Kontraindikationen bei Hydrocolloidverbänden

Pierre25337

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Wer kann mir sagen, warum Hydrocolloidverbände bei pAVK und diabetischem Fuß kontraindiziert sind?
Vielen Dank! :P
 
So pauschal würde ich das nicht als Kontrindikation bei pAVK und diabetischem Fuss benennen. Fakt ist, dass aufgrund der relativen Hypoxie die unter diesen Verbänden entsteht bei klinisch infizierten Wunden darauf verzichtet werden soll. Dies gilt ach bei Wunden mit freiliegenden Sehnen oder Knochen sowie bei ischämischen Ulzera. Mittlerweile gibt es eine Vielzahl von Wundauflagen, die mit Sicherheit besser geeignet sind als die Hydrokollidverbände.

Letzendlich kommt es immer darauf an, warum die Wunde entstanden ist und wie der entsprechende Patient auf die den für ihn ausgewählten Wundverband reagiert. habe schon häufig Patienten gehabt, bei denen ich mit dem einen Verband gute Erfolge hatte und beim nächsten nicht voran kam.
 
Auf einer Informationsveranstaltung von Johnson & Johnson wurden diese Kontraindikationen genannt. Dies wurde auch schlüssig begründet, nur leider habe ich die Begründung vergessen aufgrund der Informationsflut. :P

Aber vielleicht hat ja doch noch jemand eine Idee?
Ich denke auch, dass es mit der Hypoxie zusammenhängt. Aber aus welchem Grund entsteht diese unter Hydrocolloidverbänden?

Danke!
 
Kontraindikationen bei Hydrokolloidverbänden

Huhu Zusammen,

generelle Kontraindikationen von Hydrokolloiden sind infizierte Wunden, freiliegendes Muskel-, Sehnen- oder Knochengewebe und ischämishe Ulcera = insbesondere die pAVK im Stadium 4.
Bei einer arteriellen Durchblutungsstörung steht zunächst immer eine Revaskularisation wie Dilatation oder Bypass-OP im Vordergrund. Ist dies aufgrund eines schlechten Allgrmeinzustandes des Patienten nicht mehr möglich, sind ischämische Ulcera nur trocken zu versorgen. Ein Hydrokolloidverband würde zum Andauen/Lysieren der Wunde/Beläge führen. Da bei einer arteriellen Verschlusskrankheit in der Tiefe keine Durchblutung vorhanden ist, kann ich jetzt regelrecht eine Wunde heranzüchten, die aufgrund der nicht vorhandenen Durchblutungssituation nicht abheilen kann. Im schlimmsten Falle kommt es zu einer Wundinfektion bis Sepsis, die sogar tödlich oder mit einer großflächigen Amputation enden kann.
Bei einer Diabeteserkrankung liegt keine generelle Kontraindikation für Hydrokolloide vor. Allerdings gehen mit der Grunderkrankung Diabetes mellitus häufig verbundene Probleme/Begleiterkrankungen wie eine verminderte Immunabwehr, ein erhöhtes Infektionsrisiko, eine Durchblutungsstörung aufgrund einer pAVK (s.o.), eine Empfindungsstörung aufgrund einer Polyneuropathie, Hautmykosen sowie rissige Haut mit tiefen Rhagaden einher.
Insbesondere beim Diabetischen Fußsyndrom ist für den Einsatz von Hydrokolloiden aufgrund der mit der Erkrankung verbundenen Risiken eine enge Indikationsstellung gegeben. Aufgrund des verminderten Schmerz- und Temperaturempfindens infolge der Polyneuropathie bemerken Patienten Entzündungszeichen nicht. Unter einem Hydrokolloidverabnd mit längeren Wechselintervallen kann sich so eine Infektion unbemerkt ausbilden.
Grundsätzlich ist der Eindsatz von Hydrokolloiden bei einer Diabeteserkrankung möglich. Maßgeblich sind immer die Herstellerangaben auf den jeweiligen Beipackzetteln.
Herzliche Grüße an alle Wundbegeisterten :)
 
Warum soll ein hydrocholloidverband bei ner infizierten Wunde kontraindiziert sein? oder meinst du quasi als einzige wundauflage? Könnte man schließlich kombinieren, und auch ne vernünftige Wundbehandlung trotz abeckendem hydrocholloidverband machen!
 
