CSU plant verpflichtendes Deutschland-Praktikum

spflegerle

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CSU plant verpflichtendes Deutschland-Praktikum
Die CSU möchte Azubis und Studierende zu einem sogenannten Deutschland-Praktikum bei sozialen Organisationen oder der Bundeswehr verpflichten.
Das gehe aus einem Positionspapier hervor, das der Parteivorstand an diesem Montag beschließen will, berichtete die Süddeutsche Zeitung.
Das Kurzpraktikum soll für alle Geschlechter verpflichtend sein.
Wie lang ein solches Praktikum sein soll, werde in dem Papier mit dem Titel Bekenntnis zu Bundeswehr und Bündnissen nicht festgelegt, auch ein konkreter Termin zur Einführung wird nicht genannt.
Junge Menschen könnten es bei "staatlichen, sozialen, ökologischen und zivilgesellschaftlichen Einrichtungen oder der Bundeswehr" absolvieren.
Und dann wird noch darauf hingewiesen: "Eine Rückkehr zur Wehrpflicht durch die Hintertür sei das nicht, sagt die CSU. "

Ich bin bei diesem Thema ziemlich unentschieden.
Meine persönliche Vita wäre eher dazu geeignet, diesem Vorschlag zuzustimmen, da ich ohne den Zivildienst sicherlich nie Kontakt zum Pflegebereich bekommen und mich wohl beruflich völlig anders entwickelt hätte.

Von allen Bürgern eine Art soziale Bürgerpflicht einzufordern hat aber etwas Bevormundendes, das sicherlich auf große Widerstände stoßen würde.
Das sieht man ja schon in unserer Branche und dem sehr emotional geführten Widerstand gegen eine Pflegekammer (die ja für die Gegner auch einfach nur mit Zwang verbunden wird, und das ja letztendlich auch ist).

Auf der anderen Seite wünsche ich mir des öfteren bei so manchem schwierigen Charakter, dass dieser doch besser mal einen Blick über seinen kleinen Tellerrand geworfen hätte um sich ernsthaft in die Lebensrealität von Menschen versetzen zu können, über die er gerade mal wieder so arrogant hinweg entscheidet. Das trifft vor allem auf Menschen zu, die in gehobenen Entscheidungspositionen sitzen (Führungsverantwortliche, Politiker, usw...).
Von jedem eine gewisse Zeit sozialen Engagements einzufordern, wäre also durchaus in meinem Sinne.

Stellt sich natürlich die Frage, was hierbei der freiwillige Dienst bei der Bundeswehr helfen könnte?
Und vor allem stellt sich die Frage, wie das konkret in der Umsetzung aussehen könnte? Wenn es einfach nur die Beschaffung billiger Arbeitskräfte für den Sozialbereich sein soll, dann ist das auf keinen Fall hilfreich. Aber man kann es schon ahnen, dass solche Zwangsfreiwilligen dann schnell den Stellenplan aufhübschen. Das hat schon zu meiner Zivildienstzeit so ausgesehen, und es dürfte schwer zu verhindern sein, dass sich das wiederholt. Auf Konkretisierungen dieser Idee darf man auf jeden Fall gespannt sein.

Wie wäre eure Haltung zu diesem Thema?

fragt sich
spflegerle
 
Auf der anderen Seite wünsche ich mir des öfteren bei so manchem schwierigen Charakter, dass dieser doch besser mal einen Blick über seinen kleinen Tellerrand geworfen hätte um sich ernsthaft in die Lebensrealität von Menschen versetzen zu können, über die er gerade mal wieder so arrogant hinweg entscheidet.
Hallo,
ich befürchte deine Hoffnungen werden bitter enttäuscht.
Denn der Zivildienst wurde erst 2011 abgeschafft. heißt diejenigen die du meinst, sollten zu ihrer Zeit, also vor etwa 20, noch den Zivildienst gemacht haben - genutzt hat es nach deinen Aussagen wohl nicht viel.

Um nicht deutlichere Ausdrücke zu gebrauchen etwas abgeschwächt
Unerzogen bleibt unerzogen, da hilft auch kein Zivildienst.
 
Puh, schwierige Angelegenheit...
Könnte, wenn es sehr gut umgesetzt wird, eine gute Sache sein. Allen Menschen den Kontakt zu solchen Einsatzbereichen zu vermitteln, damit sie das überhaupt mal kennenlernen, klingt zunächst mal sinnvoll. Aber es kommt auf jeden Fall auf die Umsetzung an. Wenn die nicht richtig super ist, habe ich da gewisse Zweifel:
  • Je nachdem, wie lange ein solches Praktikum sein soll, ist es für die Einrichtungen eher eine zusätzliche Belastung als eine Entlastung. Denn in der Einarbeitungszeit machen Praktikanten viel Arbeit. Erst wenn sie lange genug da sind, helfen sie der Einrichtung.
  • Zeitgleich tauchen sie aber auf dem Dienstplan auf, wodurch vorgetäuscht wird, dass mehr Personal, also weniger Arbeitsbelastung da ist, obwohl das Gegenteil der Fall ist.
  • Auch wenn es durch die entsprechenden Politiker abgestritten wird... Es hat doch eine sehr starke Ähnlichkeit mit der Wehrpflicht früher, nur mit dem Unterschied, dass dabei eben auch Mädchen/Frauen verpflichtet werden sollen und nicht nur die Jungs/Männer.
  • Soziale Einrichtungen (oder auch die anderen o.g. Einrichtungen) haben eigentlich keinen Erziehungsauftrag gegenüber ihren Praktikanten. Also Menschen mit dissozialer Einstellung durch ein solches Praktikum zu sozialerem Verhalten zu erziehen, dürfte sich auch eher schwierig gestalten. Das ist ja selbst bei gerichtlich auferlegten Sozialstunden schon schwer, obwohl da der Auftrag dazu da ist.
Vielleicht alles keine Probleme, für die man nicht eine Lösung finden könnte, aber wie gesagt... Gute Umsetzung ist alles... :weissnix:
 
