Verbandswechsel in der ambulanten Pflege

Franzi638

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Potsdam
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Ausbildung Gesundheits- und Krankenpflegerin
Hallo,

ich bin Krankenpflegeazubi und habe meinen praktischen Einsatz zur Zeit in der ambulanten Pflege.
Unmittelbar vor diesem Einsatz haben wir in der Schule Verbandswechsel besprochen und auch auf einigen Stationen im Krankenhaus üben dürfen.

Nun stelle ich jedoch (mal wieder) fest, dass Theorie und Praxis wieder extrem auseinanderklaffen :wink:

Dort werden offene Dekubiti und andere Wunden unsteril verbunden, sterile Verpackungen werden aufgerupft, wenn was runter fällt, wird es eben doch noch verwendet, die Verbandmaterialien werden mit einer Haushaltsschere zerschnitten und übriggebliebene (eigentlich sterile) Materialien werden aufgehoben für den nächsten VW.

Klar, es leuchtet ein, viele Patienten müssen die Materialien selber bezahlen und somit kann man damit nicht so großzügig umgehen wie im Krankenhaus. Allerdings muss doch trotzdem eine gewisse Sicherheit für den Patienten bestehen.

Mir wurde auf Nachfragen erklärt, dass die Keime, die zu Hause bei den Patienten sind, seine eigenen sind und diese nicht so agressiv wie die im Krankenhaus seien. Allerdings find ich das sehr eigenartig, da man vorher ja auch bei anderen Patienten war etc.

Genauso werden s.c und i.m. Injektionen ohne Desinfektion durchgeführt,
Blasenkatheter werden diskonnektiert um neue (saubere) Ableitungssysteme anzuschließen.

Letzendlich geht das ja alles schon irgendwie, aber möchte man sich ggf. für ein solches Verhalten verantworten müssen?!


Wie geht ihr denn damit um, die ja tagtäglich damit zu tun habt?
Hat man denn überhaupt die Möglichkeit steril zu arbeiten?

Liebe Grüße aus dem großen Berlin,
Franzi :wink:
 
Hallo,

aus der Sicht eines Auzubis, sieht es sicherlich so aus, dass wir an den Patienten zu Hause rumpfuschen, aber dem ist nicht so.

Die Erklärung, die dir gegeben wurde ist eine sehr wichtige!
Zu Hause sind nur die eigenen Keime, an diese sind die Patienten gewöhnt, die machen sie nicht krank, im Gegensatz zu denen die im Krankenhaus rumschwirren.

Zum anderen sind die meisten Wunden die wir in der ambulanten Pflege versorgen alles andere als steril, bei den meisten handelt es sich um chronische Wunden wie Ulcera und Dekubiti, die müssen nicht zwangsläufig steril versorgt werden, zum Teil bekommt man von den Hausärzten nicht mal steriles Material verschrieben.
Allerdings würde ich kein Material verwenden, das auf den Boden gefallen ist, das finde ich persönlich schon sehr eklig.

Was die Injektionen angeht habe ich zu Hause noch nie !! einen Spritzenabszess oder ähnliches gesehen.
Die Patienten würden dich wahrscheinlich komisch angucken wenn du immer die Nadeln wechselst.


Ich denke aber auch in gewissen Punkten hast du recht, denn es ist oft so, dass Theorie und Praxis weit voneinander entfernt sind, aber das gilt auch fürs Krankenhaus. :wink:

Aber ich denke auch
 
Zara schrieb:
Was die Injektionen angeht habe ich zu Hause noch nie !! einen Spritzenabszess oder ähnliches gesehen.
Die Patienten würden dich wahrscheinlich komisch angucken wenn du immer die Nadeln wechselst.

Ich hoffe inständig, dass du jetzt von Insulin-Pens sprichst, und nicht von i.m. Injektionen?!
 
Blasenkatheter werden diskonnektiert um neue (saubere) Ableitungssysteme anzuschließen.
Tja die liebe Theorie und die Praxis.

Als Azubi bekommst du wahrscheinlich nicht mit, mit welchen Schwierigkeiten man manchmal kämpfen muß, um an das benötigte Material heranzukommen. Nicht jeder Arzte sieht ein, dass es gewisse Regeln und Standards gibt, nach denen man arbeiten sollte. Auch die Krankenkassen verweigern häufig die ausreichende Bereitstellung der Materialien. Häufig bekommst du von den Kassen nur noch Kathetersets bewilligt, die schon von der Grundausstattung her nicht das notwendige Material beinhalten um entsprechend den vorhandenen Standards zu arbeiten.

Wir sind bei mir im Pflegedienst auch gezwungen, Blasenkatheter zu diskonnektieren. Am Anfang fand ich das ziemlich gruselig, aber, wenn ich auf 8 Jahre Berufserfahrung zurückblicke: In ganz wenigen Fällen tauchten in diesen 8 Jahren Infektionen auf und wenn, dann bei Patienten, die offensichtlich dafür sehr empfänglich waren. Es handelte sich hier ausnahmslos um Patienten, die auch in dauerkatheterfreien Zeiten immer wieder Probeme mit solchen Infektionen hatten und auch im Krankenhaus mit Infektionen zu kämpfen hatten.