Hydrokolloide bei infizierten Wunden

Huhu,

Hydrokolloide sind bei infizierten Wunden generell kontraindiziert auch in Kombination mit anderen Wundauflagen. Diese Wundauflage hält die Wunde warm und feucht, was generell auch absolut wichtig ist, um eine Wundheilung adäquat zu unterstützen und beschleunigen. Bei infizierten Wunden kann aber durch zusätzliche Wärme und Feuchtigkeit eine Infektion noch regelrecht begünstigt und angestoßen werden, so dass sich eine kleine Infektion sehr schnell bis zu einer ausgprägten Osteomyelitis auswirken kann. Es gibt inzwischen auch Hydrokolloide mit Silberabgabe, die dadurch eine antiseptische Wirkung haben. Aber auch hier schreibt der Hersteller, dass sie nur für infektionsgefährdete nicht aber für infizierte Wunden einzusetzen sind.
 
Also ganz ehrlich kann ich das nicht so einfach glauben. Ne Abdeckung der Wunde muss drauf, und dadurch wird die Temperautr doch eh erhöht bzw gehalten darin.

Wenn ich jetzt beispielsweise ne Silber-Alginat-Kombi in die Wunde lege und dann mit nem hydrocolloid abschließe, dann ist das meiner MEinung nach völlig OK für ne infiziter Wunde!? Siehst du das anders nur weil es jetzt warm in der Wunde ist??

Dann müsste man deiner EMunung nach trockene Kompressen in die Wunde legen und es dann offen lassen? ;)
 
Huhu,

infizierte Wunden sollten zunächst mit einem lokalen zeitgemäßen Antiseptikum wie Octenisept oder Polyhexanidlösung gereinigt werden. Als Wundauflagen kommen antiseptische Auflagen wie silberhaltige Verbände z.B. Silberhaltige Alginate, Silberaktivkohle oder Wundauflagen mit nanokristallinem Silber in Frage. Inzwischen gibt es auch eine wirkstofffreie Wundauflage mit hydrophober Wechselwirkung (Cutisorb sorbact) die erfolgreich bei infizierten Wunden eingesetzt werden kann, da sie Keime und Bakterien bindet aber nicht wie Silber abtötet. Diese Auflagen können und dürfen bei infizierten Wunden nur mit Kompressen/Saugkompressen abgedeckt werden. Der Grund ist die beschleunigte Keimvermehrung unter warm- und feuchthaltenden Wundauflagen wie Hydrokolloiden. Die silberhaltigen Wundauflagen können je nach Herstellerangaben 1-3 Tage (z.T. länger) auf der Wunde belassen werden, die Kompressen müssen je nach Sekretion dann z.T. 1-mehrmals tgl. gewechselt werden. Sobald die Infektion abgeklungen ist, kann dann wieder mit anderen Abdeckungen wie z.B. Hydrokolloiden je nach Wundzustand und Sekretion gearbeitet werden.
Es steht auch deutlich in der Beipackzetteln der Hersteller, dass Hydrokolloide nicht bei infizierten Wunden eingesetzt werden dürfen.
Herzliche Grüße :wavey:
 
Also eben bis auf die Sache mit den Hydrocolloiden stimme ich dir ja zu :-)

Um mal auf ein konkretes Produkt zu kommen. Die Tielle Reihe aus der Jonsen & Jonson (weiß nicht wo das h in dem Wort hin kommt ;) ) Produktpalette ist doch ein weiterentwickelter hydrocolloid verband. Kennste das? Ich bin mir ziemlich sicher das da nichts steht von kontraindiziert bei infizierten Wunden... Aber halt nur ziemlich. Schaue das Montag mal nach :-)
Klar, bei ner infizierten Wunde gehe ich so vor wie du sagst, nur das ich halt nicht mit Kompressen abdecke sondern eben mit Tielle...
Eigentlich ist es recht schlüssig was du sagst, kann mir nur nicht vorstellen das das soviel ausmachen soll, schließlich ist ja das aufsaugende Alginat da drin...
 
Soweit ich weiss, ist das Tielle von Johnson und Johnson ein Hydropolymerverband und Smiokklusiv, im Gegensatz zum Hydrokolloid als Okklusivverband. Dadurch das ein "Gasaustausch" nicht gewährleistet ist, gehören die Hydrokolloide nicht auf infizierte Wunden, da sie sozusagen hermetisch abgeriegelt werden und somit ein ideales Milieu zur Keimexplosion hergestellt wird.
 
