... oder von einer Intensivstation auf einer Allgemeinstation aushelfen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
nachdem ich 15 Jahre auf einer Intensivstation gearbeitet habe, bin ich nun schon etliche Male in den Genuss gekommen auf einer Allgemeinstation aushelfen. Klar, ist doch eine Leichtes für jemanden der die Fachweiterbildung Intensiv hat, logisch.
Ich möchte euch nun Auszugsweise an Diensten teilhaben lassen.
Meinen letzten Dienst auf einer Allgemeinstation hatte ich als Schülerin.
Mein erster Dienst nun war ein Spätdienst, in einem mir sehr vertrauten Fachgebiet, wenigstens etwas, auch das Personal kannte ich recht gut, da hilft man doch gerne mal aus. Meine Bedenken, ob ich dies auch schaffe, waren gross, aber alle incl. meiner PDL meinten, ach du bist doch von Intensiv, für dich ist das doch ein leichtes... Na gut, wenn ihr das alle meint, mach ich es halt.
Zu Dienstbeginn, Essen einsammeln, ok, das kann ich, hm, wo notiere ich jetzt wieviel der Patient gegessen und getrunken hat? Kollegin lächelt, meint, das machst nicht bei allen Patienten, nur wo ein Plan liegt, trägst es ein.
Nach der Übergabe, ich bin im gelben Bereich, frage ich meine Kollegin: Was muss ich jetzt machen? Durchgehen - aha und was mach ich da alles? Ich bekomme eine Erklärung und mache mich mit dem Pflegewagen und 15 Kardexen auf den Weg. Im ersten Zimmer ist es noch ganz einfach, im nächsten Zimmer liegt Frau X der geht es heute nicht so gut, sie bekommt schlecht Luft, hm, die Sättigung wäre nicht uninteressant, also ein Pulsoxi muss her - die Kollegin meint, das ist jetzt schwierig, eines ist verschwunden und das andere in der Werkstatt. Wo bekomme ich nun eines her? Ich springe schnell auf die Station darunter, die kennen mich auch und leihen mir ihres.
So nun kann ich die Sättigung messen, die nicht gerade berauschend ist, also Doktor wird informiert. Der erklärt mir, dass wir Frau X gerne mit mehr Sauerstoff versorgen können, sie möchte aber keinerlei Intensivmedizinische Behandlung. Frau X ist immerhin selbst Krankenschwester, hat an meiner Schule im Jahr 1948 gelernt. Frau X meint auch es geht ihr heute nicht schlechter als sonst, ok.
Im nächsten Zimmer liegt Herr B. Herrn B. kenne ich, ich habe ihn auch schon auf Intensiv betreut, er ist trachotomiert, nach erfolgloser Reanimation, desweiteren hat er Chlostridien und ist isoliert. Also Herrn B kann ich problemlos versorgen mit Absaugen und Lagern, alles kein Problem, aber wieso ist er nicht an einem Monitor? Ach ja, ich bin ja auf Allgemeinstation, die Patienten haben hier keinen Monitor. Ein komisches Gefühl, nicht nur dass Infusionen nur über Tropfenzähler laufen und nicht über Infusionspumpen. Medikamente, die ich auf Intensiv selbst spritze, mache ich hier zur Kurzinfusion, ok, soll mir recht sein.
Die nächsten Zimmer bringen nix besonderes, den Patienten geht es nicht sooo schlecht, noch fehlen mir 3 Zimmer, da steckt meine Kollegin schon den Kopf zur Tür herein - brauchst du Hilfe, kann ich was für dich tun.
Klar, schau doch mal zu Herrn B, den habe ich vorher gerade abgesaugt, seine Sättigung war nicht so toll, er ist sehr verschleimt. Das Pulsoxi der Nachbarstation ist nämlich mein "Heiligtum". Kollegin geht und guckt, kommt wieder meint, doch alles ok. Nach diesem Zimmer geht es zurück nur kurz nach Frau X gucken, sie lächelt mich an, meint alles in Ordnung, also noch schnell Sättigung messen - die ist ja immer noch recht mies. Aber da kann ich wohl nix machen, da muss ich wohl durch.
Also, weiter durchgehen, mit Patienten und Angehörigen reden, RR messen - oh, Herr Y ist etwas hoch mit dem Druck - Bedarfsmedikation verabreicht, Doktor ist informiert, der lächelt schon über mich, da wir schon viele gemeinsame Dienste auf Intensiv verbracht haben.
