Ist in unserem Beruf noch Platz und Zeit für Tränen?

Wie zufrieden seid ihr derzeit in eurem Beruf?


  • Umfrageteilnehmer
    93

sisterNic

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21.08.2003
Beiträge
292
Ort
Dachau
Beruf
Krankenschwester, Rettungssanitäterin
Als der liebe Gott die Krankenschwester schuf, machte er bereits den sechsten Tag Überstunden.
Da erschien ein Engel und sagte: " Herr, ihr bastelt aber lange an dieser Figur !" Der liebe Gott antwortete: " Hast du die lange Liste spezieller Wünsche auf der Bestellung gesehen ? Sie soll als Frau und Mann lieferbar sein, wartungsfrei und leicht zu desinfizieren, aber nicht aus Plastik, sie soll Nerven wie Drahtseile haben und einen Rücken, auf dem sich alles abladen lässt, dabei aber so zierlich, dass sie sich in viel zu kleinen Dienstzimmern wohlfühlen kann. Sie muss fünf Dinge zur gleichen Zeit tun können und soll dabei immer noch eine Hand frei haben. "
Da schüttelte der Engel den Kopf und sagte: " Sechs Hände, dass wird kaum gehen ! " " Die Hände machen mir keine Kopfschmerzen ", sagte der liebe Gott, " aber die drei Paar Augen, die schon das Standardmodell haben soll: ein Paar, das nachts durch alle Wände sehen kann, damit eine Nachtwache zwei Stationen betreuen kann, ein zweites Paar im Hinterkopf, mit dem sie sieht, was man vor ihr verbergen möchte, was sie aber unbedingt wissen muss und natürlich das eine hier vorn, mit dem sie einen Patienten ansehen kann und ihm bedeutet: " Ich verstehe Sie und bin für Sie da ", ohne das sie ein Wort sprechen muss.
Der Engel zupfte ihn leicht am Ärmel und sagte:"Geht schlafen Herr und macht morgen weiter."
" Ich kann nicht" , sagte der liebe Gott. " Ich habe bereits geschafft, dass sie fast nie krank wird und wenn, dann heilt sie sich selber;
sie kann begreifen, dass 10 Doppelzimmer 40 Patienten bedeuten kann, aber 10 Stellen oft nur fünf Schwestern sind;
sie hat Freude an einem Beruf, der alles fordert und schlecht bezahlt wird, sie kann mit Schaukelschichten leben und kommt mit wenigen freien Wochenenden aus. "
Der Engel ging langsam um das Modell der Krankenschwester herum: " Das Material ist zu weich", seufzte er .
" Aber dafür zäh ", entgegnete der liebe Gott. " Du glaubst gar nicht, was sie alles aushält ! "
" Kann sie denken ? " - " Nicht nur denken, sondern auch urteilen und Kompromisse schließen ", sagte der liebe Gott.
Schließlich beugte sich der Engel vor und fuhr mit dem Finger über die Wange des Modells. " Da ist ein Leck ", sagte er. " Ich habe euch ja gesagt, ihr versucht zuviel in das Modell hinein zu packen. "
" Da ist kein Leck, das ist eine Träne! "
" Wofür ist die? "
" Sie fließt bei Freude, Trauer, Enttäuschung, Schmerz und Verlassenheit ", sagte der liebe Gott versonnen, " die Träne - die Träne ist das Überlaufventil ! "


Aber nun würde ich Euch gern etwas wissen..

Was ist, wenn man keine Tränen mehr hat?

Wenn man nicht weinen kann, weil einfach gerade keine Zeit dafür ist, weil man weiss, da steht der nächste Durchgang an, Patienten sind zu versorgen, 4 klingeln auf einmal, und einer ist gerade verstorben, und die Angehörigen warten auf ein paar tröstende Worte?
Wenn zum Weinen einfach keine Zeit ist, weil man weiss, dass man die Arbeit dann nicht schafft, wenn man sich die Zeit nimmt?


