Was haltet Ihr davon, dass man direkt nach der Ausbildung oder sogar ohne Pflegeausbildung ein Dipl. Pflegewirtstudium beginnen kann?
Davon halte ich absolut nichts. Jeder Pflegewirt sollte abschätzen können, ob seine theoretischen Ansätze in der Praxis überhaupt durchführbar sind und diese Fähigkeit schreibe ich diesen Leuten ab.
Andererseits sehe ich aber auch nicht die Notwendigkeit, nur mit einem Abitur Zugang zu einem Pflegewirtstudium zu erhalten. Eine mehrjährige praktische Erfahrung sollte einem Abitur gleichgestellt sein.
Sicher gibt es dann bei einem Studium immer mal einen Punkt wo man sagt: Hoppla hier fehlt mir ein kleines bisschen Schulbildung, aber das kann man schnell aufholen. Wer ehrgeizig ist, wird damit kein Problem haben. Man sollte allerdings die Fähigkeit haben, sich selbst Wissen anzueignen, zu erarbeiten. Auf die Entwicklung dieser Fähigkeit wird vermehrt bei zukünftigen Abiturienten geachtet. Aber längst nicht jeder Abiturient konnte diese Fähigkeit ausbauen und nicht jedem "Nichtabiturient" kann man diese Fähigkeit absprechen. Die Persönlichkeit spielt hier auch eine Rolle.
Aber woher sollen Betriebswirte lernen, ihre theoretischen Gedanken dahingehend zu überprüfen, ob sie in der Praxis Bestand haben? Ich kann nur dann eine theoretische Optimierung entwickeln, wenn ich weiß, was in der Praxis abläuft. Ich bin im Laufe meines beruflichen Werdeganges immer wieder auf Situationen gestoßen, wo von oben herab von solchen Theoretikern Entscheidungen getroffen wurden, die in der Praxis so nicht ausführbar waren, eben weil diese Leute nicht wußten, was in der Praxis essentiell notwendig ist.
Sicher möchte ich diesen Leuten nicht die Fähigkeit absprechen, dass sie sich entwickeln können. Aber andersherum darf man dann auch den Leuten nicht die Fähigkeit absprechen, ohne Abitur ein Pflegewirtstudium durchzuziehen.
Als langjährige Praktikerin möchte ich persönlich kein Pflegewirtstudium absolvieren, obwohl ich ein Abitur vorweisen kann. Meine Gründe:
Ich kenne die Praxis, ich weiß was optimal wäre. Ich weiß, was die Patienten brauchen. Ich weiß, dass die Qualitätssicherung ein enorm wichtiger Bestandteil ist.
Ich weiß aber auch, dass unter der Gesundheitsreform jegliche Qualitätssicherung zur Farce wird. Wir stehen an einer Grenze. Es ist nicht möglich, mit weiteren finanziellen Einschränkungen noch qualitativ hochwertige Arbeit zu leisten und gleichzeitig den Patienten noch als einen "Menschen mit Gefühlen" anzusehen und ihn entsprechend seinen Bedürfnissen zu versorgen.
Ich könnte etliche betriebswirtschaftliche Entscheidungen, die ich als Betriebswirt fällen muß, vor mir selbst nicht verantworten.