Alternative Medizin - Obstipation in der Palliativmedizin

Elisabeth Dinse

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Krankenschwester, Fachkrankenschwester A/I, Praxisbegleiter Basale Stimulation
Akt. Einsatzbereich
Intensivüberwachung
Hallo @all

in meiner Tätigkeit als Praxisanleiter ist mir jetzt ein sogenannter "Hallescher Einlauf" vorgestellt worden. Wer kennt diese Mischung und wie erklärt sich die Wirkung?
Ich bin beim Recherchieren nur auf Kaffee-Einlauf, Honig- Milch- Einlauf, Olivenöl- Einlauf gestoßen. Auch hier würde mich die Wirkweise interessieren.

Elisabeth
 
Kaffee Einlauf? rektal? :-?
macht man sowas wirklich?
 
Hallo Elisabeth,

diesen Einlauf habe ich noch nie gehört. Den Einlauf mit Kaffe kenne ich, er wurde vor ca. 15 Jahren recht häufig gemacht. Den Honig-Milch Einlauf habe ich noch nie gehört.

Wie soll dieser Hallesche Einlauf aussehen, was ist dort enthalten?

Liebe Grüsse
Narde
 
Der Hallesche Einlauf scheint eine Mischung aus Kaffee- und Honig-Milch-Einlauf zu sein.

Elisabeth
 
Was sagen den diejenigen, die den Anwenden? Zumindest aus was der besteht müsste denen doch bekannt sein?

Ulrich
 
Guten Morgen Elisabeth,

ich habe bei unseren Palliativ-Schwestern nachgefragt, die kennen ihn unter diesem Namen nicht. Was sie kennen ist, der Milch-Honig-Einlauf, der Sinn der dahinter stecken soll wurde mir so erklärt:
Milch, speziell das Fett darin soll den Darm "auskleiden" und "schützen". Der Honig soll Flüssigkeit und Giftstoffe herausziehen.

Ich gebe dir diese Antwort ohne Kommentar weiter.

Schönen Sonntag
Narde
 
Hallo,

ein Einlauf aus Kaffee, Honig, Milch? Ist ja verrückt!!!
Sind das nicht alles Lebensmittel? Weiß nicht ob die etwas im einem Einlauf zu suchen haben.

SG Martin
 
Danke für den Tipp. Ich hab mal recherchiert:
Nährklistier:
Bereits vor Jahrtausenden wurden Patienten, die nicht essen konnten oder wollten, Nahrung über einen Darmeinlauf, einem Nährklistier, in den Enddarm verabreicht. Detaillierte Beschreibungen hierüber liegen beispielsweise von ca. 3400 v.Chr. vor. Dabei wurden beispielsweise Schafsmilch, Honig, Schmalz, Muttermilch oder Wein verwendet. Es wurde betont, daß die Nährstoffe über mehrere Stunden im Enddarm verbleiben mußten. Erst viel später wurde erkannt, daß die rektal zugeführte Nahrung nur dann in nennenswertem Maße aufgenommen werden konnte, wenn sie die anatomische Schranke zwischen Dickdarm und Dünndarm überwinden könnte. Es klingt zwar verwunderlich, aber diese Art der Nahrungszufuhr wurde – zusätzlich zu anderen Zufuhrwegen _ noch bis in die 30er Jahre unseres Jahrhunderts praktiziert
Universität Heidelberg: Medizinische Fakultät Mannheim

Nährklistier:
Bereits vor Jahrtausenden wurde solchen Patienten Nahrung über einen Darmeinlauf, einen Nährklistier, rektal in den Enddarm verabreicht. Detaillierte Beschreibungen hierüber liegen aus der Zeit um 3400 vor Christus vor.
Dabei wurden beispielsweise Schafsmilch, Honig, Schmalz, Muttermilch oder Wein verwendet. Die Nährstoffe sollten über mehrere Stunden im Enddarm verbleiben.
Erst viel später erkannte man, dass die rektal zugeführte Nahrung nur dann in nennenswertem Maße aufgenommen wird, wenn sie die anatomische Schranke zwischen Dickdarm und Dünndarm überwindet.
Es klingt zwar verwunderlich, aber diese Art der Behandlung wurde - zusätzlich zu anderen Zufuhrwegen - noch bis in die 30er Jahre des 20. Jahrhunderts praktiziert.
Enterale Ernährung - Wie alles begann

