Übelkeit nach Chemotherapie

Ellyrobby

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18.07.2008
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Hallo, suche Fachleute aus der Onkologie,
habe eine Kollegin, die zur Zeit die Hölle durch macht. Sie hat jetzt schon mehrere Chemo´s hinter sich und mit jedem mal wird es mit der Übelkeit schlimmer. Dieses mal lag sie tagelang in der Wagerechte, da sie sich schon übergeben mußte, wenn sie nur den Kopf hob. Auch gestern nach 6 Tagen meinte sie, sie könne sich nur gerade aus bewegen und ganz langsam, sonst ginge es wieder los. Die Medikamente dagegen würden gar nichts mehr bringen. Ich habe keine Ahnung, was sie bekommt, sie ist keine Krankenschwester und hat mir nur am Telefon ihre Symptome berichtet, da sie mich beruflich anrufen mußte.
Da habe ich mich an eine Erfahrung aus meiner Umschulung erinnert, damals fand ich das nur grauenvoll. Da erhielten Kassenpatienten ein Medikament gegen die Übelkeit erst, wenn sie sich die Seele aus dem Hals reiherten, während Privatpatienten dieses teure, neue Medikament gleich zur Chemo erhielten. Ich weiß nicht, ob das Politik der Kassen war oder des Hauses und es ist 10 Jahre her, aber Sparpolitik ist doch überall angesagt.
Also meine Fragen: Gibt es Medikament die diese Übelkeit sicher abstellen?
Kann ich meiner Kollegin irgendwas empfehlen? Auch Naturmedis oder wie sie sich verhalten kann?

Grüße Elly
 
Hallo Elly!

Viele unsere Pat., die die Chemo erhalten, haben gute Erfahrungen mit TCM gemacht. Wir haben einen japanischen Professor im Haus, zu dem wir onkologische Pat. zuweisen können. Besonders gegen Übelkeit, Müdigkeit, Appetitlosigkeit,usw. hat er mit Akupunktur gute Erfolge erzielt.

100% wirksame Medikamete kenne ich keine. Wir geben unseren Pat. meist Zofran oder Zofran Zydis entweder 2 x 1 oder bei Bedarf, wenn diese nicht hilft bekommen sie Emend (ich glaube Emend wird gegeben, wenn Cisplatin verabreicht wird :gruebel:)

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Gruß,
Lin
 
Da erhielten Kassenpatienten ein Medikament gegen die Übelkeit erst, wenn sie sich die Seele aus dem Hals reiherten, während Privatpatienten dieses teure, neue Medikament gleich zur Chemo erhielten.
Das waren vermutlich 5-HT3-Antagonisten (z.B. Lins Zofran(r)). Heute kostet eine Ampulle so 14 EUR.

Also meine Fragen: Gibt es Medikament die diese Übelkeit sicher abstellen?
Das auch schon von Lin erwähnte Aprepitant/Emend(r) wird heute zusätzlich bei hochemagogenen Chemos gegeben. Es wirkt auch gut gegen die von Dir beschriebene spät einsetzende Übelkeit. Eine Therapieeinheit Emend(r) über 3 Tage kostet etwa 90 EUR.
Wichtig ist zu sagen, dass die erste Dosis bereits VOR Gabe der Chemo zu erfolgen hat (üblicherweise 1 h vorher). Wenn man Emend(r) erst gibt wenn man Übelkeit hat bringt es (so gut wie) nichts mehr.
Emend(r) wird mit 5-HT3-Antagonisten und meist Dexamethason kombiniert.
Wir hatten damit kaum noch Patienten die Erbrochen haben und deutlich weniger mit Übelkeit.

Grüße,

Gerrit

Edit: Emend(r)-Kosten hinzugefügt.
 
Danke, für eure schnellen Antworten, auch die Links waren sehr informativ. Werde die Kollegin mal besuchen, vielleicht kann ich dann mal vorsichtig einen Rat geben, will ja auch nicht ihr Vertrauen in ihren Arzt erschüttern. Aber wenn ich alles richtig verstanden habe, ist es doch möglich mehr gegen diese Übelkeit/ Erbrechen zu tun?
Habe auch irgendwo den Hinweis auf ein SEA Band gefunden, soll durch Akkupressur an den Handgelenken gegen Übelkeit helfen? Hat da jemand Erfahrungen?
Also nochmals danke Elly
 
wenn ich kurz ne zwischenfrage stellen darf..
kann mir jmd kurz erklären, wodurch kommt de übelkeit eigentlich nach der chemo? muss ich mir das einfach als reaktion auf dieses "gift" vorstellen?
 