Wie geht ihr denn damit um, die ja tagtäglich damit zu tun habt?
Hat man denn überhaupt die Möglichkeit steril zu arbeiten?

Tja, steril arbeiten in der ambulanten Pflege ist ein Kapitel für sich. Wir bemühen uns, unter den gegebenen Umständen die bestmögliche saubere Arbeit zu gewährleisten. Theoretisch müßte man sich bei jedem 2. Patienten auf den Boden werfen und trommeln, sich weigern, unter solchen Bedingungen zu arbeiten. Leider führt das nicht zu dem Ergebnis, dass man sich wünscht.

Thema Wundversorgung:
Auf den Boden gefallenes Verbandsmaterial würde ich aber auf keinen Fall noch einmal verwenden. Wir bilden auf meiner Arbeitsstelle mit mehreren ein sogenanntes "Wundversorgungs-Team". Wir alle haben Zusatzausbildungen zu diesem umfangreichen Themengebiet und kennen uns sehr gut mit der modernen Wundversorgung aus. Oft schaffen wir es, die Ärzte davon zu überzeugen, das ES-Kompressen und Beta Salbe nicht mehr die Behandlungsmethode der Wahl ist ;-) Manchmal muß man aber auch die Zähne zusammenbeissen und versuchen, aus der vom betreffenden Arzt erzeugten Mangelsituation das beste zu machen. In einem Extremfall bin ich allerdings auch so weit gegangen, dass ich ein kleines persönliches Gespräch mit den Angehörigen geführt habe, mit dem Konsenz, sie möchten doch bitte den Arzt wechseln.

Ich warte allerdings auf Anweisungen von Seiten der Krankenkasse, zwecks Reduzierung der Kosten, dass demnächst diverse Verbandsmaterialien auswaschen, getrocknet wiederverwendet werden müssen :verwirrt:

Ich hoffe inständig das du jetzt von Insulin-Pens sprichst, und nicht von i.m. Injektionen?!
Ich bete mit dir ;-)
Einzig bei Insulinpens wechsele ich nicht grundsätzlich nach jeder Injektion die Nadel. Ich würde es gerne tun, aber dann komme ich als Kostentreiberin an den Pranger. Ich halte dies auch nicht für zwingend erforderlich. Wenn ich sehe, wie sich manche Diabetiker seit Jahren spritzen ohne Schaden zu nehmen (Nadel selten wechseln, spritzen z.B. durch die Hose/Rock hindurch), mache ich damit sicher keine unverzeihlichen Fehler der Patienten schädigt. Bei allen anderen Injektionen werden selbstverständlich immer neue Nadeln verwendet.
 
Maniac schrieb:
Ich hoffe inständig, dass du jetzt von Insulin-Pens sprichst, und nicht von i.m. Injektionen?!

Also eigentlich sollte doch das ziemlich klar sein, oder???
Mit Sicherheit benutze ich bei i.m. Injektionen neue Nadeln!
Ich habe von Insulinpens gesprochen.
Auch bei s.c. Injektionen wie Epo, Heparin und Insulin aus Durchstechflaschen nehme ich neue Nadeln, das habe ich als selbstverständlich vorausgesetzt, wuste nicht, dass ich das hier noch extra erwähnen muss. :roll:
 
Franzi638 schrieb:
Genauso werden s.c und i.m. Injektionen ohne Desinfektion durchgeführt,
Zara schrieb:
Was die Injektionen angeht habe ich zu Hause noch nie !! einen Spritzenabszess oder ähnliches gesehen.
Die Patienten würden dich wahrscheinlich komisch angucken wenn du immer die Nadeln wechselst.
Hörte sich so an, aber bin froh das es nicht so ist :-)
 
wusste nicht, dass ich das hier noch extra erwähnen muss.
Nicht vergessen, dass hier nur der verbale Eindruck vorhanden ist. Da kann man schlecht beurteilen, ob man es mit einer etwas ungünstigen Ausdrucksweise zu tun hat oder mit Unwissenheit.
 
Hallo Franzi, also, ehrlich gesagt stehen mir bei deinem Bericht die Haare zu Berge. Mache jetzt seit 10 Jahren ambulante Pflege und es ist sicher nicht vergleichbar mit der Pflege im Krankenhaus, nichts desto trotz müssen auch wir sorgsam arbeiten. Wundverbände mit Haushaltscheren zu schneiden finde ich schon schlimm. Habt ihr keine Verbandsscheren, die vor Gebrauch desinfiziert werden?
Material was auf dem Boden gelandet ist gehört, egal wie teuer in die Tonne und nicht auf eine Wunde.
Nadeln auch bei den Insulinpens werden nach jedem Spritzen verworfen, da sie sehr schnell stumpf werden und vor allen Dingen, wenn sie auf dem Pen bleiben Luft in die Patrone gelangen kann.
Leider müssen auch wir Blasenkatheter diskonnektieren, dann werden sie aber desinfiziert, Hauseigene Keime hin oder her.
Jeder von uns hat einen Pflegekoffer, in dem auch Händedesinfektionsmittel ist, so dass die Hygiene auch beim nächsten Patienten gewährleistet ist.
 
eiseule schrieb:
Nadeln auch bei den Insulinpens werden nach jedem Spritzen verworfen

...und euch ist noch kein Patient aufs Dach gestiegen, weil er so oft neue Nadeln braucht???
 