Sogar im heimischen Bücherschrank hab ich was gefunden:
Künstliche Ernährung
Bei Verlegung des Magenausganges, bei Magen- und Dünndarmblutungen, vornehmlich aber nach Operationen, muß vorübergehend und ersatzweise eine Ernährung durch den Mastdarm erfolgen. Im wesentlichen dient diese Nahrung dem Ersatz des Flüssigkeitsverlustets. Man benutzt hierzu Tropfeinläufe von etwa 300 ccm 6-7% Traubenzuckerlösung oder physiologische Kochsalzlösung. An Nährstoffen können Kohlenhydrate in Form von Traubenzucker oder allenaflls kleine Mnegen Einweiß in Form von Pepeton verwendet werden. Als Nähreinlauf (Nährklistier) kommt folgende Zusammensetzung in Betracht: 60g Dextrin, 3-8 ccm Alkohol, 3 g Kochsalz, 300 ccm Wasser. Vor jedem Nährstoffeinaluf muß darauf geachtet werden, daß der Mastdarm entleert ist. Solche Tropfeinläufe und Klysmen können zwei- höchstens dreimal innerhalb 24 Studnen verabfolgt werden.


Krankenpflege Lehrbuch
17., Neu Bearbeitete Azflage
1950
Georg Thieme/ Leipzig
.

Ein Verbot für die Nutzung von Nährklistier habe ich nicht gefunden... wahrscheinlich weil niemand davon ausgeht, dass diese Art des Klysmas heutzutage noch genutzt wird.

Ergebnis: Aus meiner Sicht wird da etwas angewandt, dessen Wirkung man weder kennt noch abschätzen kann.

Aber vielleicht hilft ja eine Palliativfachkraft uns weiter. Vielleicht ist unsere Einstellung nur "falsch", weil wir eine falsche Sichtweise haben.

Elisabeth
 
hmm "kaffeeeinlauf", stelle mir das grad mal so im stationsalltag vor!!!

"oh ein kaffeeeinlauf? jetzt? da muss ich erstmal die kaffeemaschine anschmeissen!" :P
 
Entgiftung
Alle 4 Stunden (Tagsüber und auch Nachts, sofern von Arzt verordnet) einen Einlauf hergestellt aus 3 gehäuften Eßlöffeln Kaffee aufgekocht in 1L Wasser und anschließend auf Körpertemperatur abgekühlt
(Kaffee-Einläufe wurden als medizinische Maßnahme übrigens noch bis 1972 in Merck-Handbuch erwähnt)
Dazu jeden 2. Tag 2 Eßlöffel Rizinusöl plus einen Rizinusöl-Einlauf (Halleluja!)
Lazarus - Einzelnen Beitrag anzeigen - Kurzinfo Gerson-Therapie
Kaffee-Einlauf gegen Krebs -Schelte für Charles
London -
Weil sich der britische Thronfolger Prinz Charles (55) für tägliche Kaffee-Einläufe als wirkungsvolles Mittel gegen Krebs ausgesprochen hat, sind ihm von einem führenden Krebsspezialisten öffentlich die Leviten gelesen worden. Professor Michael Baum von der Universität London bezichtigte den Prinzen in einem offenen Brief im Fachmagazin British Medical Journal des Machtmissbrauchs und sprach ihm jeden medizinischen Sachverstand ab. "Meine Autorität beruht auf 40 Jahren beruflicher Erfahrung. Ihre stützt sich auf den Zufall Ihrer Geburt", hieß es in dem Brief. Es sei "unangemessen für Prinz Charles, seinen Einfluss geltend zu machen, um Krebspatienten von Heilmitteln zu überzeugen, die jeglicher wissenschaftlicher Grundlage entbehren." Prinz Charles hatte in einer Rede über eine von den Ärzten bereits aufgegebene Krebspatientin berichtet, die genesen sei, nachdem sie die Gerson-Diät ausprobiert hatte - eine Diät, die viel Gemüse und tägliche Kaffee-Einläufe propagiert. Der Prinz unterstützt seit mehr als 20 Jahren alternative Heilmethoden.