Hallo Zusammen,

Tielle ist, wie eben bereits beschrieben, ein Polyurethanschaumverband. Dieser feinporige Schaumverband ist in seiner Wirkweise grundsätzlich unterschiedlich zu den Hydrokolloidverbänden.
Allerdings gewährleisten alle dieser "modernen" Wundauflagen wie semipermeable Transparentfolien, Hydropolymerverbände, Hydrokolloide, Hydrokapillarverbände einen Gasaustausch (Sauerstoff kann in die Wunde eintreten und Kohlendioxdid wieder entweichen).
Hydrokolloide sollten nur bei mäßig bis schwach sezernierenden Wunden eingesetzt werden. Sie müssen mindestens 2-3 cm großflächig überlappend aufgeklebt werden. Sie wirken bei Kontakt mit dem Wundsekret mit einer Blasen- und Gelbildung. Dadurch wird die Wunde warm und feucht gehalten (und eben auch bei infizierten Wunden ein Keimwachstum enorm gefördert/beschleunigt, egal welche Produkte noch zusätzlich eingesetzt werden). Beim Verbandwechsel läuft einem dann ein gelbes, übelriechendes Sekret entgegen (= ist die Wirkweise der Platten; nicht mit Eiter zu verwechseln). Deshalb ist eine Reinigung mit Ringer oder NaCl 0,9% Lösung anschließend erforderlich.
Die Polyurethanschäume wirken folgendermaßen: Sie schließen überschüssiges Wundsekret, Zelltrümmer und Bakterien in ihre Schaumstruktur ein; einige Schäume, die sog. Hydropolymere bilden eine formstabile Blase (ohne Gelbildung) und können so auch kleine Wundunebenheiten mitauskleiden. Aber auch bei den Polyurethanschäumen gilt, sie halten die Wunden warm und feucht, um so die Kriterien für eine rasche Abheilung darzustellen. Tielle ist nicht ausdrüklich bei infizierten Wunden kontraindiziert, sollte aber eine klare Indikationsstellung befolgen und engmaschig beobachtet werden. Hier sind aber wieder genau die Beipackzettel zu studieren, denn z.B. das Suprasorb P, ebenfalls ein Polyurethanschaum, der dem Tielle sehr ähnlich sieht, ist vom Hersteller bei infizierten Wunden als kontraindiziet angegeben worden.
Generell denke ich, ist der Einsatz hier von antiseptischen Wundauflagen wie Silberhaltigen Verbänden effektiver und dadurch auch wirtschaftlicher, da diese zusätzlich bakterizid wirken. Während eine Abdeckung mit einem Polyurethanschaum ggf. ein Keimwachstum bei infizierten Wunden noch begünstigen kann.
Beste Grüße :flowerpower:
 
Also entweder vertu ich mich jetzt völlig oder ihr :-) Ich lese besser nochmal nach.
Meines Wissens ist es doch so das ein hydrocolloidverband eben NICHT hermetisch abriegelt, sondern wasserdampf durchlässt. Nur nichts rein. Und die Keime bei ner infizierten Wunde sollten ja schließlich von den Kombi-Produkten abgetötet werden (btw gibt es das Tielle Pflaster ja auch mit diesem zeugs das eventuelle keime aufnimmt und abtötet bzw bindet und somit die Vermehrung stoppt).
Soweit mein Wissensstand. Stimtm das jetzt so oder nicht - ihr verwirrt mich schon völlig :-)
 
flexi schrieb:
Hallo Maniac,
in der Produkt-Beschreibung von Tielle steht unter Gegenanzeigen u.a.:

Danke. Aber da kommt es doch drauf was als Kombiprodukt eingesetzt wird denk ich... Die BEschribung setzt ja Tielle als einzelnes produkt ein, und das sollte so natürlich nicht auf ne infizierte Wunde.
 
Hallo Maniac,
vielleicht musst du dir mal die Mühe machen, und mit "Tielle von Johnson und Johnson" googeln.....
Nachtrag: und den Beitrag von Kerstin in Ruhe lesen, nicht nur überfliegen, das steht alles drin....
 
Guter Ratschlag, jetzt wo ich Johnson schreiben kann ;-)

Erster gefundener Link: http://www.medizinfo.de/wundmanagement/wunddoku/pflegestandardwundbehandlung1-3.pdf

und siehe da...


