Fürstliches Gehalt in der Pflege und andere Irrtümer

ATVTourismus

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16.11.2022
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Beruf
Gesundheits- und Krankenpfleger
Akt. Einsatzbereich
Anästhesie
Funktion
Pain-Nurse, MPG-Beauftragter
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

ich bin Krankenpfleger und seit 2013 examiniert. Seit bereits 13 Jahren bin ich in der Pflege tätig und habe schon einige Fachbereiche durchlaufen. Immer wieder kommt man mit verschiedenen Irrtümern und Meinungen in Kontakt, wenn man über seine Tätigkeit spricht.
Sehr häufig ist die Meinung der Gesellschaft, dass wir Pflegekräfte nicht nur ein fürstliches Gehalt für einen Handwerksberuf verdienen, sondern auch finanziell zurückstecken müssen, was unsere Gehaltsvorstellungen anbelangt, da Pflege ja nicht ein Beruf, sondern eine Berufung sei.

Mit diesen Irrtümern und Meinungen, die blanker Hohn sind, räume ich in meinen Videos auf YouTube auf.

In meinem ersten Video vergleiche ich die Brutto- und Nettogehälter in der Pflege. Ich orientiere mich dabei an dem Tarifvertrag öffentlicher Dienst Pflege 2022. Ich vergleiche hier den Verdienst einer Krankenschwester auf der Normalstation, auf der ITS/Funktionsdienst und das Gehalt einer Krankenschwester auf der ITS mit FWB A&I.
Dabei rechne ich auch den Monatslohn auf den Stundenlohn um, damit Menschen, die nichts mit der Pflege zu tun haben, auch anhand des Stundenlohnes sehen können, dass die Meinung, Pflegekräfte verdienen mehr als genug, eine falsche Wahrnehmung sei.

In meinem zweiten Video stelle ich mein eigenes Gehalt dar und auch meinen Werdegang in der Pflege.

In meinem dritten Video behandle ich die Kosten, die eine Pflegekraft mit ihrem Gehalt im Monat stemmen muss. Dabei habe ich ein fiktives Beispiel erstellt und die Kosten dafür berechnet. Das Ergebnis wird für die Kolleginnen und Kollegen hier nicht überraschend sein, aber für Menschen außerhalb unseres Berufszweiges wohl schwer vorstellbar.


In meiner Freizeit betreibe ich einen Blog, auf dem ich Artikel zum Thema CaraVanLife und IRL-Streaming veröffentliche. Zusätzlich auch einige Themen, die ich als Krankenpfleger für erwähnenswert halte und auch meine Erfahrungen als ATV-Fahrer.


Ich freue mich auf konstruktiven Gedankenaustausch mit Euch.
 
Sehr häufig ist die Meinung der Gesellschaft, dass wir Pflegekräfte nicht nur ein fürstliches Gehalt (…) verdienen
Die Meinung hab ich noch nicht gehört.

Meistens wird es eher so dargestellt, als würden Pflegekräfte arme Hungerleider sein, die am Existenzminimum rumkrebsen.

Das ist aber genau so unsinnig, als wenn jemand tatsächlich meint, wir hätten ein „fürstliches Gehalt“.

Fakt ist, daß zumindest Gesundheits- und Krankenpfleger überdurchschnittlich verdienen im Vergleich zum Bevölkerungsdurchschnitt - anders schaut’s bei den Altenpflegern aus, aber die kamen ja in Deiner Betrachtung (zumindest im 1. Video) nicht vor.

Natürlich ist die Meinung, Pflege sei ein „Handwerksberuf“ nicht nur komplett schwachsinnig, sondern auch eine bodenlose Frechheit; vielmehr handelt es sich natürlich um einen Gesundheitsberuf mit allen daran hängenden möglichen Konsequenzen (beim kleinsten Fehler schlimmste mögliche Folgen für den Patienten, durchaus vergleichbar mit Ärzten).