dpa
erschienen am 10. Juli 2004

Kaffee-Einlauf gegen Krebs -Schelte für Charles

Was mich besonders verwirrt, ist die fragwürdige Einstellung von Palliativfachkräften zu solchen espterischen Ansätzen.

Elisabeth
 
Zum Nährklistier vielleicht noch ein Nachtrag:
Vor der Ernährung durch Sonden steht jedoch die durch Nährklistiere. Nährklistiere wurden in den Enddarm verabreicht. Details über diese Form der Nährstoffzufuhr finden sich schon ca. 34000 v. Chr. In den Nährklistieren waren z.B. Schafsmilch, Honig, Schmalz, Kupferpulver und Wein enthalten. Weiterhin wird darauf hingewiesen, dass das Klistier über mehrere Stunden im Enddarm gehalten werden muss. Bis zum 12. Jahrhundert beschäftigten sich noch mehrere Ärzte mit der Nährstoffzufuhr mit Hilfe eines Nährklistiers. So beispielsweise der römische Arzt Aulus Cornelius Celsus, der byzantinische Arzt Oribasius von Pergamon, der arabische Arzt Avenzoar und der englische Chirurg von Aderne. Der Holländer De Graaf stellte als erster das Problem dar, dass die rektal verabreichte Nahrung nur dann ihre Wirkung und Aufgabe entfalten kann, wenn die anatomische Schranke der Bauhinsischen Klappe überwunden werden kann. Denn erst dann kann sie in den Dünndarm gelangen. Bis zum 17. Jahrhundert findet man in Veröffentlichungen größtenteils Beschreibungen zur Verbesserung von Apparaturen und Klistierspitzen. Nährklistiere werden bis zum 2. Weltkrieg als Möglichkeit der Nährstoffzufuhr verwendet.
Man stellte jedoch fest, dass die rektale Verabreichung von Nahrung nicht zu dem gewünschten Erfolg führt, d.h. die Ernährung war nicht ausreichend. Harvey entdeckt 1628 den Blutkreislauf. Damit legte er die Grundlage für die Nährstoffzufuhr über die Blutbahn. Doch erst 30 Jahre später wurden Experimente dazu gemacht. Es ergaben sich Probleme bei der Zusammensetzungen intravenös zu verabreichender Nahrung und mit der Einhaltung hygienischer Maßnahmen. Daher konnten keine Erfolge verzeichnet werden.
Im 12. Jahrhundert beschreibt der Arzt Avenzoar als erster wie man einen Patienten über eine in den Rachenraum eingeführte Silberkanüle ernähren kann.Basale Stimulation® e.V.

Bleibt also die Fragwürdigkeit der Kaffee-, Honig- Milche- Einläufe bestehen. Schade, dass kein palliativerfahrener Kollege uns antworten kann.

Elisabeth
 
Hallo Elisabeth,

vielleicht liegt es auch daran, dass dies nicht in allen Palliativ Kursen unterrichtet wird. Meine Kolleginnen mit Palliativkurs kannten diese Einläufe auch nicht. Ihre Erfahrungen bezüglich der Einläufe bezieht sich auf die Homöopathie und sind hergeleitet.

Sonnige Grüsse
Narde
 
Hallo Elisabeth,

ich habe heute eine andere Kollegin bezüglich des Halleschen Einlauf's gefragt, dieser löst wohl sehr gut Kotsteine und wird erfolgreich eingesetzt.