So nun muss ich für 15 Patienten die Medikamente für den nächsten Tag stellen - lesen kann ich ja, Tablettenschrank habe ich auch gefunden.
Nach kurzer Zeit beginne ich zu fluchen, wieso können diese Helden die Medi's nicht so anordnen wie diese heissen? Und warum zum Teufel werden die Medi's nicht so eingeordnet wie sie heissen?
Ich nöle den Doktor an, der kennt mich ja und antwortet mir grinsend: Du bei uns wechseln die Tablettenmarken doch so schnell, wie soll ich mir das merken können? Na klar, aber ICH soll mir das merken können. Die Kollegin empfielt die Rote Liste - ne ich nehm lieber den IFAP auf dem PC. Die Kollegin schaut mich an und meint, wie sowas gibt es?
So diese Hürde ist genommen, gut ich habe nur doppelt solange gebraucht wie die Kollegin, aber auf Intensiv war ich verwöhnt, die Ärzte mussten so anordnen wie die Medi's hiessen.
Schnell nochmal zu meinen beiden Patienten zurück, nochmal Lagern, die andere Dame fragen, wie es geht. Sie meint, Schwester, sie kümmern sich aber rührend um mich, die anderen kommen weit nicht so oft zu mir.
Der Patient mit dem hohen RR, hat noch immer das RR Problem, also Doktor lass dir was einfallen, ich muss jetzt lagern. Die Kollegin meint, wie du schaffst es 2 stündlich zu lagern? Ja, irgendwie schon, fang du doch schon mal an das Essen auszuteilen, ich stosse dann zu dir, ausserdem muss ich den Patienten sicher wieder absaugen. Ach ja, das Pulsoxi wollte die andere Station wiederhaben, Mist aber auch, wie soll ich jetzt die Sättigungen messen?
Eine Patientin klingelt, sie gibt an sie hat so Herzrasen, ich versuche den Puls zu tasten, doch das kann ich dann schon noch, wow, der ist aber schnell. Also EKG geschrieben, Doc verständigt, dass der Patient ne Frequenz von 160 hat und in einer Ableitung hebt. Der Doktor freut sich, dass er nicht das EKG schreiben musste - wie? Ach so, hier müssen die Ärzte die EKG's selber schreiben? Er will Blut abnehmen, ich soll es ausarbeiten, doch das habe ich schon gemacht, das kann ich ja, Notfälle sind doch mein Intensivgeschäft, endlich mal was was mir leicht fällt. Der Arzt telefoniert mit seinem Intensivkollgen, ne die haben kein Bett frei, wir sollen selbst ein bisschen aufpassen - über mir schweben Fragezeichen, wie soll ich das denn nun machen, ich hab doch keinen Monitor. Also immer wieder rein zum Patienten, das Pulsoxi habe ich zurückerobert, die Nachbarstation hatte Mitleid mit mir - vermutlich haben sie sich gekringelt über mich.
Abendessen ist verteilt, Essen ist eingegeben, also machen wir jetzt auch mal Pause, ich habe mir schon die Füsse wundgelaufen. Die Kollegin grinst mich an und meint, wie geht es dir? MIR? Hm, ich weiss nicht, wie ich das Schaffen soll, ich hab die Patienten ja nicht richtig im Blick, was ist wenn Herr X stark verschleimt ist, kein Monitor, der mir da Alarm gibt, den RR des anderen Patienten muss ich ja auch nochmal nachmessen. Also eigentlich könnte ich mich mit 3 Patienten der Station die ganze Schicht über beschäftigen, dann wären sie so versorgt wie ich mir das Vorstelle, nur was mach ich mit den anderen 12 Patienten? Die haben doch auch ein Anrecht auf Pflege?
Am Abend nach der Übergabe, bin ich heilfroh, dass all meine Patienten überlebt haben und ich heimgehen kann.
Alle sind sich noch immer sicher, dass es überhaupt kein Problem ist auf einer Allgemeinstation auszuhelfen, wenn man von Intensiv kommt.
Nun, nachdem ich mittlerweile schon viel ausgeholfen habe, fällt es mir deutlich leichter, aber:
Aushelfen auf Intensiv, ist ein Wellnesstag - Aushelfen auf Allgemeinstation - Survivaltraining.
Deshalb Hut ab, vor den KollegInnen der Allgemeinstationen.