Auch von der Ausbildung her übersteigt Pflege an Komplexität nicht nur die meisten Handwerks-, sondern generell fast alle gängigen Ausbildungsberufe. Nicht umsonst ist daher die pflegerische Ausbildung in fast allen zivilisierten Ländern akademisch, bei uns hingegen ein Anachronismus, der der Realität schon lange nicht mehr gerecht wird.
Daher muss sich das pflegerische Gehalt folgerichtig eher an dem von Ärzten oder Ingenieuren orientieren, und es wird nicht umsonst von bedeutenden Pflegeorganisationen ein Einstiegsgehalt von 4000€ gefordert.
sondern auch finanziell zurückstecken müssen, was unsere Gehaltsvorstellungen anbelangt, da Pflege ja nicht ein Beruf, sondern eine Berufung sei.
Das wird gelegentlich von Ahnungslosen geäußert, ist aber völliger Nonsens - siehe auch meine Ausführungen zur Komplexität unserer Ausbildung.
Ansonsten könnte man ja auch fordern, Ärzte sollten „mal zurückstecken“, weil das ja „eine Berufung“ sei.
In meinem ersten Video vergleiche ich die Brutto- und Nettogehälter in der Pflege. Ich orientiere mich dabei an dem Tarifvertrag öffentlicher Dienst Pflege 2022. Ich vergleiche hier den Verdienst einer Krankenschwester auf der Normalstation, auf der ITS/Funktionsdienst und das Gehalt einer Krankenschwester auf der ITS mit FWB A&I.
Dabei rechne ich auch den Monatslohn auf den Stundenlohn um, damit Menschen, die nichts mit der Pflege zu tun haben, auch anhand des Stundenlohnes sehen können, dass die Meinung, Pflegekräfte verdienen mehr als genug, eine falsche Wahrnehmung sei.
Du hast Dir da viel Mühe gemacht; aber das mit dem Netto hättest Du Dir komplett sparen können:
Für Gehaltsvergleiche relevant ist immer nur das Bruttogehalt. Den Grund nanntest Du ja selbst im Video:
Jeder ist in einer anderen Steuerklasse, oder es gibt Sonderzahlungen, oder oder.
Im übrigen haben ja auch alle anderen Arbeitnehmer Abzüge durch Steuern.
 
Zuletzt bearbeitet:
Den Kollegen vor mir ist Recht zu geben! Mit Deinen Darstellungen zu Deiner Wahrnehmung stehst Du sehr allein da!!!
 
Das ist aber ein seeehr individuelles Beispiel.

ZB
- 1200 BU Beitrag (ist dann ja kein Berufsanfänger mehr?!)
- 900 sonstige Versicherungen...
- 600 Kleidung
- 600 "Hobby"
- 360 Verdi
- kein eigenes KFZ (ist dann wohl hier wieder der Berufsanfänger - oder Großstadtkind. Dagegen spricht:)
- exorbitante Kilometerlaufleistungen. Bei solchen Laufleistungen ist von Landwohnsitz auszugehen, dann sollte die Wohnung günstiger/ größer sein.
- 1200 Euro Internet/Handykosten im Jahr sind auch verrückt.

Dann stimmen die Gehälter nicht, mMn. Ich kenne nur den AVR aus dem ff, aber da ich der Meinung bin, dass dieser dem TVÖD nachgezogen wurde, sollte das Einstiegsgehalt netto über 2.000 Euro liegen.
Im Übrigen wird es zwar erwähnt, macht aber null Sinn, weder Zuschläge noch Zulagen beispielhaft zu berechnen. Denn nach dem Examen nur Tagdienst in der Woche zu machen, sollte eher die Ausnahme sein.
Jahressonderzahlung vergessen.
Eine FWB Fachkraft kann schlecht in der Eingangsstufe sein, das Gehalt liegt dort also höher.

Dann können Krankenschwestern grundsätzlich eh nicht frisch examiniert sein, da diese seit 2003 nicht mehr ausgebildet werden. Krankenschwestern haben mindestens 20 Jahre Berufserfahrung.

Kurzum: Das Beispiel ist tendenziell so dargestellt, dass möglichst wenig über bleibt. Kann man auch anders herum aufziehen. Beides wird sicher nicht dem Durchschnitt entsprechen.
 
