Gewerkschaft: nützlich oder unnötig?

Redactrice

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Köln
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Redakteurin der "Im OP" (Georg Thieme Verlag)
Liebe OP-Pflegende und OTAs,

ich würde gerne einmal mehr Eure Meinungen hören, diesmal zum Thema: Lohnt sich die Mitgliedschaft oder das Engagement in einer Gewerkschaft für Euch? Warum (nicht)? Wie sind Eure persönlichen Erfahrungen damit? Wie sollte eine funktionierende Berufsvertretung aussehen, was würdet Ihr Euch davon erwarten?

Ich weiß, dass das Thema in diesem Forum an anderer Stelle schon einmal heiß diskutiert wurde. Wir, die Redaktion der Im OP, würden Eure Antworten gerne in unserer Zeitschrift abdrucken, und deshalb lade ich Euch ausdrücklich ein, dazu (evtl. nochmals) Eure Meinung abzugeben. Also: Haut in die Tasten, ich freue mich auf Eure Erfahrungen!

Viele Grüße
Redactrice
 
Bereist zig mal besprochen.... z.B. http://www.krankenschwester.de/forum/diskussionen-berufspolitik/29306-gewerkschaft.html

Wenn du oben in die Suchfunktion die Worte Gewerkschaft oder verdi eingibst, erhälst du weitere Threads in denen dieses Problem immer wieder kontrovers diskutiert wird. dafür musst du in den entsprechenden Threads nur nochmal in die "Thema durchsuchen" die Worte Gewerkschaft oder verdi eingeben.

Warum also alle Meinungen erneut aufzählen? Die dürfte sich kaum geändert haben. Oder sollen wir unsere eigenen Beiträge zum Thema hier verlinken?

Elisabeth
 
Hallo Elisabeth,

nein, entschuldige, es geht einfach darum: Ich möchte hier Antworten sammeln, die ausdrücklich auch abgedruckt werden dürfen in der Zeitschrift Im OP. Ich will mich nicht einfach irgendwo bedienen ohne zu wissen, ob diejenigen, die irgendwo etwas posten, mit einem Abdruck einverstanden wären.

Viele Grüße
Redactrice
 
Hallo Elisabeth,

sei mal nicht so bissig.

Redactrice sucht Meinungen die sie abdrucken kann/darf - was würdest du sagen, wenn du in einer Zeitschrift das lesen würdest was du hier schreibst?
Luftsprünge machen und ihr auf Knieen danken? Wohl eher nicht, oder?

Dass sie den Thread schon kennt, steht in ihrem Beitrag.

Sonnigste Grüsse
Narde - der diese Zeitschrift im e-Format zur Verfügung steht, dank ihrem AG.
 
... oh, das Thema schlägt ja ein wie Bombe?! :gruebel: Womöglich habt Ihr Euch alle schon in anderen Beiträgen dazu ausgelassen. Wie auch immer, ich freue mich, wenn Ihr Eure Meinung einfach nochmal sagt. auch @ narde: DANKEschön!

Liebe Grüße
Redactrice
 
(provozierende These):
Vielleicht sind die zahlreichen Beiträge einfach die differenzierte Meinung der Pflegenden zum Nutzen der Gewerkschaften?!?

Matras
(Ver.di-Mitglied)
 
Hi.

Grundsätzlich: Gewerkschaften ja, Berufsvertretung im Sinne einer Kammer auch ja.

Speziell Pflege: Gewerkschaft nur dann sinnvoll, wenn primär Pflegeberufe im Vordergrund stehen, also keine Gewerkschaft wie Verdi. Es identifiziert sich aus der Pflege kaum jemand mit Verdi (über die Gründe und darüber, ob das mit einer anderen Gewerkschaft anders wäre, kann man trefflich streiten), die Belange des ÖD sind eben nicht problemlos auf die Pflege übertragbar - sonst passiert es wieder, dass ein TVÖD als Erfolg betrachtet werden muss. Ich denke aber auch, dass die Personalstruktur in der Pflege (in Deutschland) höchst ungünstig für eine gewerkschaftliche Organisation ist. Hoher Teilzeit- und Frauenanteil, sehr heterogene Arbeitsbedingungen und -felder, starke Verunsicherung und Unkenntnis, diese diffuse "Pflege ist ein besonderer Beruf" - Mentalität mit einem fatalen Hang zur überschießendem Pflichtgefühl und altruistischem Helfertum, etc. Und dann habe ich persönlich mit der "Jedem dasselbe" - Mentalität vieler Gewerkschaften (oder eben speziell verdi) ein Problem. Jeglicher pekuniäre Leistungsanreiz geht dadurch verloren. Darum auch vor Jahren (nach Jahren der Mitgliedschaft) wieder ausgetreten. Ich bin 35, seit 16 Jahren in Beruf, immer beim selben AG, nie Station (Intensiv) gewechselt und derzeit 50% AN und 100% Student (Lehramt)...für die Statistik ;).

Gruß, DS
 
@ der student,

(über die Gründe und darüber, ob das mit einer anderen Gewerkschaft anders wäre, kann man trefflich streiten
Da brauchen wir nicht zu Streiten, denn die Tatsachen sprechen für sich.
Eine Gewerkschaft hatten wir, nannte sich BIG, hat sich aufgelöst.
Der Grund war nicht zu viele Mitglieder!
 
Hallo,
wenn ich Redactrice richtig verstanden habe , geht es um eine Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft,die auch OP-Mitarbeiter vertritt bzw. was können OP-Mitarbeiter erreichen...?
Bei uns könnte man z. Beispl. im Rahmen eines Arbeitskampfes den OP schließen , wenn sich genügend OP-Mitarbeiter einer Gewerkschaft anschließen. Momentan sieht es allerdings nicht so aus, denn aus dem OP sind nicht genügend "Gewerkschaftler " vertreten,so das immer noch zwei Säle "bestückt "werden könnten.Das führt natürlich immer wieder zu Konflikten unter den Mitarbeitern und zu Unruhen ,wenn es wieder um die Tarifverhandlungen geht .
Ich stehe der Diskussion um einer Gewerkschafts-Zugehörigkeit daher skeptisch gegenüber !

L.G. Bischi
 
Alle Gewerkschaften, die die Pflege vertreten, vertreten auch die "pflegerischen" Mitarbeiter in den OPs. Die OTAs sind mit eingeschlossen, die Ärzte nicht - die lassen sich zum Beispiel von ver.di nicht mehr vertreten, auf eigenen Wunsch.
 
............
Ich stehe der Diskussion um einer Gewerkschafts-Zugehörigkeit daher skeptisch gegenüber !

L.G. Bischi


und da die Skeptiker überwiegen und sich nicht organisieren, werden wir schlecht vertreten und machen schlechtere Abschlüsse....

Matras
 
Warum ist der Trend zur Gewerkschaft so gering?

Mal um die Ecke gedacht...Gruppendynamik oder Groupthink Phänom

Selbstüberschätzung: Es wird die Illusion der Unverwundbarkeit aufgebaut und ein überstarker Optimismus an den Tag gelegt („wir können eigentlich nichts falsch machen“, „das hat schon immer gut funktioniert“). Hinzu kommt oft ein bedingungsloser Glaube an die moralische Integrität der eigenen Position („wir wollen nur das Beste für das Unternehmen“, „das Recht steht auf unserer Seite“, „wenn wir keine Schmiergelder zahlen, dann tun es andere“).

Engstirnigkeit im Denken: Es werden gemeinsame Rationalisierungsmuster und stereotype Wahrnehmungen über Andersdenkende entwickelt. Im Gefolge werden mit der Entscheidungstendenz der Gruppe inkompatible Informationen abgewertet, ausgeblendet oder umgedeutet. Externen Vertretern einer abweichenden Position wird unterstellt, „die Zusammenhänge nicht zu verstehen“, „unzureichende Informationen“ oder gar „verwerfliche Ziele“ zu haben. Sie werden schnell als Dummköpfe, Ignoranten oder unseriöse Gestalten abgestempelt. Dann erübrigt sich auch eine vertiefte Auseinandersetzung mit deren Argumenten.

Selbstzensur: Um den Entscheidungsprozess nicht zu verlängern und die Gruppenharmonie nicht zu gefährden, unterdrücken GM (wider besseren Wissens) selbst eigene Gegenargumente. Jeder dürfte wohl in Gruppensitzungen schon am eigenen Leib verspürt haben, welche Überwindung es kostet, in einer Situation, in der sich (vermeintlich) alle GM einig sind und in der „die Messen hinsichtlich der zu treffenden Entscheidung gelesen“ scheinen, einen kritischen Aspekt offen zu thematisieren.

Peerdruck: Werden abweichende Positionen geäußert, dann bauen andere GM schnell – explizit oder subtil – Druck auf. Die vorgetragenen Argumente werden abgewertet („Erbsenzählerei“) oder das Mitglied gar isoliert („Querulant“, „ewiger Bedenkenträger“).

Erzeugung der Illusion der Einstimmigkeit: Es wird intensiv betont, dass jeder seine Meinung einbringen konnte. Schweigen wird konsequent als Zustimmung gedeutet. „Starke“ Gruppenleiter nutzen damit im Verbund mit einer sehr autoritären Sitzungsführung subtil die Mechanismen der Selbstzensur und des Peerdrucks.

Einsatz von Mindguards: Einzelne GM füllen die Rolle von Gedankenwächtern aus, die den Leiter gegen abweichende Informationen oder Standpunkte abschirmen. Dies geschieht, indem im Vorfeld Äußerungen unterdrückt werden („das kann unmöglich in der Sitzung laut gesagt werden“) oder Abweichler in Einzelgesprächen wieder auf Linie gebracht werden („ich rede mal unter vier Augen mit
Das Phänomen der Fehlentscheidung — die bank - Zeitschrift für Bankpolitik und Praxis
Kommt das jemandem bekannt vor?

Pflege ist sich selbst genug. Sie hält sich für einmalig und für alles verantwortlich. Pflegekräfte sind im "Verein Pflege" organisiert. Und die "Vereinssatzung" wird akribisch eingehalten.

Um an die Basis zu kommen und sie zu aktivieren müsstest erst das Gruppendenken durchbrechen. Das erscheint mir zu einem hohen Prozentsatz unmöglich.

Die Gewerkschaft hat nix polarisierendes gegen das Gruppendenken gegenzusetzen. Sie bestätigen die Klischees, dass sie eh nix großartiges erreichen. Ich denke, dass hier in den letzten Jahren von den Gewerkschaften- gut gemeint, aber einfach zu hoch gepokert bzw. an den Themen der Basis vorbei agiert wurde.



Mein Standardbeispiel: Mein Frei gehört mir.
Die Stationsideologie gibt in der Regel vor: der Patient/Bewohner muss versorgt sein, koste es, was es wolle.
Stellst du dich gegen diese Ideologie, dann stellst du dich gegen die Gruppe. Gruppen haben diffizile Möglichkeiten Abweichler auf Spur zu bringen oder sie letztendlich auszugrenzen.
Wenn du jetzt mit Kampagnen kommst "Mein Frei gehört mir"- dann muss sich die PK entscheiden: für oder gegen die Gruppe. Was wird sie wohl machen? ... Mit der Gruppe bedeutet Arbeitsplatzgarantie.

Ergo: Die Erwartungen kannst du net erfüllen als Gewerkschaft. Du müsstest erst eine "Gehirnwäsche" bei 1,2 Mill. Pflegekräften vornehmen.

Misserfolge bleiben eher haften, als positive. Auch das macht es den Gewerkschaften und den Berufsverbänden schwer überhaupt an der Basis wahrgenommen zu werden und ev. Mitglieder gewinnen zu können.


Btw.- interessant finde ich in dem Zusammenhang, dass es in guten Intensivabteilungen eine net so starke Gruppendynamik gibt. Dort ist die Hierarchie oft flacher und verschieden Meinungen werden kontrovers ausdiskutiert. Wäre interessant, wie da der Prozentsatz der Organisation in Gewerkschaft und Berufspolitik ist

Elisabeth
 
... ah, da ist ja doch noch einiges zusammengekommen an Meinungen. Ich dachte mir schon, dass das ein sehr kontroverses und bereits oft durchgekautes Thema ist - vielen Dank an alle, die trotzdem ihren Senf nochmal dazu abgegeben haben (und es vielleicht noch tun).

Liebe Grüße
Redactrice
 

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