Sonnigste Grüsse
Narde
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
nachdem ich 15 Jahre auf einer Intensivstation gearbeitet habe, bin ich nun schon etliche Male in den Genuss gekommen auf einer Allgemeinstation aushelfen. Klar, ist doch eine Leichtes für jemanden der die Fachweiterbildung Intensiv hat, logisch.
Ich möchte euch nun Auszugsweise an Diensten teilhaben lassen.
Meinen letzten Dienst auf einer Allgemeinstation hatte ich als Schülerin.
Mein erster Dienst nun war ein Spätdienst, in einem mir sehr vertrauten Fachgebiet, wenigstens etwas, auch das Personal kannte ich recht gut, da hilft man doch gerne mal aus. Meine Bedenken, ob ich dies auch schaffe, waren gross, aber alle incl. meiner PDL meinten, ach du bist doch von Intensiv, für dich ist das doch ein leichtes... Na gut, wenn ihr das alle meint, mach ich es halt.
Zu Dienstbeginn, Essen einsammeln, ok, das kann ich, hm, wo notiere ich jetzt wieviel der Patient gegessen und getrunken hat? Kollegin lächelt, meint, das machst nicht bei allen Patienten, nur wo ein Plan liegt, trägst es ein.
Nach der Übergabe, ich bin im gelben Bereich, frage ich meine Kollegin: Was muss ich jetzt machen? Durchgehen - aha und was mach ich da alles? Ich bekomme eine Erklärung und mache mich mit dem Pflegewagen und 15 Kardexen auf den Weg. Im ersten Zimmer ist es noch ganz einfach, im nächsten Zimmer liegt Frau X der geht es heute nicht so gut, sie bekommt schlecht Luft, hm, die Sättigung wäre nicht uninteressant, also ein Pulsoxi muss her - die Kollegin meint, das ist jetzt schwierig, eines ist verschwunden und das andere in der Werkstatt. Wo bekomme ich nun eines her? Ich springe schnell auf die Station darunter, die kennen mich auch und leihen mir ihres.
So nun kann ich die Sättigung messen, die nicht gerade berauschend ist, also Doktor wird informiert. Der erklärt mir, dass wir Frau X gerne mit mehr Sauerstoff versorgen können, sie möchte aber keinerlei Intensivmedizinische Behandlung. Frau X ist immerhin selbst Krankenschwester, hat an meiner Schule im Jahr 1948 gelernt. Frau X meint auch es geht ihr heute nicht schlechter als sonst, ok.
Im nächsten Zimmer liegt Herr B. Herrn B. kenne ich, ich habe ihn auch schon auf Intensiv betreut, er ist trachotomiert, nach erfolgloser Reanimation, desweiteren hat er Chlostridien und ist isoliert. Also Herrn B kann ich problemlos versorgen mit Absaugen und Lagern, alles kein Problem, aber wieso ist er nicht an einem Monitor? Ach ja, ich bin ja auf Allgemeinstation, die Patienten haben hier keinen Monitor. Ein komisches Gefühl, nicht nur dass Infusionen nur über Tropfenzähler laufen und nicht über Infusionspumpen. Medikamente, die ich auf Intensiv selbst spritze, mache ich hier zur Kurzinfusion, ok, soll mir recht sein.
Die nächsten Zimmer bringen nix besonderes, den Patienten geht es nicht sooo schlecht, noch fehlen mir 3 Zimmer, da steckt meine Kollegin schon den Kopf zur Tür herein - brauchst du Hilfe, kann ich was für dich tun.
Klar, schau doch mal zu Herrn B, den habe ich vorher gerade abgesaugt, seine Sättigung war nicht so toll, er ist sehr verschleimt. Das Pulsoxi der Nachbarstation ist nämlich mein "Heiligtum". Kollegin geht und guckt, kommt wieder meint, doch alles ok. Nach diesem Zimmer geht es zurück nur kurz nach Frau X gucken, sie lächelt mich an, meint alles in Ordnung, also noch schnell Sättigung messen - die ist ja immer noch recht mies. Aber da kann ich wohl nix machen, da muss ich wohl durch.
Also, weiter durchgehen, mit Patienten und Angehörigen reden, RR messen - oh, Herr Y ist etwas hoch mit dem Druck - Bedarfsmedikation verabreicht, Doktor ist informiert, der lächelt schon über mich, da wir schon viele gemeinsame Dienste auf Intensiv verbracht haben.
So nun muss ich für 15 Patienten die Medikamente für den nächsten Tag stellen - lesen kann ich ja, Tablettenschrank habe ich auch gefunden.
Nach kurzer Zeit beginne ich zu fluchen, wieso können diese Helden die Medi's nicht so anordnen wie diese heissen? Und warum zum Teufel werden die Medi's nicht so eingeordnet wie sie heissen?
Ich nöle den Doktor an, der kennt mich ja und antwortet mir grinsend: Du bei uns wechseln die Tablettenmarken doch so schnell, wie soll ich mir das merken können? Na klar, aber ICH soll mir das merken können. Die Kollegin empfielt die Rote Liste - ne ich nehm lieber den IFAP auf dem PC. Die Kollegin schaut mich an und meint, wie sowas gibt es?
So diese Hürde ist genommen, gut ich habe nur doppelt solange gebraucht wie die Kollegin, aber auf Intensiv war ich verwöhnt, die Ärzte mussten so anordnen wie die Medi's hiessen.
Schnell nochmal zu meinen beiden Patienten zurück, nochmal Lagern, die andere Dame fragen, wie es geht. Sie meint, Schwester, sie kümmern sich aber rührend um mich, die anderen kommen weit nicht so oft zu mir.
Der Patient mit dem hohen RR, hat noch immer das RR Problem, also Doktor lass dir was einfallen, ich muss jetzt lagern. Die Kollegin meint, wie du schaffst es 2 stündlich zu lagern? Ja, irgendwie schon, fang du doch schon mal an das Essen auszuteilen, ich stosse dann zu dir, ausserdem muss ich den Patienten sicher wieder absaugen. Ach ja, das Pulsoxi wollte die andere Station wiederhaben, Mist aber auch, wie soll ich jetzt die Sättigungen messen?
Eine Patientin klingelt, sie gibt an sie hat so Herzrasen, ich versuche den Puls zu tasten, doch das kann ich dann schon noch, wow, der ist aber schnell. Also EKG geschrieben, Doc verständigt, dass der Patient ne Frequenz von 160 hat und in einer Ableitung hebt. Der Doktor freut sich, dass er nicht das EKG schreiben musste - wie? Ach so, hier müssen die Ärzte die EKG's selber schreiben? Er will Blut abnehmen, ich soll es ausarbeiten, doch das habe ich schon gemacht, das kann ich ja, Notfälle sind doch mein Intensivgeschäft, endlich mal was was mir leicht fällt. Der Arzt telefoniert mit seinem Intensivkollgen, ne die haben kein Bett frei, wir sollen selbst ein bisschen aufpassen - über mir schweben Fragezeichen, wie soll ich das denn nun machen, ich hab doch keinen Monitor. Also immer wieder rein zum Patienten, das Pulsoxi habe ich zurückerobert, die Nachbarstation hatte Mitleid mit mir - vermutlich haben sie sich gekringelt über mich.
Abendessen ist verteilt, Essen ist eingegeben, also machen wir jetzt auch mal Pause, ich habe mir schon die Füsse wundgelaufen. Die Kollegin grinst mich an und meint, wie geht es dir? MIR? Hm, ich weiss nicht, wie ich das Schaffen soll, ich hab die Patienten ja nicht richtig im Blick, was ist wenn Herr X stark verschleimt ist, kein Monitor, der mir da Alarm gibt, den RR des anderen Patienten muss ich ja auch nochmal nachmessen. Also eigentlich könnte ich mich mit 3 Patienten der Station die ganze Schicht über beschäftigen, dann wären sie so versorgt wie ich mir das Vorstelle, nur was mach ich mit den anderen 12 Patienten? Die haben doch auch ein Anrecht auf Pflege?
Am Abend nach der Übergabe, bin ich heilfroh, dass all meine Patienten überlebt haben und ich heimgehen kann.
Alle sind sich noch immer sicher, dass es überhaupt kein Problem ist auf einer Allgemeinstation auszuhelfen, wenn man von Intensiv kommt.
Nun, nachdem ich mittlerweile schon viel ausgeholfen habe, fällt es mir deutlich leichter, aber:
Aushelfen auf Intensiv, ist ein Wellnesstag - Aushelfen auf Allgemeinstation - Survivaltraining.
Deshalb Hut ab, vor den KollegInnen der Allgemeinstationen.
Sonnigste Grüsse
Narde