Das ist aber ein seeehr individuelles Beispiel.
Allerdings! ;)
Eine FWB Fachkraft kann schlecht in der Eingangsstufe sein, das Gehalt liegt dort also höher.
Ich glaube, er meinte damit, daß eine Pflegekraft mit FWB auf Intensiv in P 9 in der Stufe 2 (Stufe 1 scheint es hier nicht zu geben...) beginnt.
Dann können Krankenschwestern grundsätzlich eh nicht frisch examiniert sein, da diese seit 2003 nicht mehr ausgebildet werden. Krankenschwestern haben mindestens 20 Jahre Berufserfahrung.
:D Stimmt, da hast Du recht! Wir müßten eigentlich von Gesundheits- und Krankenpflegerinnen sprechen... und ab nächstem Jahr von Pflegefachfrauen (dann machen die ersten ihr Examen). Vermutlich hat sich @ATVTourismus hier halt dem allgemeinen Sprachgebrauch angeschlossen, damit es auch der berühmte "kleine Mann" von der Straße versteht.
Ist aber trotzdem verkehrt und Du hast recht, Maniac.
 
Ich glaube, er meinte damit, daß eine Pflegekraft mit FWB auf Intensiv in P 9 in der Stufe 2 (Stufe 1 scheint es hier nicht zu geben...) beginnt.

:D Stimmt, da hast Du recht! Wir müßten eigentlich von Gesundheits- und Krankenpflegerinnen sprechen... und ab nächstem Jahr von Pflegefachfrauen (dann machen die ersten ihr Examen). Vermutlich hat sich @ATVTourismus hier halt dem allgemeinen Sprachgebrauch angeschlossen, damit es auch der berühmte "kleine Mann" von der Straße versteht.
Ist aber trotzdem verkehrt und Du hast recht, Maniac.

Schon klar, aber bis eine PK eine FWB Intensiv hat, ist sie nun mal nicht mehr in der P2.

Kann man machen, wenn man muss - dann sollte man es mMn aber erwähnen und richtig stellen.
Ich persönlich halte mich idR an die Begrifflichkeit Pflegefachkraft...
Ist ja auch nur meine Meinung ;-)
 
Fakt ist, daß zumindest Gesundheits- und Krankenpfleger überdurchschnittlich verdienen im Vergleich zum Bevölkerungsdurchschnitt - anders schaut’s bei den Altenpflegern aus, aber die kamen ja in Deiner Betrachtung (zumindest im 1. Video) nicht vor.
Fakt ist das es in der Pflege einen Mindestlohngesetz gibt, von aktuell 17,10 € Stunde für "alle" Pflegefachkräfte.
Im Jahr 2021 betrug der durchschnittliche Stundenlohn in Deutschland 19,88 Euro pro Stunde, Quelle "statista".

Wenn das Unternehmen sich dann noch an einen Tarif mit ungünstigen Konditionen anlehnt, dann ist da nichts
mit fürstlicher bzw. überdurchschnittlicher Entlohnung.
 
Ich habe ehrlich gesagt noch nie gehört, dass jemand unserer Berufsgruppe "fürstliche Gehälter" vorwirft.

Die Ausbildungsvergütung ist vergleichsweise großzügig, das stimmt. Aber das Gehalt eben etwas über dem Durchschnitt, und das auch nicht bei jedem. Und ganz sicher nicht so weit überm Durchschnitt, dass es als fürstlich bezeichnet werden könnte.
 
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Reaktionen: Martin H.
Fakt ist das es in der Pflege einen Mindestlohngesetz gibt, von aktuell 17,10 € Stunde für "alle" Pflegefachkräfte.
Im Jahr 2021 betrug der durchschnittliche Stundenlohn in Deutschland 19,88 Euro pro Stunde, Quelle "statista".

Wenn das Unternehmen sich dann noch an einen Tarif mit ungünstigen Konditionen anlehnt, dann ist da nichts
mit fürstlicher bzw. überdurchschnittlicher Entlohnung.
Du vergleichst hier den Mindestlohn mit dem Durchschnittslohn.
Zum Vergleich: Der „normale“ Mindestlohn (außerhalb der Pflege) beträgt seit Oktober 12 Euro und war davor noch niedriger!
Fakt ist, daß Krankenpflege nicht unterdurchschnittlich bezahlt wird:

Doch das Mantra von der schlecht bezahlten Pflege lässt sich nicht ohne weiteres halten: In der Krankenpflege steigen die Gehälter seit Jahren überdurchschnittlich. Das führt dazu, dass der mittlere Verdienst heute höher ist als das mittlere Einkommen über alle Berufsgruppen hinweg. Krankenpflegekräfte verdienen besser als viele Beschäftigte in anderen Dienstleistungs- oder auch Handwerksberufen. Sie können selbst mit einigen Industrieberufen mithalten oder übertreffen diese sogar. Die Bezahlung in der Krankenpflege ist zudem deutlich besser als die in der Altenpflege – dort verdienen Mitarbeiter nur unterdurchschnittlich.“


Daß Pflege trotzdem bzgl. Anspruch an Wissen und Können, Verantwortung und Arbeitsbelastung im Vergleich zu anderen Berufen nicht angemessen bezahlt wird, steht auf einem anderen Blatt.
 
Das steht auf keinem anderen Blatt und es ist auch keine Frage der Pflege. Sondern eine ganz betriebswirtschaftliche zwischen Angebot und Nachfrage. Das macht jede andere Branche auch so. Ende. Es muss finanziert werden. Wenn das nicht getan wird wie bisher... wir sehen was momentan passiert.
 
Das steht auf keinem anderen Blatt und es ist auch keine Frage der Pflege. Sondern eine ganz betriebswirtschaftliche zwischen Angebot und Nachfrage. Das macht jede andere Branche auch so. Ende. Es muss finanziert werden. Wenn das nicht getan wird wie bisher... wir sehen was momentan passiert.
Das stimmt schon, denn bei deinem Beispiel regelt es nunmal die freie Marktwirtschaft . Aber ich denke, dass Martin es eher auf den moralischen Aspekt bezieht und da finde ich trifft er genau den Punkt.
 
Das steht auf keinem anderen Blatt und es ist auch keine Frage der Pflege. Sondern eine ganz betriebswirtschaftliche zwischen Angebot und Nachfrage. Das macht jede andere Branche auch so. Ende.
Wenn ich Dich richtig verstehe, regelt sich sowas (Deiner Ansicht nach) in der freien Marktwirtschaft durch Angebot bzw. Nachfrage.
Nur herrscht im Gesundheitswesen allgemein und in der Pflege im speziellen keine freie Marktwirtschaft: Stichwort Kostendeckelung.
Ansonsten wäre es nicht zu erklären, daß zwar eine totale Angebotsverknappung herrscht (viel zu wenige Pflegekräfte) bei einer gleichzeitig riesigen Nachfrage (ganz viele unbesetzte Stellen): In anderen Branchen würden bei einer solchen Konstellation die Gehälter durch die Decke gehen und die Leute könnten in der Tat "fürstliche Gehälter" fordern (und kriegen). Z. B. ITler, Ingenieure etc.
Es muss finanziert werden. Wenn das nicht getan wird wie bisher... wir sehen was momentan passiert.
Was passiert denn, wie meinst Du das?
 
Aber ich denke, dass Martin es eher auf den moralischen Aspekt bezieht und da finde ich trifft er genau den Punkt.
Jein. Nicht nur.
Mir geht es vor allem um den Aspekt der Daseinsvorsorge; das Gesundheitswesen gehört zu den Bereichen, in denen der Staat die Grundversorgung seiner Bürger sicher zu stellen hat.
Dieser Verpflichtung kommt er aus meiner Sicht nicht (mehr) bzw. nicht in ausreichendem Maße nach. So werden z. B. "unangenehme" Betriebe gerne aus dem staatlichen (bzw. städtischen/kommunalen) Bereich ausgegliedert und anderen Trägern (kirchlichen und privaten) überlassen. Mit den entsprechenden Folgen: Wesentlich weniger Rechte für Arbeitnehmer (z. B. Streikverbot bei kirchlichen Trägern wegen dem "3. Weg" u. ä.).
Dadurch stiehlt sich der Staat billig aus seiner (!) Verantwortung und drückt die Kosten.
Auf der anderen Seite drückt er den Pflegekräften Pflichten auf, die sie so in der Privatwirtschaft nirgends hätten (z. B. Dienstverpflichtung für Klinikmitarbeiter im Katastrophenfall).
Im Endeffekt funktioniert das ganze System nur noch auf Kosten der Knochen der Pflegekräfte.


Mehr zur Daseinsvorsorge:
 

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