Elternunterhalt nach 32 Jahren ohne Kontakt

Boundi

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04.08.2020
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Frankfurt am Main
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Pflegefachkraft
Hey ihr Lieben,

ein Angehöriger eines Bewohners ist diese Woche mit einem sehr speziellen Fall an mich herangetreten, bei dem ich ihm nicht wirklich weiterhelfen konnte, deswegen verlängere ich mal ins Forum.

Der Angehörige wurde von seinem Vater (Bewohner bei uns) nach 32 Jahren Funkstille kontaktiert und soll nun Elternunterhalt für seinen Vater bezahlen, da er selbst nicht für die gesamten Kosten aufkommen kann. Der Angehörige will dies allerdings nicht mit dem Argument, dass er nach 32 Jahren ohne Kontakt "nicht mehr zuständig" ist. Ich war erstmal ganz schön perplex und wusste gar nicht was ich sagen sollte. Hab ihn aus der Not heraus erstmal an einen Anwalt verwiesen, wollte ihm da jetzt auch nicht ins Gewissen reden, weil ich natürlich auch nicht die ganze Geschichte kenne.

Allerdings lässt mich der Vorfall nicht so richtig los, deswegen mal hier der Frage: Muss er zahlen? Also rein rechtlich? Aus ethischer Sicht mMn sowieso ^^
 
Da hat es im vergangenen Jahr eine Änderung gegeben. Ich glaube er muss erst dann zahlen, wenn er mehr als 100000€ brutto im Jahr verdient. Wieviel er zahlen muss hängt dann von seinen Lebensverhältnissen ab. Hat er Kinder, Ehefrau für die er zahlen muss usw.....
Dass er keinen Kontakt hatte gilt nicht als Ausrede! Er könnte rechtlich klären lassen, ob es für ihn unzumutbar wäre, also wenn er beispielsweise vom Vater geschlagen, misshandelt worden wäre.
 
Absolut, bin ich auch ;) Deswegen hab ichs ja auch für mich behalten :-)
Naja, mit deinem Post hast du ja schon ein Urteil über den Angehörigen kund getan....
Ich bin der Meinung, dass wir uns zu solchen Dingen neutral verhalten müssen. Ich bin zB selbst ein "gebranntes" Kind und würde alles tun, um nicht für meine Mutter zahlen zu müssen... für meinen Vater ja, jederzeit.
Eltern haben nicht automatisch mit der Geburt ihres Kindes Narrenfreiheit und auch nicht automatisch ein Recht auf Unterhaltszahlungen, und können sich in all den Jahren bis dahin benehmen wie sie wollen. Auch psych. Verletzungen sind Verletzungen, das muss ich hier sicher niemandem erklären... aber man sieht sie eben nicht.
Ist schwierig hier zu beschreiben, aber wenn man im Leben nicht für seine Kinder da ist, muss man sich nicht wundern, wenn diese sich am Lebensende der Eltern dann "plötzlich" auch nicht verantwortlich fühlen.
 
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Naja, mit deinem Post hast du ja schon ein Urteil über den Angehörigen kund getan....

Ah, so meinst du das. Ja, hier im Forum "unter uns" ist das finde ich auch ok. Vor dem Angehörigen ist das natürlich was völlig anderes. Ich hatte das Glück, dass ich keine Probleme mit meinen Eltern hatte. Deswegen an der Stelle erstmal großes und herzliches Danke, dass du hier so offen ansprichst, wie es bei dir war! Ehrlichen Respekt dafür.

Ist schwierig hier zu beschreiben, aber wenn man im Leben nicht für seine Kinder da ist, muss man sich nicht wundern, wenn diese sich am Lebensende der Eltern dann "plötzlich" auch nicht verantwortlich fühlen.

Interessant, beim rumsuchen zu dem Thema bin ich eben über genau das was du da beschreibst gestolpert. Dort hat ein Gericht geurteilt, dass Eltern keinen Anspruch auf Unterhalt haben, wenn sie ihren Pflichten für mehr als 1,5 Jahre nicht nachgekommen sind. Wann müssen Kindern ihren Eltern Unterhalt zahlen? - schuldnerberatungen.org Steht hier ganz unten, da sind auch noch mehr Urteile, ganz interessant wie unterschiedlich da geurteilt wird.
 
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Da sollen sich die mit rumschlagen, die Geld dafür bekommen. Rechtsberatung ist das Fachgebiet von Anwälten. Egal was wir sagen, es wird falsch sein, und somit sind wir dann die dummen. Raushalten und an Fachleute verweisen.
 
Bei Angehörigen in gerader Linie besteht erst mal immer Unterhaltspflicht:

Wer ist gesetzlich gegenüber wem zum Unterhalt verpflichtet?

  • Ehegatten untereinander
  • Eingetragene Lebenspartner untereinander
  • Verwandte in gerader Linie untereinander
    (hiervon erfasst werden insbesondere der Kindes- und der Elternunterhalt)
  • Partner aufgelöster Ehen untereinander
  • Partner aufgelöster eingetragener Lebenspartnerschaften untereinander
  • Eltern eines nichtehelichen Kindes untereinander“


Aber das ist halt mal wieder Pflege... „ich meine“, „ich glaube“, „das kann doch nicht richtig sein“... :mrgreen:
 
Zuletzt bearbeitet:
Auch in deinem Link steht: "Es gibt keinen einheitlichen Unterhaltsanspruch, sondern verschiedene Anspruchsgrundlagen mit unterschiedlichen Voraussetzungen"
Letztendlich gibt dieser Satz ganz viel Raum für "ich glaube" und "ich meine".... denn hinter solchen Angelegenheiten stehen Menschen mit Geschichten und Gefühlen... die lassen sich nicht immer zu "harten Fakten" einsortieren....
Auch ein Richter hat einen Ermessensspielraum bei seinem Urteil..... man könnte auch sagen, "er meint"......

Menschen sind Individuen, keiner fühlt wie der andere und darauf einzugehen, ist ein Muss in der Pflege. Menschen/Patienten sind keine Maschinen, die nach Schema F abgefertigt werden können. Und wir sind keine Roboter, sondern auch Menschen / Pflegekräfte mit Gefühlen und eigenen Erfahrungen. Wir orientieren uns an Standards und SOPs, aber letztendlich kann die beste SOP kein Mitgefühl ersetzen.
Und ja, das ist typisch Pflege. Wenn ich das anders hätte haben wollen, wär ich zum Finanzamt gegangen.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Ich habe viele Jahre im Palliativbereich gearbeitet. Bei uns kam es einige Male vor, dass Patienten verstarben, ohne Kontakt zu ihren Angehörigen gehabt zu haben. In diesem Fall musste die Polizei die Familienmitglieder ausfindig machen und über den Tod ihres Verwandten informieren.

Wir stecken nicht in der Haut der Angehörigen. Wir wissen nicht, was zum Kontaktabbruch geführt hat, und es geht uns als Pflegekräfte auch nichts an. Wir müssen uns an die geltende Rechtslage halten; der Betroffene selbst muss entscheiden, wie er mit der Situation umgeht.
 
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