Das mit der Dienstanweisung ist ja schon ein interessanter Fall, der auch bei einer rechtlichen Überprüfung dem zuständigen Rechtsanwalt eine große Freude bereitet hätte.
Gott sei Dank sind die Gehaltstabellen auch bei Arbeitnehmerüberlassungen transparent gehalten. Natürlich gibt es auch Verschwiegenheitserklärungen, die jeder Mitarbeiter unterschreiben muss, dennoch kann man eine grobe Rechnung gemäß des IGZ-Tarifes durchführen. Die Branchenüblichen Zuschläge bzw. die individuell vereinbarten Gehaltszuschlag muss man natürlich hinzurechnen.
Klar, Zeitarbeit hat auch Nachteile, zum Beispiel eine geringe Jahressonderzahlung, die man selbst auf das Niveau des Weihnachtsgeldes anheben muss. Aber auch da liegt es im eigenen Ermessen, seinen Stundenlohn auszuhandeln. Dementsprechend muss man auch eine gewisse Summe monatlich zurücklegen. Wie hoch diese Summe dann ist und wie hoch dann das eigene Weihnachtsgeld ausfällt, bleibt jedem selbst überlassen. Zusätzlich dazu gibt es die tariflich vereinbarte Jahressonderzahlung on-top.
Jetzt muss man sich überlegen, ob man sich einen flexiblen Einsatzort mit wechselnden Kunden antun möchte.
Ob man dafür eine Dienstplangestaltung aus eigener Hand eingeht und ob man bereit ist, auf ein festes Team zu verzichten und alle paar Wochen/Tage bei einem neuen Kunden anfangen will.
Es gibt festangestellte Kollegen, die sich darüber beschweren, dass Arbeitnehmerüberlassungen immer so teuer sind - zurecht!
Eine Pflegekraft, die über die Arbeitnehmerüberlassung in einem Unternehmen tätig ist, kostet viel Geld. Sehr viel Geld.
Geld, für das die Klinik auch mehrere Festangestellte beschäftigen könnte.
Nehmen wir mal ein fiktives Beispiel:
Auf einer Station fangen zwei Pflegekräfte aus der Arbeitnehmerüberlassung an (abk. ANÜ).
Diese zwei beziehen ein Gehalt, welches weit über dem Tariflohn liegt (ich habe bereits angemerkt, dass man teilweise auf P16 kommen kann). Nun will aber die Arbeitnehmerüberlassung natürlich an diesem Geschäftsmodell mitverdienen. Berechnen wir also das Brutto-Gehalt der Kollegen von der ANÜ mit 30% Aufschlag des Arbeitgeber-Bruttolohns. Schon kommen wir in einen Bereich, der im unteren fünfstelligen Bereich liegt.
Für diese Summe könnte die Klinik stattdessen auch ~3,5 Pflegekräfte P8|2 beschäftigen.
Tut sie aber nicht.
Gibt es dafür eine Erklärung?
Meistens ja, denn der AG sieht hierbei einen kurzfristigen Bedarf an Pflegekräften, die er über ANÜ wirtschaftlich decken kann. Dazu benötigt er kurzfristig keine weiteren festangestellten Pflegekräfte.
Ist der Bedarf aber längerfristig vorhanden, also über 18 Monate hinausgehend, dann hat der AG ein Organisationsverschulden bei der Erstellung seiner wirtschaftlichen Planung begangen.
Ich kenne viele Kolleginnen und Kollegen, die sich über die ANÜ beschwert haben.
Es wurden immer wieder solche Sachen genannt, wie:
-ANÜ kostet viel Geld
-ANÜ hat wenig Qualität
-ANÜ versorgen nur Patienten
-ANÜ übernehmen keine weiteren organisationsbedingten Tätigkeiten,
- etc.
Nun muss man aber einen emotionallen Schritt zurück tätigen und die Sache mal nüchtern betrachten:
Eine ANÜ führt nur die Tätigkeiten aus, die auch im Vertrag vereinbart worden sind, dafür wird sie auch bezahlt.
Das Argument mit der geringeren Qualität ist nicht haltbar, da der Einsatz der ANÜ stets dann erfolgt, wenn die eigene Qualiät des AG/Station nicht mehr vorhanden ist, bzw. der Bedarf aus eigenen Mitteln nicht mehr gedeckt werden kann.
Das keine stationsinternen Arbeiten verrichtet werden, liegt auch darin begründet, dass dies nicht im vereinbarten Tätigkeitskatalog der ANÜ abgebildet ist und somit auch nicht bezahlt wird.
Das Ein- und Ausräumen von Material-/Medikamentenbestellungen ist und bleibt im Organisationsbereich der Station.
Auch weitere Hol- und Bringdienste fallen nicht in den Bereich der ANÜ, genausowenig wie haushaltsnahe Tätigkeiten.
Für Kolleginnen und Kollegen von Station mag das ein Fluch sein.
Für die ANÜ-Pflegekraft ist es ein Segen, da sie sich auf ihre Aufgabe konzentrieren kann: Die Versorgung des Patienten.
Und ein Argument wird gerne gebracht, bzw. dagegen gehalten:
Der Verdienst ist übertariflich. Und damit auch dem Arbeitsumfang und der Verantwortung einer Pflegekraft gerecht.
Wer argumentiert, dass Geld alleine nicht glücklich macht, verharmlost die immer weiter steigende Diskrepanz zwischen Gehalt und Inflation. Die Armut in Deutschland nimmt stetig zu und auch Pflegekräfte spüren die Belastung in ihrem Geldbeutel bei jedem Einkauf an der Kasse.
Und was tut sie dagegen? Meistens nichts. Sie organisiert sich nicht mal in den Verbänden, die eine Gehaltsanpassung erst möglich macht!
Stillschweigend wird ein monatlicher Kaufkraftverlust hingenommen. Die Tariflohnanpassungen liegen immer unter der Inflationsrate und sind somit ein schlechter Witz.
Nur jemand, dessen Grundbedürfnisse nach der Maslow'schen Pyramide erfüllt sind, wagt die menschenverachtende Aussage, dass Geld alleine nicht glücklich macht.