Körperlich ist es kein Problem, weiter zu arbeiten, doch psychisch bin auch ich gerade momentan sehr am kämpfen.
Wir haben 35 Patienten auf Station, zur Zeit so Dienste mit einer exam.Kraft ab 6 Uhr,2 Schülern und einer Praktikantin, und ab 7 eine 2.exam.Kraft. Nachts sind wir allein, teilw. liegen mehr als 10 A3-Patienten da..

Mir schwebt momentan auch nur noch eine Auszeit vor, doch leider dann wieder mit dem Wissen, dass noch einer weniger da ist, der arbeiten kann...

Bin ja schon froh, dass es anderen auch so geht, und nicht nur mir..:cry:

LG, SisterNic
 
Hm, leider gibts hier wohl keine so rege Beteiligung wie ich mir das gedacht habe..

Schade eigentlich..:cry:
 
Also ich habe ja das "Glück" in der ambulanten Intensivpflege und Heimbeatmung zu arbeiten. Das heißt das der Zeitdruck schonmal wegfällt.
ABER: Die Psychische Belastung ist sehr hoch! Trotzdem keine Pause in 12 h Schicht, weil ja permanente Überwachung sein muss...! Nervige Angehörige, Stress mit Krankenkassen und Ärzten...! Keine Kollegen , kein Team im Hintergrund.
Außerdem bestenfalls "ausreichende" Bezahlung und schlechte Aufstiegsmöglichkeiten.

Zusätzlich zu wenig Stellen in der Klinik (vor allem in den Funktionsbereichen z.b. Intensiv oder Notaufnahme) um jungen Pflegekräften (auch mir!) die Möglichkeit zu geben mal in der Stationären Krankenpflege arbeiten zu können.
 

Mir schwebt momentan auch nur noch eine Auszeit vor, doch leider dann wieder mit dem Wissen, dass noch einer weniger da ist, der arbeiten kann...


Ich kann dir nur raten, nimm dir die Auszeit und denk nicht daran wie es ohne dich gehen soll ! Es geht immer irgendwie, und die Frage nach dem WIE müssen sich andere stellen, nicht du. Ist nicht einfach, aber du bleibst sonst auf der Strecke. Und wenn du zwar bisher noch keine körperlichen Beschwerden hast....das kommt....Meistens dann wenn man es am wenigsten gebrauchen kann.
 
Hallo..
deswegen bin ich seit Sonntag morgen krank..

Hatte das Gefühl,immer unter Strom zu stehen, Entspannung hab ich so die letzten Tage nie als solche empfunden..

Nun geniesse ich soweit es geht erstmal den Tag, geh alles langsam an, mach Entspannungsübungen und versuche mich mental erstmal wieder auf ein normales Leben einzustellen und Kräfte zu sammeln..

LG und bis bald..
SisterNic:nurse:
 
Fahr mal zur Kur, das bringt echt einiges !
 
Glaube fast, ich bin so ein Modell.
War das letzte mal krank, als ich im 8. Monat schwanger war, vor 11 Jahren.
Mache oft so viele Sache gleichzeitig und lächle noch.
Mag nur keine Routine!!!!!!!

Zeit für Tränen nehme ich mir immer noch nach über 20 Dienstjahren und vor Allem: "Ich habe noch Tränen!"

Es macht mir Nichts aus, Schwäche zu zeigen und zuzugeben, daß auch ich nicht mehr weiter weiß.

Sonja
 
Hallo,
Zeit für Tränen und Traurigkeit, ein "Überlaufventil" ist immens wichtig.
SisterNic, ich finde es gut, dass Du noch merkst, dass es so nicht weiter gehen kann und du dir die Auszeit nimmst, die du brauchst. Ich hoffe nur, du gehst nicht aus einem schlechten Gewissen heraus zu früh wieder arbeiten.
Wenn die Station zusammenbricht, weil einer fehlt, liegt das nicht an der fehlenden Person, sondern an Fehlern im System!!!!!!!!!!!!!!
In diesen Sinne, erhol dich erst mal.:flowerpower:
Gruß Sr. S.
 