Edit: Oh, hatte Probleme mit meinem Browser anscheinend. Sehe Kerstins Beitrag erst jetzt. Genau wie ich deinen erst anchher gelesen hatte, deswegen das 2. post...

sorry, lese jetzt, Kerstin :-)

So, hab das jetzt gelesen. Magst recht haben, das die Wärme nicht das Nonplusultra für die Heilung ist (in dem Stadium), aber ich bleibe bei der MEinung das das nichts ausmacht - eben weil die Keime durch Kombiprodukte gebunden werden.
Das Gel was du schreibst, wasbeim Tielle entsteht, erfüllt nach den Angaben sogar die Funktion Keime inaktiv zu machen!
In der Wundbehandlungstabelle die ich hier eben gepostet hab steht auch drin das Tielle anzuwenden ist...
 
Zuletzt bearbeitet:
...aber du merkst auch den Widerspruch zwischen den Veröffentlichungen derselben Firma zu ein und demselben Produkt??????
 
Ich merke nur das es nicht ganz klar zu sein scheint :-)
Ist scheinbar doch noch alles ein wenig Auslegungssache...
 
Hallo Kerstin, habe hier eine "Wundmanagerin",(Mitarbeiterin eines Sanitätshauses von Krankenkasse beauftragt) die empfiehlt Urgotüll S.A.G® und Cellosorb® in Kombination. Also Blödsinn, da vermehrtes Keimwachstum?:gruebel:

Kenne es eigentlich nur so, dass eine infizierte Wunde täglich kontrolliert werden soll. Hier ist die Empfehlung, den Verband 3 Tage zu belassen?????

P.S. Finde die Diskussion hier ausgesprochen interessant und lehrreich. Danke allen Beteiligten:up: :emba:
 
Huhu Eiseule,

ich wundere mich über diese Kombination. Urgotül S.Ag ist ein beschichtetes Wunddistanzgitter, das eine Mischung aus Natriumcarboxymethylcellulose und einem antibakteriellen Wirkstoff = Silber-Sulfadiazin enthält, die auf ein lipophiles Polyesternetz mit Vaseline aufgebracht werden (=Lipokolloidtechnik). Silber-Sulfadiazin ist eine Verbindung des Antibiotikums Sulfonamid und Silber (ist auch in Flammazine, die wenn überhaupt nur noch bei Verbrennungen zum Einsatz kommt; da lokale Antibiotika häufig zu Kontaktallergien und Resistenzen führen). Diese Wundauflage ist auch tatsächlich (wie Flammazine) zur lokalen Behandlung von oberflächigen, mittlerern oder tiefen Verbrennungen 2.Grades mit einem Infektionsrisiko bestimmt. Das Produkt ist ein verschreibungspflichtiges Medizinprodukt, im Gegensatz zu allen anderen "moderen " Wundauflagen wie Hydrokolloide, Polyurethanschäume, Alginate, etc., diese sind verschreibungsfähig aber nicht -pflichtig. Die Tragedauer dieser Wundauflage beträgt 1-2 Tage (weicht also schon von den angesprochenen 3 Tagen ab). Abgedeckt wird es mit einem Sekudärverband wie z.B. einer sterilen Kompresse und zur Befestigung einer elastischen Mullbinde.
Cellosorb ist eine nicht haftende, wasserdampfdurchlässige, absorbierende Wundauflage ebenfalls auf der Lipokolloid-Technologie. Es enthält eine Lipokolloid-Trägermatrix, eine superabsorbierende Polymerkompresse und einen semiokklusiven Vliesstoffträger aus Polyurethan.
Beide Auflagen zusammen würden in meinen Augen eine unsinnige Doppelung der Lipokolloidmatrix bedeuten. Es kann dadurch sogar zu großen Problemen kommen, wenn diese Distanzgitter nun doppelt aufeinader liegen. Der Abfluss von Wundsekret und Abfallstoffen wird behindert und der Gasaustausch kann so noch zusätzlich gravierend beeinträchtigt werden, so dass eine Infektion u.U.noch gefördert wird.
Die Indikationen für Cellosorb sind stark exsudierende chronische Wunden, allerdings auch Verbrennungen 2.Grades. Eine Kombination beider Produkte ist aber auch von der Firma URGO selber nicht vorgeschlagen worden.
Herzliche Grüße:flowerpower: