Unsere Patienten bekommen einen festen Abführrhythmus, anfangs in der Regel Mo/Mi/Fr oder alle 2 Tage.
An diesen Tagen werden diese Patienten mit Suppositorien gesteckt (Lecicarbon, Dulcolax). In vielen Fällen werden zusätzlich orale Laxantien nötig.
So ähnlich verfahren wir bei unseren Kindern auch. Aber da Kinder physiologischerweise öfter Stuhlgang haben als Erwachsene, machen wir jeden Tag Toilettentraining. Sieht bei uns auch so aus, dass ein Lecicarbon Supp. gegeben wird, etwas gewartet und dann das Kind auf die Toilette oder den Toilettenstuhl gesetzt. Je nach Indikation wird vor der ersten Anwendung erstmal gründlich abgeführt, d.h. für ein bis zwei Tage viel Macrogol und dann
einmalig ein Einlauf (FrekaClyss, Yal oder ähnliches) gegeben, damit der Enddarm wirklich leer ist. Anderenfalls kann eine paradoxe Diarrhoe auftreten, wenn weicherer Stuhl an Kotsteinen vorbeiläuft. Rein theoretisch ist es zwar möglich, dass einmalig Kotsteine digital ausgeräumt werden müssen, aber bis jetzt habe ich das noch nicht erlebt.
Bei den meisten Kindern funktioniert das Toilettentraining sehr gut, wenn es sich eingespielt hat, was meistens innerhalb von wenigen Tagen der Fall ist. Ganz am Anfang haben die meisten noch Stuhlschmieren in der Pampi, weil zwischendurch Stuhl abgeht, wenn der Sphinktertonus zu gering ist. Aber wenn der Körper sich an eine regelmäßige Defäkation gewöhnt hat, klappt es in der Regel sehr gut, und die Kinder sind damit sozial kontinent und brauchen keine Windel mehr (Maßnahmen zur sozialen Urinkontinenz vorausgesetzt).
Allerdings gibt es auch Kinder, bei denen diese Maßnahme nicht so gut anschlägt. Beispielsweise bei neurogener Mastdarmentleerungsstörung mit zu hohem Sphinktertonus. Hier kommt es meistens zu Obstipation und dann unkontrollierter Stuhlentleerung. Hier kann man auch Toilettentraining mit Lecicarbon versuchen, aber in manchen Fällen ist der Dehnungsreiz durch die Kohlensäure nicht ausreichend. Dann gibt es aber die Möglichkeit der Darmirrigation. Das kennen einige sicherlich von Patienten mit Colostoma. Aber das ist auch bei rektaler Defäkation möglich. Eine geeignete Spüllösung (in der Regel NaCl 0,9%, manchmal auch Wasser) wird mit einem speziellen System über einen Rektalkatheter in den Enddarm geleitet. Die Menge ist deutlich größer als bei einem Klistier, je nach Alter, Größe, Krankheitsbild und Verträglichkeit so ca. zwischen 400 und 2.000ml. Dadurch entsteht natürlich ein stärkerer Dehnungsreiz. Man lässt die Flüssigkeit nach dem vollständigen Einlaufen noch eine Weile im Enddarm verbleiben, dann wird der Katheter entfernt, und der Patient kann rektal abführen. Das ähnelt den Einläufen, die es früher mal gab. Aber es kann auf der Toilette oder dem Toilettenstuhl sitzend durchgeführt werden und vor allem, was am wichtigsten ist, der Patient kann es prinzipiell selbst erlernen (hängt natürlich von Alter und kognitiven und motorischen Fähigkeiten ab).
Es gibt sogar die Möglichkeit, ein kontinentes Stoma zu legen (MACE-Stoma). Dabei hat man nachher ein kleines "Loch" in der Bauchdecke, meist in der Nähe des Bauchnabels. Dort wird der Katheter dann eingeführt und die Darmirrigation antegrad durchgeführt. Ist sogar noch physiologischer als die retrograde Irrigation, und die anale Manipulation fällt weg, was aus dem u.g. Grund vorteilhaft ist. Aber natürlich hat das MACE-Stoma ein OP-Risiko, und durch die permanente Öffnung der Bauchdecke besteht bei unzureichender Hygiene die Gefahr, pathogene Keime in den Bauchraum zu befördern.
Das digitale Ausräumen wäre also allenfalls eine Alternative zur Darmirrigation, weil es schneller geht. Das Problem ist aber (neben der Verletzungsgefahr und dem Scham- und Ekel-Aspekt), dass durch das Ausräumen auf Dauer die Ampulle und vor allem der Anus geweitet werden. Das führt zu einem "klaffenden Anus". Und durch diesen geht dann unkontrolliert Stuhl ab. Das vorbestehende Problem ist also damit nicht gelöst, sondern wird noch weiter verstärkt. Und dann ist die Chance auf soziale Kontinenz nur noch verschwindend gering.
Im neuropädiatrischen Bereich haben wir häufig mit dieser Problematik zu tun. Aber digital ausräumen musste ich ncoh nie. Einmal wurde während meiner Berufslaufbahn ein Kind digital ausgeräumt, aber das war eben zur "Vorbereitung" auf das Toilettentraining, weil die Stuhlsteine durch Movicol und Klistiert nicht herauskamen. Bei diesem einen Mal ist es dann aber auch geblieben.