Hallo!:)

Ich arbeite in einer Rehaklinik für alte Menschen (Geriatrie) und bin examinierte APH. Wir haben auf unserer Station 30 Patienten, wenn wir voll belegt sind. Meistens Apoplex, Hüft- und KnieTEP´s, Patienten mit Demenz, Dialyse- und Krebspatienten. Oft leiden die Patienten auch am Durchgangssyndrom
Die Station ist in 3 Bereiche geteilt mit je 10 Patienten.
Im Frühdienst sind wir meistens zu 4.- 1 Schwester pro Bereich und 1 Springer. Ich bin einer von 2 Springern. Manchmal haben wir eine/n Schüler/in dabei.
Im Spätdienst sind wir zu zweit.
Läuft alles geregelt werden wir mit unserer Arbeit gut fertig und auch für unsere Pause und 1 oder 2x rauchen gehen ist genügend Zeit.

Wir müssen uns wahnsinnig mit Angehörigen ärgern, die die Patienten am liebsten im Stundentakt vom Bett in den RS und umgekehrt transferiert haben möchten. Wir müssen Hand in Hand mit den Therapeuten arbeiten, die auch oft sehr fordernd sind. Oft wird der Ärger über "Versäumnisse" des Akuthauses an uns ausgelassen (Nagelpflege, Duschen, Baden, usw...). Angehörige und Patienten setzen oft unrealistische Rehaziele und geben uns die Schuld wenn diese Ziele dann nicht erreicht werden. Alles wird in Frage gestellt, selbst das Abendbrot, "dass die Mutti bestimmt nicht so bestellt hat". Verbrauchsmaterialien wie Wundschutzcreme, Inko und Bettwäsche wird in den Zimmern gehortet. PEG´s werden ständig abgesöpselt und die Pflege dann beschuldigt, wenn das Programm nicht in 24h fertig ist.
Naja- Mit lauter solch banalen Dingen müssen wir uns ärgen...:knockin:

Ich finde die Arbeit in der Reha aber trotzdem schöner und befriedigender als im Altenheim.

Im großen und ganzen bin ich recht zufrieden- Natürlich kann man meine Arbeit nicht wirklich mit der in einem Akuthaus vergleichen!

LG und Dir liebe SisterNic wünsche ich alles Gute!:nurse:
 
Hallo sisterNic,

woher stammt der Text? Hast du ihn selbst geschrieben? Er gefällt mir sehr gut, ich glaube, damit kann ein Außenstehender annähernd verstehen was unser Beruf bedeutet und dass es im Krankenhaus nicht wie bei Schwester Stefanie o.ä. zugeht.
In der Ausbildung hatte ich arge Probleme damit meine Gefühle zu zeigen um anderen verständlich zu machen wie es mir geht, habe Probleme (Mittelkurstief, Angst vor dem Examen) in mich reingefressen. Das Ergebnis waren regelmäßig Magenverstimmungen.
Nach dem Examen bin ich in eine andere Stadt gezogen und arbeite seitdem dort an einer Uniklinik. Das wollte ich vorher eigentlich nicht, weil ich dachte, gerade an einem Haus der Maximalversorgung sind die (privaten) Gefühle des Personals fehl am Platz. Aber genau das Gegenteil ist der Fall. Hier nimmt dich z.B. die stv. Leitung in den Arm und sagt: "Es ist gut, dass so reagierst und dass du weinen kannst. Du wärst hier falsch wenn du das nicht könntest!". Oder ein Facharzt kommt zur Tür rein, bleibt vor dir stehen und sagt:"Du siehst traurig aus, was ist los?".

Vielleicht braucht es maximale Belastungen, damit man sich um den anderen Gedanken macht, vielleicht dient das auch dem Eigenschutz (hoffentlich geht es dem anderen bald besser, nicht dass er morgen krank macht...)?
Ich weiß es nicht, ich kann nur sagen dass es solche Sätze an dem 180 Betten Haus nicht gab:gruebel:.


