den Patienten ja erst seit wenigen Sekunden und können ihn/sie nur aufgrund dieser kurzen Zeit einschätzen.
Aber auch die Alternative, ein „humorloses“ , sachliches Abfragen der Daten kann zu einer ängstlichen oder sogar aggressiven Reaktion des Patienten führen. Allerdings erst außerhalb des Schleusenbereichs. Denn auch im weiteren Verlauf wird der Patient wieder „abgefragt“. Auch dann kann es zu „Angstreaktionen“ kommen, da das mehrfache Abfragen nach OP-Verfahren und OP Seite auch bei einzelnen Patienten das Gefühl erzeugt, dass das OP-Team nicht informiert wäre.
Ich habe gelernt, das eine lockere Art und ein bisschen Humor beim größten Teil der PatientInnen eher zu Entspannung führt. Und genau diese Entspannung und Lockerheit versuchen wir erreichen. Bei vielen PatiennInnen funktioniert das auch. Aufgeregt sind verständlicherweise alle PatientInnen an der Schleuse.
Diese Art Diskussion erhoffte ich mir. Ich habe keine Erfahrung in der Anästhesie; bei meinem ersten und einzigen Mal hinter der Schleuse war ich 13 und lag auf dem Tisch. (Und damals hatte ich einen Unfall und wurde einfach nach dem Zeitpunkt der letzten Mahlzeit gefragt.)

Ich finde es interessant, dass ein sachliches Abfragen der Daten eine ebensolche Irritation hervorrufen kann wie die Frühstücksgeschichte. Ich erkläre den Patient*innen in Vorbereitung oder präoperativer Schulung immer, dass Fragen nach Namen, Geburtsdatum, Art der OP usw. gestellt werden, dies der letzte Check-up ist und nicht bedeutet, dass das Personal nicht weiß, wen es vor sich hat.

Diese eine Patientin hat halt - das war deutlich zu erkennen - einen gewaltigen Schreck bekommen, während sie auf die vorherigen Fragen nach Name, OP, Allergien usw. vernünftig und gelassen reagiert hat. Bei ihr ist diese Art Humor also nicht gut angekommen.

Gäbe es eine lockere Art der Fragen, ohne Risiko, Patient*innen in Panik zu versetzen? Hat jemand eine Idee?
 
Fragt doch einfach, wann haben sie zuletzt gegessen? Das Patienten aufgeregt sind, nicht gut Deutsch sprechen oder nach der Schlaftablette "komisch" reagieren ist doch ok.
Wenn mich das jemand vor der OP fragt werde ich sahen, "einen Hammer!"
 

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