News "Abgeklatscht" und "fertig gemacht" - Sprache in der Pflege

Ute

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Hannover
Beruf
Krankenschwester, Fachkraft für Leitungsaufgaben in der Pflege (FLP)
Akt. Einsatzbereich
Zur Zeit in der Elternzeit
Funktion
Study nurse
14.10.05

HINTERGRUND

"Abgeklatscht" und "fertig gemacht" - die Sprache in der Pflege ist ein Spiegelbild der Wirklichkeit
Von Thomas Meißner

Patienten werden "platt gemacht"
Mit vielen Jargon-Ausdrücken und sprachlichen Nachlässigkeiten werden Patienten zum Objekt gemacht. Das Subjektive, die Tatsache, daß es sich um kranke und hilfsbedürftige Mitmenschen handelt, wird ausgeblendet. Die Wortwahl verrät oft ein Machtbewußtsein. Hier eine Auswahl von Ausdrücken, die auf Pflegestationen üblich sind:

  • abklatschen: mit Franzbranntwein einreiben, wobei leicht auf den Rücken geklopft wird
  • fertig machen: bestimmte Pflegetätigkeiten am Patienten müssen zu einem bestimmten Zeitpunkt abgeschlossen sein, eigentlich Tötungsvokabel
  • Abgang: Auf einer Krankenstation ist ein Mensch gestorben
  • abschießen / platt machen / ruhigstellen: Schlaf- oder Beruhigungsmittel verabreichen oder fixieren, damit Routine nicht gestört wird
  • bewässern: der Mensch braucht mehr Flüssigkeit als bisher
  • ins Wasser werfen: Patient soll gebadet werden
  • Einfuhr/Ausfuhr: Flüssigkeits- und Ernährungsbilanz
  • Finalpflege: Begriff zur finanziellen Bezuschussung für die ambulante Pflege von Sterbenden zu Hause durch die Krankenkasse
  • Patientengut: Kranke werden zur Sache
Vollständigen Artikel lesen: http://www.aerztezeitung.de/docs/2005/10/14/184a0202.asp

Quelle: www.aerztezeitung.de
 
Also nee, tut mir leid, aber sowas von Blödsinn!!!!

Meint ihr in anderen Brachen ist es anders? Jeder Beruf hat so seinen berufs-Jargon. Dieser tut keinem weh, da "wir" nicht direkt zu den Patienten gehen und sagen "Sind sie schon fertig oder soll ich sie noch schell durchs Wasser ziehen?".
Da hat nur jemand wieder eine Möglichkeit gefunden das Volk aufzuwiegeln und damit sein Geld zu machen.
Das Pflegepersonal versteht sich auch so, zumindest hausintern, wenn etwas extern zB bei der Übergangspflege weitergegeben werden muss, so werden diese Begriffe geauer spezifiziert. Aber Nein, das reicht ja nicht, es muss wieder für teuer Geld etwas entworfen und umgesetzt werden um damit den Standart zu heben ... klar!
 
@Maniac: Volle Zustimmung!
Es ist davon auszugehen, daß eine Menge Kollegen / Kolleginnen sich wieder ein schlechtes Gewissen machen lassen!
Gruß
Steff
 
Zuletzt bearbeitet:
Das sehe ich anders.
Utes Beitrag ist von der Realität nicht weit entfernt.

Ich habe oft genug auf Station solche oder ähnliche Ausdrücke über Pat. zu Ohren bekommen und das mit einem deftigen aggressiven Unterton, der von Überforderung und Burn out zeugt!

Ich finde die Gedanken dieses Themas sind mehr als angebracht!
 
Also, das ist wirklich viel zu übertrieben dargestellt. Ein Jargon, der meiner Meinung nachts über den betreffenden Menschen (Patienten) zu sagen hat. Eine "eingepflegte" Sprache, die sich manchmal und vor allem für Ausenstehende abwertend klingt. Deswegen dient sie zum internen Gebrauch und Ärzte verstehen ebenso was gemeint ist, schließlich ist ihnen ja nicht nur sie Fachsprache ein Begriff. Ich sage auch völliger Blödsinn
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Hm, warum wehren wir uns so gegen diese Aussage, die ja eigentlich den Nagel auf den Kopf trifft? Liegts vielleicht daran, dass uns ein Spiegel vorgehalten wird? Ich finde es eher bedenklich, dass wir unseren eigenen Jargon nicht hinterfragen.

Auch ich ertappe mich nicht selten auch beim Nutzen dieses Vokabulars. Wenn ich dann die Situation Revue passieren lasse... es ist meistens dann besonders ausgeprägt, wenn Streß ist auf der Station, wenn ich mit dem Pat. irgendwie nicht klarkomme.

Selbstkritik ist der erste Weg zur Besserung.

Elisabeth
 
Hallo Kollegen, einerseits muß ich Elisabeth Recht geben, man neigt wirklich schnell dazu besonders in stressigen Situationen den Patienten abzuwerten. Schließe mich da absolut nicht bei aus. Aber andererseits finde ich es auch übertrieben, da wieder so eine Wissenschaft draus zu machen. Meiner Meinung nach ist es besser hin und wieder dieses Vokabular zu benutzen und sich dabei vielleicht unbewußt ein wenig abzureagieren als immer förmlich zu bleiben und alles in sich hinein zu fressen. Dann nimmt man den Stress nämlich mit nach Hause, und das ist die schlimmere Variante. Schöne Grüße Poldi.
 
Hallo liebe Kollegen und Kolleginnen..

Ja,auch ich habe solche Ausdrücke leider schon oft gehört,
doch auf der Station,wo ich jetzt arbeite, kommt sowas selten vor.

Der Pat, wird geduscht und nicht "durchs Wasser gezogen", er wird nicht abgeklopft, sondern bekommt ne atemstimulierende Einreibung (ist bei uns mit ASE abgekürzt), er wir nur "fertig gemacht", wenn er verlegt oder entlassen wird, wobei damit ja auch wirklich das "fertig" gemeint ist, so dass er eben gleich los kann,wenn die Angehörigen oder Sanis kommen..
Ebenso werden ja auch Papiere fertig gemacht, um sie dann beisammen zu haben..

Das mit dem "Schnäpschen" kommt meistens ohnehin von den Patienten selbst, wenn sie etwas benötigen..
Bei uns ists meistens ein Saft..

Wenn jemand "abgeschossen" ist, dann meistens von den Untersuchungen her, da sie Muskelrelaxantien und Analgetika oder weiss der Geier bekommen haben..

Ein-Ausfuhr ist bei uns Flüssigkeitsbilanz (wobei ich da keinen Unterschied sehe..)

Patientengut gibt es gleich gar nicht, und was ist Finalpflege????

Ich denke, man muss nur lang genug suchen, bis man an jedem Wort etwas auszusetzen hat..

Ich weiss jetzt nicht genau, von wem der Spruch ist, aber ich sag ihn trotzdem mal..

Manche Leute finden in jeder Suppe ein Haar, aber auch nur, weil sie solang mit dem Kopf schütteln, bis eines hinein fällt..

Und dem kann ich mich nur anschliessen..

LG,Nic
 
poldi schrieb:
Hallo Kollegen, einerseits muß ich Elisabeth Recht geben, man neigt wirklich schnell dazu besonders in stressigen Situationen den Patienten abzuwerten. Schließe mich da absolut nicht bei aus. Aber andererseits finde ich es auch übertrieben, da wieder so eine Wissenschaft draus zu machen. Meiner Meinung nach ist es besser hin und wieder dieses Vokabular zu benutzen und sich dabei vielleicht unbewußt ein wenig abzureagieren als immer förmlich zu bleiben und alles in sich hinein zu fressen.

Dann nimmt man den Stress nämlich mit nach Hause, und das ist die schlimmere Variante. Schöne Grüße Poldi.


Mit nach Hause nehmen sollte man ihn sicherlich nicht.
Am Pat. hat er jedoch genauso wenig zu suchen.
Aber wenn man mit dem Stress nicht klar kommt, ist das noch längst keine Rechtfertigung dies am Pat. abzuladen.

Dann wäre es z.B. mal an der Zeit für einer Supervision auf Station.

Es ist ja niemand ein Vorwurf zu machen, wenn er sich MAL so ausdrückt, die Situation in der Pflege ist nun mal mehr als angespannt, aber sich ein paar Minuten zu nehmen und darüber nachzudenken und zu versuchen dies zukünftig zu vermeiden und andere Wege zu finden ist anstrebenswert!:)
 
und wenn der Patient ein anderes Zimmer bekommt, wird er umgelegt.
Damit habe ich schon mal einen Patienten zu Tode erschrocken, seitdem überlege ich mir immer was ich sage.

Was mich nach wievor am meisten ärgert ist der Ausdruck Patientengut, klingt halt nach Stückgut.

Mit Sicherheit haben andere Branchen auch einen Jargon, aber da liegt halt nicht der Mensch im Mittelpunkt.
Wenn es keiner hört, dass wir den Patienten umlegen, mag es ja noch angehen, aber manchmal hört es halt auch noch wer.

Schönen Abend noch
Narde
 
Also..ich habe mir solche Begriffe als Patient auch ziemlich oft anhören müssen und fand es manchmal alles andere als angenehm... naja..vielleicht lag es auch daran, dass ich mich zuu lange dort aufgehalten hab... :knockin:
...aber ich finde in manchen Situationen sind bestimmte Ausdrücke nicht angebracht.
 
Die Wahrheit liegt näher als man denkt

Hallo zusammen,

sicher muss man nicht jeden Ausdruck verurteilen, wobei es Tatsache ist, dass es in den Einrichtungen in denen es Übergriffe gab und in denen Mitarbeiter im Burn Out sind letztlich einen Umgangston gegenüber Patienten und oder Bewohnern haben, der sich "gewaschen" hat!
Da gibts nichts zu beschönigen, kenne genug davon!

Auch wie sich der Umgangston ändert, wenn die Arbeitsbelastung steigt ist nicht zu verachten und auch nicht weg zu diskutieren.

Der nächste Punkt ist der, dass man schon seit zig Jahren in der Pflegewissenschaft davon spricht, praktisch seit ihrer "Neugeburt" Ende der 80er, eine gemeinsame nach Möglichkeit internationale Sprache zu finden!
Die Welt spricht von NANDA und anderen Gruppierungen, die Pflegediagnosen auf den Markt gebracht haben und als man in Deutschland damit anfing und einen Katalog (wobei es einzelne Krankenhäuser waren) zu erstellen, hat man gemerkt, das man es ja so auch wieder nicht übersetzen kann und weil ja auch die Pflegekräfte im Ausland andere Tätigkeitsfelder haben und haste nicht gesehen!
Also auch nix Neues! Großartig weiter gekommen ist man in dieser zeit auch nicht.
Eine weitere Tatsache ist aber, das man den Respekt einer Person gegenüber eben mit Sprache ausdrückt. Und: WIR HABEN ES MIT SUBJEKTEN und nicht mit irgendwelchen Objekten zu tun!!!
Soviel Moral und Anstand sollte jede Pflegekraft haben und auf solche unnötigen Äusserungen wie "umlegen, Patientengut, fertig machen, abtöpfen, abschiessen, etc. ..." verzichten.

Und zuletzt:
Da wird geschrieben, dass die Ärzte sich international mittels Codes ausdrücken können!
Na als ob das besser wäre, letztlich wird da der Patient ebenfalls fragmentiert und objektiviert. Und wenn es um das "Sprechen mit einem Patienten" geht, dann bekleckern sich die Damen und Herren Mediziner wahrlich nicht mit Ruhm!
Sind es doch di Pflegekräfte, die für die Patienten dann wieder die Übersetzerrolle einnehmen.

Also immer schön locker bleiben und solche Artikel lesen, aber bitte differenziert!

Gruß
Klaus
 
Also ich kenne einige Ausdrucksweisen auch aus dem krankenhaus. Beispielsweise wird bei uns schon mal gesagt "Wir vermessen den Patienten", wenn man von Vitalzeichenerfassung spricht. Ich arbeite als freigestellte praxisanleitung und bringe meinen Azubis schon bei, dass man Patienten nicht "vermessen" kann. Vermessen kann man Grundstücke , nicht Menschen!
Ich glaube , die meisten Pflegekräfte bemerken gar nicht mehr, WAS das so heißt, was sie sagen!
Von daher finde ich den Artikel von Frau Abt-Zegelin super gut, wie eigentlich alles, was es von ihr zu lesen gibt! Und noch was... Ich habe schon den Eindruck, dass gerade in Witten-Herdecke, wo sie ja arbeitet, besonderen Wert auf Ethik in der Pflege gelegt wird. Wenn so Leute wie Frau Abt-Zegelin sich nicht solche Gedanken darüber machen würden und die Pflegekräfte mal "aufrütteln", würde es noch ganz anders in Krankenhäusern und in den Köpfen der Pflegekräfte aussehen. Dies mal als meine Meinung!

Bärbel67
 
hallo da draussen
also, das ist ein heißes Thema, das ist bekannt.
aber ich bin auch der Meinung, dass es niemand schadet, wenn man von Ein- und Ausfuhr spricht. Dieser Autor des Buches will nur Geld und nicht auf Missstände aufmerksam machen. Es ist zur Zeit ein klarer Trend zu sehen, das Autoren auf der Pflege rumreiten. dabei muss ich aus Erfahrung sagen, sollte lieber (wenn es sein muss) auf unsere ärztlichen Kollegen mal gemeckert werden. Hier erlebe ich im Alltag den wahren schlechten Ton.
Aber um Himmels Willen, unsere Ärzte dürfen wir ja nicht beschimpfen, dann könnten sie uns ja krank machen oder nicht mehr heilen wollen.
Ich finde es eine saumäßige Art und Weise wie manche Ärzte mit Patienten umgehen. Hier ist ein echtes Problem und nicht da wo von Ein- und Ausfuhr geredet wird, oder von Abklatschen. (nebenbei durchleuchten solche Leute auch nie woher es kommt, vor gar nicht all zu langer Zeit war es auch noch wirklich ein Abklatschen).
Aber was rege ich mich auf, es ist Geldmache wenn solche Bücher gedruckt werden und nicht, um auf irgend etwas aufmerksam zu machen.