Gruß

Die Anästhesieschwester
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo..

@anästhesieschwester:

Du meinst den ersten Text von der Entstehung der Krankenschwester?
Den hat mir mein Freund vor ca. nem dreiviertel Jahr gegeben.

Passte irgendwie grad zu meiner Stimmung als ich den Text geschrieben hab..

LG, Nic
 
hallo

ich finde Eure Beiträge gut, jeder sollte für sich selbst entscheiden, wann er eine Auszeit braucht und wann er mal richtig Tränen laufen lassen sollte, denn das Auspowern ist sehr gefährlich in unserem Beruf

lieben Gruß an alle die noch nicht berufsblind sind

LG Kerstin
 
Mich stört irgendwie der Titel des Threads. Ich will nicht jammern und weinen... ich will mich wehren gegen Ungerechtigkeiten in unserem Beruf.

Elisabeth (die gerade wieder vom Ufer in den Strom springt um gegen diesen zu schwimmen)
 
Hallo sisterNic!

Ich habe damals auch mal in´nem kleinen Haus in der Inneren gearbeitet, wo wir morgens ca. 10 A3 Patienten und dann nochmal 10 oder mehr A2 Patienten zu versorgen hatten. Und es stimmt - da bleibt einiges auf der Strecke. Nicht nur die Patienten...
Man fängt um 8Uhr mit waschen an (schön, wenn der Nachtdienst schon einen gewaschen hat!) und macht so weiter bis Dienstende, immer schön schnell und routiniert, blos keine Zeit verschwenden, man hat ja noch so viel zu tun.
Gefüttert und gelagert wird funktionspflegerisch und im Akkord, schön einer nach dem anderen, ob er will oder nicht, man muss ja noch Essen abräumen, Lagerbestellung/Apotheke auspacken und Tabletten stellen. Visite!? Keine Zeit, sonst bleiben die Leute in ihrem Kot liegen oder kriegen nichts zu essen. Ein Patient ist präfinal?! Dann schaut man bei den "Lagerungsrunden" auch da mal rein. Bei 36 Patienten und 2 exam. Krankenschwestern, 1 Krankenpflegehelferin und 1 Zivi oder Auszubildende muss man sich halt ranhalten...

Das Spielchen habe ich keine 2 Jahre mitgemacht und bin dann auch in eine Uniklinik gewechselt. Und da sieht es, wie anästhesieschwester schon gesagt hat, gottseidank anders aus.
Die Patienten werden gruppenpflegerisch betreut (ca. 6-8 Patienten pro Pers.), können adäquat und individuell versorgt werden, man kann auf Wünsche eingehen und hat Zeit um in Krisensituationen (Diagnosestellung o.ä.) dazusein und sie, wenn es ihnen schlechter geht, palliativpflegerisch versorgen und, wenn sie vorher nicht in ein Hospiz verlegt werden, beim Sterben begleiten. Einmal im Monat gibt es für die Mitarbeiter Supervision und psychosoziale Probleme der Patienten werden auch 1mal wöchentlich in einer Extrarunde besprochen.

Hört sich traumhaft an?! Geht aber! Und so macht mich mein Job auch sehr glücklich. Wäre ich länger in dem anderen Haus geblieben, hätte ich jetzt wohl nicht nur einen kaputten Rücken...


Schwester Schnecke:)
 
Hallo mal wieder..

also nachdem ich jetzt nach ein paar Tagen mal wieder hier rein schaue, würde ich sagen, dass sich der grosse Teil der Pflegekräfte mehr Zeit, mehr Personal-vielleicht auch beides wünschen würde, um den Patienten wieder die hochwertige qualitative Pflege zukommen zu lassen, die sie einmal erlernt haben.

Ausreichende und v.a. regelmässige Pausen und die schon erwähnten beiden Komponenten würden in deutschen Kliniken die Personalzufriedenheit steigen lassen.
Vielleicht würde es dann weniger zermürbende Gedanken geben, ob der Beruf noch der Richtige ist und vielleicht auch weniger Krankheitstage.

Ich für meinen Teil bin auf dem Stand, dass es mit der jetzigen Situation nicht so weitergehen kann.

Ich kann nur allen raten, hört auf euren Körper, nehmt euch Zeit für Tränen, denn sie sind auch in unserem Beruf so verdammt wichtig..
Und es ist egal, was wer dazu sagt..

Wünsche euch angenehme Dienste, aus denen ihr relativ augeglichen raus geht und das Erlebte gut verarbeiten könnt..

Bis bald.
Nic
 
Mir hat es irgendwann gereicht und da meine Frau jetzt Hauptverdiener ist bin ich Papa und Hausmann und arbeite 10 Stunden pro Woche, da ich auch bei Personalengpässen oft einspringe sofern möglich habe ich 100 Überstunden und bummel die jetzt erst einmal ab.
Darüber bin ich froh, denn auch mir hat es so gereicht...
 
Für jeden kommt wohl mal eine Zeit, in der man mal ausbrechen muß.

Auch ich war vor einigen Jahren mal so weit und bin dann wieder eine Zeit lang Rettungsdienst gefahren.

Das ist zwar nicht leichter, aber die penetrante Routine war weg, die mich damals so belastet hat.

Ich für mich habe jetzt den Mittelweg, die Notaufnahme entdeckt.
(Nicht wissen, was man gerade machen würde, wenn man Dienst hätte).

Wie sagt mein Mann immer: "Schluß der Worte, Taten warten!"

Mal sehen, wie lange es für mich noch i.O. ist.

Ich wünsche Jedem von Euch, dass ihr Euch traut, was zu verändern vor dem "Born out".
Sobald man etwas nicht gerne macht, macht man es auch nicht so gut.

Sonja
 
Hallo,

ich finde es immer wieder faszinierend, das wir uns in unserem Beruf einfach damit abfinden, schlecht bezahlt zu sein und Unmengen an Arbeit zu unmenschlichen Bedingungen zu erfüllen... sind wir wirklich so idealistisch eingestellt?

Die Beiträge stammen zwar aus dem Sommer, aber so beim Stöbern im Nachtdienst (ja ich sitze grad seelenruhig am PC und habe Zeit...) bin ich hierauf gestossen.

Ich arbeite nun seit ca. 10/11 Jahren in der Pflege. seit dem habe ich 6 verschiedene Häuser gesehen. Ich habe nirgends länger als 2 Jahre gearbeitet, teils habe ich in der Probezeit wieder gekündigt aufgrund der unmöglichen Bedingungen.

Da wo ich jetzt bin, bin ich seit fast 4 Jahren... und das sollte schon fast alles sagen, ich möchte euch aber trotzdem ein wenig schreiben, wie es auch aussehen kann.

Ich arbeite in einer privaten neurologischen Reha-Klinik, Reha-Phase B, also direkter Anschluss an Intensivbehandlung. Unser Hauptklientel hat Hirnschädigungen aufgrund von Verschlüssen, Blutungen, Unfällen etc.

Ein normaler Frühdienst:

Ich komme gegen 6 Uhr auf Arbeit, kann auch mal 5 Minuten später sein, die Gleitzeit von +/- 10 Minuten macht es möglich. Einige meiner Kollegen sitzen bereits am Stützpunkt. Es gibt zwar ein Besprechungszimmer, aber wir fühlen uns in den ruhigen Minuten des Tages hier wohler. Ein halboffener Bereich zum Aufenthaltsraum hin überall Blick in Natur und gartenähnlichem Innenhof.
Ich nehme mir einen Kaffee, und setze mich bis der Rest auch da ist. Kommen alle, sind wir am Morgen sieben Schwestern und Pfleger, alle examiniert. Dazu kommt meist noch ein Auszubildender. Gegen acht Uhr dann noch die Stationsleitung, welche uns allen organisatorischen Kram vom Hals hält. Für Ordnung und Unterstützung gibt es ebenfalls ab acht Uhr noch eine Stationshilfe und meist einen Zivi.

Ok wieder zum Tag... ich höre mir von allen Patienten die Übergabe an, insgesamt zwanzig. Vielleicht auch mal 21, wir haben noch ein Akutbett, welches jederzeit belegt werden kann. Es wird 6.30 Uhr, der Nachtdienst verabschiedet sich, erstmal an die frische Luft... eine rauchen.
Nun teilen wir uns ein, bei diesen Besetzungen entstehen Gruppen von 3 Patienten... wer mitrechnet, einer nur zwei, dieser hat dann unsere beiden Beatmungsbetten.
Ab ans Medikamente richten. Meist bleibt dann noch Zeit für eine Zigarette und und im Anschluss auf zum Patienten. (ich weiss kalter Rauch ist ekelig
-womit die meisten unserer Patienten aber nur ein begrenztes Problem haben dürften aufgrund Trachealkanüle etc.)

Ich habe nun also je Pat. gut eine Stunde Zeit (je nach Therapieplan) um nicht nur satt und sauber zu celebrieren sondern sinnvoll therapeutisch zu pflegen. Ich habe die Zeit alles einzusetzen was ich kann und so dem Patienten sinnvoll bei seite stehen zu können. Oft habe ich das Vergnügen mit den Therapeuten gemeinsam arbeiten zu können.

Unsere halbe Stunde Pause machen wir alle gemeinsam. So ist uns lieber als zu splitten, auch wenn wir vielleicht mal aufstehen müssen oder Ärzte und Therapeuten uns "stören".

So bleibt nach dem Frühstück Zeit für den Patienten, sofern nicht gerade Therapie ansteht. Essen reichen etc. ist möglich ohne ständig auf die Uhr schauen zu müssen. Aber auch für Dinge die sein müssen wie Diagnostik, Wechsel von Kanülen, Kathetern etc. Hier baut sich alles um uns herum auf. Wir sind hier nicht das kleinste Glied das springen muss, sondern der Hauptakt. Wir geben an, welche Pat. morgens Zeit brauchen und Therapiesperre erhalten bis 10 Uhr, wir legen mit den Ärzten fest wann an diesem Tag Visite passt, welche Zeit für Diagnostiken sinnvoll ist und wie sich Therapie sinnvoll gestalten lässt mit den Therapeuten. Alles in allem, hier geht es in einer Hand, alle reden miteinander und jeder achtet darauf dem anderen Raum und Möglichkeiten zu lassen.

Seit ich hier arbeite gehe ich nahezu jeden Tag aus dem Haus ohne ein schlechtes Gefühl, bin entspannt, auch wenn ich gut was geschafft habe. Und vor allem komme ich am nächsten Tag gern wieder, weil es ist wie in einer grossen Familie ;-)

Natürlich gibt es auch Tage, an denen man unterbesetzt arbeitet, aber das ist nicht so häufig und fällt vielleicht mit der Versorgung eines Pat. mehr ins Gewicht. Letzten Sommer hatten wir aufgrund Schwangerschaften und Leuten die uns verlassen haben ein Defizit von 5 Mitarbeitern. Abgesehen von Urlaub, dauerkrank etc. Kurzum gab es einen Monat später Zeitarbeiter gestellt die zumindest den Grossteil abdecken konnten. ... naja ich könnte noch viel erzählen, auch wenn wahrscheinlich alle meinen ich träume und sowas gibt es in dieser Welt nicht mehr... doch gibt es man muss nur suchen und nicht alles akzeptieren was einem vor die Nase gesetzt wird.

PS: wir arbeiten nachts mit 3 exam. Pflegekräften für unsere 20 Patienten. Ich habe die Beatmungsbetten ( 2 Pat.) und noch zwei weitere, aber eher unauffällige Patienten. Meine beiden Kollegen jeweils 8 Patienten.

LG

und einen guten Rutsch ins neue Jahr

euer soul
 

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