Nadeln auch bei den Insulinpens werden nach jedem Spritzen verworfen, da sie sehr schnell stumpf werden und vor allen Dingen, wenn sie auf dem Pen bleiben Luft in die Patrone gelangen kann.
Richtig !!! Aber das interessiert z.B. die Ärzte nicht, die die Nadeln rezeptieren müssen.
 
Hi Stormrider, nein, mitllerweile haben es die Ärzte auch begriffen. Habe keine Probleme bei Patienten oder Ärzten damit. Allerdings: der Weg war mühsam und steinig, hat sich aber gelohnt.
 
Herzlichen Glückwunsch. ;-)
Immerhin hab ich mittlerweile die Wundbehandlung in Griff. Sie haben kapiert, dass wir keine Betaisodona Salbe mehr verwenden wollen.

Ansonsten scheint mein Weg aber noch sehr lang zu sein.

Aber was solls: Was sagte einer der Politiker (Namen vergessen) in den letzten Tagen in einer Diskussion zur Gesundheitsreform?
Wir wollen Meilensteine setzen.
Das schaut mir aber alles eher nach wahllosem Verteilen von Stolpersteinen aus.

Wir können also heftig weiter Überzeugungsarbeit leisten. Uns werden die Meilen- öhm Stolpersteine sicher nicht ausgehen.
 
Nun, wenn die Politiker in einem GROSS sind, dann ist es die Erfindung immer neuer Stolper-Meilenstein. 8O :sbaseballs:
Aber alles Jammern und Klagen nützt nix. Ärmel hochgekrempelt und ran an den Speck, owohl ich auch Phasen habe, in denen mir die endlosen und unsinnigen Diskussionen mächtig auf den Zwirn gehen. Leider konnte ich die Betaisodonasalbe noch nicht völlig aus dem Programm nehmen, arbeite aber weiter daran.
 
Warum verteufelt ihr eigentlich die Jod-Salben so?
Wofür genau wollt ihr die nicht mehr nehmen, oder garnicht mehr - und wenn Letzteres, warum? Was nehmt ihr stattdessen?
 
Gut, des:
2. Gibt es Untersuchungen, die dem Medikament eine Zelltoxische Wirkung nachsagen
3. Bei längerer Anwendung ist mit einer Hemmung der Wundheilung zu rechnen
war mir nicht beknnt, werde mich dazu mal schlau machen. Der Rest war schon klar, aber deshalb hätte man es nicht ganz streichen müssen.
 
Der Rest war schon klar, aber deshalb hätte man es nicht ganz streichen müssen.

1. ist die Dauer der Wirksamkeit abhängig von der verwendeten Galenik.
PVP-Iod als Salbenzubereitung sollte alle 4-6 Stunden erneuert werden (Wirkstoffe in der Pflege von J. Behret)

Aus diesem Grund alleine ist es mir ganz recht, dass diese Salben "gestrichen" wurde. Nie und nimmer bekommst du von einer Krankenkasse so viele Verbandswechsel genehmigt. Selbst 2x täglich ist ein Wunschdenken. Hier gibt uns das System ausnahmsweise einmal eine Hilfestellung. Wir müssen nicht um die Anzahl Verbandswechsel kämpfen, wir haben die Chance uns zu weigern, wenn ein Arzt diese Präarate verordnet.
 
Stimmt schon ... Hab mal wieder nicht so direkt dran gedacht das es ja um ambulante Pflege geht ;)
Was nutzt ihr denn stattdessen?
 
Prontosan, Octenisept, Lavasept, Alginate mit Silber verwenden wir z.B., kommt halt auf die Wunde an.
 
s.c. Injektion zu Hause

Lies mal in "Pflege heute" nach, es steht extra drin das in der Hauskrankenpflege aus schon genannten Gründen keine Hautdesinfektion bei Insulin-Pen notwendig ist.
Bei Verbänden ist es nun mal die Realität, das Hausärzte nicht das verschreiben was wir im Krankenhaus verwenden würden (steriles Material etc.). Und eine Verbandsschere hätte auch keinen Sinn, oder Du müßtest dir auch noch eine Desinfektionswanne mit Lösung herrichten.
Trotzdem sollte man/frau natürlich so sauber wie möglich arbeiten.
Bin im 5ten Jahr in der Gemeindepflege und Sachen wie MRSA, Staph.aureus oder E-Coli etc. bringen die Patienten aus den Krankenhäusern mit und nicht umgekehrt.
 

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