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Denn der Zivildienst wurde erst 2011 abgeschafft. heißt diejenigen die du meinst, sollten zu ihrer Zeit, also vor etwa 20, noch den Zivildienst gemacht haben - genutzt hat es nach deinen Aussagen wohl nicht viel.
Oder sie waren beim Bund, nicht wehrdiensttauglich, wurden in Berlin geboren oder hatten das verkehrte Geschlecht.
 
Ich bin bei diesem Thema ziemlich unentschieden.
Meine persönliche Vita wäre eher dazu geeignet, diesem Vorschlag zuzustimmen, da ich ohne den Zivildienst sicherlich nie Kontakt zum Pflegebereich bekommen und mich wohl beruflich völlig anders entwickelt hätte.
Bei mir im weitesten Sinne ähnlich.
Aber andererseits muß man ganz klar sagen:
Es gibt doch den Bundesfreiwilligendienst (BUFDI), den machen doch auch etliche! Der hatte doch mal ziemlichen Zulauf.
Was wollt ihr denn noch mehr?
Wie wäre eure Haltung zu diesem Thema?
Ich halte von diesem Vorschlag der CSU gar nichts.
Wenn die Hoffnung dahinter sein sollte, damit den Pflegenotstand zu bekämpfen, dann kann man das nur als Schwachsinn bezeichnen. :wut:
Auch die Zivis haben damals im Endeffekt nicht wirklich was gebracht. Und wenn doch, dann war das ungesetzlich (denn das hieße, daß sie Aufgaben übernommen hatten, die sie - als komplett Ungelernte - gar nicht hätten übernehmen dürfen)!! :mad:
 
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Wenn die Hoffnung dahinter sein sollte, damit den Pflegenotstand zu bekämpfen, dann kann man das nur als Schwachsinn bezeichnen. :wut:
Naja. Wenn man damit die Hoffnung verbindet, dass durch einen solchen Dienst mehr junge Menschen überhaupt erst mit dem sozialen Sektor in Berührung kommen und einige von ihnen vielleicht doch kleben bleiben, dann wäre ein solcher Dienst nicht völlig umsonst.
Der Pflegenotstand wird so natürlich kurzfristig nicht bekämpft, schon klar, und als Lückenbüßer taugen solche Praktikumsstellen sowieso nichts, aber vielleicht steigert es die Bewerberzahlen und kann damit langfristig doch einen Teil zum Abbau des Pflegenotstandes beitragen.

Gruß spflegerle
 
Ich finde das sind alles hilflose Versuche, die in der Vergangenheit schon nichts gebracht haben.
Es liegt ja nicht daran, dass die Schulen nicht ihre Ausbildungsplätze voll bekämen, im Gegenteil.
Es liegt doch daran, dass die durchschnittliche Verweildauer bei etwa 7Jahren liegt.

Es gibt doch genügend GuKs in der BRD, die nur nicht in dem Beruf arbeiten und genügend GuKs die an Berufsflucht denken.
Dagegen hilft weder das Ausland noch mehr AZUBIs.

Wenn das Fass ein Loch hat muss ich dieses Stopfen, also die Ursache beseitigen und nicht immer mehr Wasser nachgießen.
 
Nicht wenige sehen die verschärfung des Pflegenotstandes durch die Abschaffung des Zivi Dienstes. Der Zusammenhang steht hierbei aber nicht in der nun fehlenden Akquise von potentiellen Fachkräften, sondern eher darin das diese ja gepflegt haben.

Also so ganz ist der Punkt bzgl. "Lücken füllen" nicht von der Hand zuweisen.

Darüber hinaus sehe ich wenig "Akquisen Potential" im verpflichtenden Zivi Dienst im allgemeinen. Wenn die Person vorher keine (noch nicht mal Ideellen) Berührungspunkt mit dem Sozialen Sektor hatte, dann wird ihm das Aufzwingen eines solchen Tätigkeitsfeldes auch nicht dazu bewegen. Und wenn doch, dann eher im Promill Bereich.

Wir haben eine beträchtliche Anzahl von FSJlern und Bufdi´s. Die zeiten des Verpflichtens würden einzig der Bundeswehr zu gute kommen.
 
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Die zeiten des Verpflichtens würden einzig der Bundeswehr zu gute kommen.

Das sehe ich genauso.
Zwar kann ich den Beweggrund nachvollziehen, aber mir stellt sich die Frage, wie das insbesondere im Pflegebereich gelingen soll. Empathie, Einfühlungsgefühl und eine derart notwendige Bereitschaft sich einzubringen kann denke ich nicht von oben herab diktiert werden.
Das Geld, das das Land durch den daraus folgenden späteren Eintritt in das Berufsleben verliert (Steuerzahler!) sollte eher in die Attraktivitätssteigerung und Umfeldverbesserung gesteckt werden!
 
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