An der Übelkeit sind mehrere Faktoren beteiligt. Wenn Du es etwas genauer wissen willst als durch den Link:
  • Abdominale Bestrahlung / Chemotherapeutika schädigen Zellen des Gastrointestinaltraktes wodurch Serotonin frei gesetzt wird --> Vermittlung via 5-HT3-Rezeptoren an der Area postrema (chemorezeptive Triggerzone IV. Ventrikel) sowie
  • affarente Nervenfasern (Vagus, Splanchnicus) die dadurch aktiviert werden reizen das Brechzentrum.
  • Co-Medikationen (z.B. Opioide) reizen v.a. via D2-Rezeptoren die Area postrema.
  • Hypercalciämien z.B. bei Knochenmetastasen können das über den gleichen Weg begünstigen.
  • Ängste spielen hier mit rein (Aktivierung des Brechzentrums via GABA/5-HT), über diese Schiene würde auch eine eventuell vorhandene Hyponatriämie wirken --> großes Potential durch Vorbeugen von Übelkeit von Anfang an, Aufklärung, Pflege (die hier mal wieder nicht durch Medikamente zu ersetzen ist)!
  • Bei Patienten mit Hirndrucksymptomatik z.B. bei Hirnmetastasen geht das auch über diesen Weg.
  • Bewegungen/Schwindel können z.B. beim Lagern noch ihren Teil über die Aktivierung der Vestibularkerne beitragen (aktivieren Brechzentrum via Achm und H1).
Frage Beantwortet? Dann kann ich das Buch wieder zuklappen bei dem ich gespickt habe... :)

Grüße,

Gerrit
Quellenangabe: Aus diverer Literatur für Betriebsinterne Fortbildung zusammengesucht. Zwecks Urheberrechten..
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
oh super! merci!

also so wie ich das sehe, spielen auch psychische faktoren/ befindlichkeit eine rolle. mir ist nämlich auf gefallen, dass patienten, die "entspannt" zur chemo kommen oder sogar gut gelaunt, sie viel besser vertragen (war so mein eindruck). dachte immer es wär ein art reaktion auf das gift, was vereinfacht gesagt vom körper wieder "abgestoßen" wird:mrgreen:.

lg
 
Hallo Sommerwolke,

ich würde die Übelkeit nicht auf eine reine psychische Schiene schieben, das wäre etwas zu einfach.
Dass Patienten die Chemo gut gelaunt und lachend hinnehmen ist eher extrem selten, bitte bedenke diese Menschen haben vielleicht gerade erst vor einigen Tagen die Diagnoe gestellt bekommen. Für sie bricht gerade die Welt zusammen und das Leben zieht vorbei.
Egal ob es die 18jährige ist, die als Abigeschenk eine Leukämie diagnostiziert bekommen hat und nun den Sommer im Krankenhaus verbringt oder die 70 jährige Grossmutter, die sich auf ihren Urenkel freut und sich fragt ob sie die Geburt noch erleben wird.

Schönen Tag
Narde
 
Wir geben bei starker Übelkeit auch Emend, meist in Kombination mit Dexamethason und machen damit sehr gute Erfahrungen.

Viele Patienten sprechen aber auch auf Vergentan gut an.

In ganz extremen Fällen bekommen die Patienten auch schon mal einen Vomex-Perfusor, macht allerdings sehr müde.


Die Übelkeit wird natürlich durch pathophysiologische Faktoren hervorgerufen, aber eine psychische Komponente gibt es sicherlich auch.
Die Kollegin von Ellyrobby wird wahrscheinlich auch schon vor ihrer nächsten Chemo an Übelkeit leiden, einfach weil sie weiß, wie es beim letzten Mal war.

Wichtig ist, dem Patienten zu vermitteln, dass man medikamentöse Möglichkeiten hat, die Übelkeit in den Griff zu kriegen. Er muss das Gefühl haben, nicht alles aushalten zu müssen.
 
Hallo,

so wie sich das anhört macht deine Kollegin eine ambulante Therapie, oder??
Also wichtig ist natürlich dass Sie jedesmal berichtet wie es Ihr ergangen ist und wenn es zu Hause nicht geht dass Sie Kontakt aufnimmt mit dem behandelnden KH / Praxis. Leider meinen viele Pat.(durch mangelnde Aufklärung??) Sie müssen das durchmachen und das eh nix hilft. Natürlich gibt es auch Pat. bei denen es wirklich sehr schwer ist die Übelkeit in den Griff zu bekommen.
Es gibt eine ganze Reihe an Medikamenten, oft muß man mehrere ausprobieren um zu wissen welches Ihr am besten hilft. Es wirkt nicht alles bei jedem gleich gut. Wir geben z.Bsp. Granisetron i.v. oder oral, Emend (gibts jetzt auch i.v.), Vergentan i.v. oder oral oder Aloxi. Oft auch als Kombination mit Dexamthason i.v..
Für zu Hause bekommen unsere Pat. dann oft Granisetron Tbl., Vergentan Tbl., MCP Tropfen oder Vomex supp.. Wenn die Übelkeit trotzdem zu stark ist, kommen Sie zu uns und bekommen etwas i.v. und werden gewässert. Unterschiede zwischen PKV und GKV machen wir nicht!
Wie Du siehst, es gibt schon Möglichkeiten da aktiv was zu machen. Ausserdem gibt es zahlreiche pflegerische Tipps. Man muss halt alles individuell anpassen an die Erkrankung, die Chemo, die Lebensumstände usw..
Ich hoffe Ihr kommt in dem Punkt ein wenig weiter.

Lieben Gruß
 
Hallo,
nochmals danke für Eure guten Tipps und Links. Will nun berichten wie die Sache ausgegangen ist. Habe mit meiner Kollegin ausführlichen Plausch bei einer Tasse Kaffee gehalten. Befürchte sie hat ihre Beschwerden nicht sooo an die Ärzte weitergegeben, war ja dann immer schon ein paar Tage her. Der Mensch ist ja so leidensfähig, sie dachte wohl, das wäre halt so. Beim Letzten mal war es dann wohl doch noch schlimmer. Nun habe ich ihr doch so ein bißchen den Kopf gerade gerückt, denn die Ärzte können nicht erahnen, wie es ihr ging. Letzten Mittwoch nun erstmal die letzte Chemo und sie war begeistert, nur etwa eine halbe Stunde Übelkeit. Es wurde ihr schon vorher etwas gespritzt, weil sie endlich was gesagt hat.
Da hat man doch ein gutes Gefühl, also danke nochmals.
Elly:sdreiertanzs:
 
Hallo Ellyrobby..

Das ist ja schön dass es endlich besser geklappt hat. Schade nur dass es so spät kam:cry:

Dir und Deiner Kollegin alles Gute!!
 
Hallo!.wir geben unseren Patienten immer Emend,Dexa, Kevatril....bei uns brechen sie eigentlich nie, habe noch keinen gesehen...vertragen unsere Chemos wirklich sehr gut...was das Erbrechen angeht

Gute Besserung und alles gute für dich und deine Freundin...LG:nurse:
 
Hallo Röda,
wenn das man so einfach wäre!
Mein Mann erhielt genau die von Dir genannte Kombination während seiner Chemo mit Ifosfamid und Doxorubicin, die er leider ambulant erhielt.
Es ging ihm trotzdem zeitweise "bescheiden".
Erbrechen bis zur Diagnose: Verdacht auf Herzinfarkt, durch Herzstechen und Luftnot.
Der allergrößte Witz sind die verordneten MCP Tropfen.
Er ging übrigens immer sehr gelassen an seine Chemo heran.
Naja, er hat es bereits lange unbeschadet überstanden.
Viele Grüße
Sanne
 
Hallo an Alle,
möchte als erstes sagen, daß bei uns NIE die Antiemese erst zum Einsatz kommt, wenn die Pat. bereits erbrechen und es werden KEINE Unterschiede gemacht, ob kassenversichert oder privat !
Wir geben seit Kurzem grade bei platinhaltigen Therapien eine Kurzinfusion mit Emend, Dexa und Ondansetron vorweg.
Ansonsten gehört bei uns Dexa und Ondansetron i.v. als Bolus vor jeder Therapie zum Standard. Allerdings sind die ganzen Medikamente auch keine Garantie für ein Ausbleiben der Übelkeit.
Wenn's gar nicht anders geht, machen wir auch Dauerinfusionen, übrigens gern mit MCP !
Die Pat. reagieren natürlich sehr unterschiedlich, manche stecken Chemo weg wie "klar Wasser" andere leiden trotz der besser werdenden Medikamente immer wieder.
Man muß eben auch das Gefühl vermitteln, es ERNST zu nehmen und daran wirklich interessiert sein, es besser werden zu lassen.

schöne Grüße :)
 

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