Liebe Grüsse
Narde
 
Kannst du was zur genauen Zusammensetzung sagen? Woher wissen die Kollegen, dass Kotsteine vorgelegen haben? Wie erklären sie die Wirkung?

Elisabeth
 
Hallo Elisabeth,

ich wusste dass diese Fragen kommen, aber ich kann sie dir nur teilweise beantworten, den Rest habe ich bereits in Auftrag gegeben, aber die Kollegin muss nachlesen. Von der Zusammensetzung ist wohl Milch und Honig enthalten. Es handelt sich wohl um ein Anthroposophisches Mittel.

Woran ich erkenne, dass Kotsteine vorhanden sind, das kannst dir sicher selbst beantworten.

Liebe Grüsse
Narde
 
Ich find die Auflösung von Kotsteinen interessant... wenn es denn welche waren.

Kot|stein
Syn.: Koprolith
coprolith; fecalith; enterolith
steinartig festes Darminhaltsgebilde (Enterolith) aus eingedicktem Kot (als Kern) u. inkrustiertem, von Darminhalt durchsetztem Schleim; u.a. im Wurmfortsatz, in Dickdarmdivertikeln; in der Mastdarmampulle evtl. als reiner Kotballen (Skybala), z.B. bei chronischer Obstipation. Kompl.: Ileus, Druckgeschwür mit Durchwanderungsperitonitis oder Darmperforation; Kotabszess.
gesundheit.de - Roche Lexikon Medizin und Gesundheit

oder

Skybala
ins****ated feces; scybala
Etymol.: griech.

„Kotballen“; eingedickter (wasserarmer) Stuhl im Dickdarm, z.B. bei Obstipation; evtl. durch die Bauchdecken tastbar („Koprom“) u. einen Tumor vortäuschend.
gesundheit.de - Roche Lexikon Medizin und Gesundheit

Manchmal sind es ja nur Worte... aber der Unterschied kann gewaltig sein.


Hat die Kollegin selbst Erfahrung gemacht mit dem Einlauf oder kennts sie es auch nur aus der Weiterbildung?

Elisabeth
 
Hallo Elisabeth,

sie kennt es aus der Weiterbildung, dort haben TeilnehmerInnen wohl Erfahrung mit diesem Einlauf gemacht.

Liebe Grüsse
Narde
 
Unsere kannte es auch nur aus der Weiterbildung. Dadurch war nicht in Erfahrung zu bringen um welche Obstipationsproblematik es sich tatsächlich handelt. Zu schnell wird von Kotsteinen gesprochen und eigentlich doch nur Kotballen gemeint. Und da wäre dann die Frage: hätte es ein Glycerin Einlauf eventuell auch getan?
das leidige Problem: wir probieren mal- mal sehen obs hilft. Und wenns hilft ist es gut udn wenn nicht, na dann nicht. Reflexion fehlt leider oft.

Elisabeth
 
Hallo Elisabeth,

der Einlauf besteht aus Honig und Milch bzw. Kaffee und Milch.
Sinn laut Palliativkurs:

Milch mit dem Fett macht die Sache gleitfähiger, der Honig bindet Wasser und Giftstoffe(?), Kaffee fördert die Peristaltik.

So mit mir musst du den Sinn jetzt bitte nicht diskutieren, weil ich es nur so weitergebe, wie es die Kollegin mir gesagt hat. Laut deren Kurs wäre es ein wunderbares altes Mittel, ein Hausmittel eben und die wirken halt und keiner weiss wieso.

Glycerin - weshalb wirkt es oder auch nicht? Ich denke vieles spielt sich auch im Kopf ab.

Verschneite Grüsse
Narde
 
Hallo,

in der Kinderkrankenpflege gibt es den "Muttermilcheinlauf" bei Verstopfungen von Säuglingen, er ist durchaus sehr effektiv und für den Darm schonender als hyperosmolare Lösungen.

LG,
Meggy

Kaffeeeinlauf habe ich nie gehört, könnte mir aber gut vorstellen, dass er wirkt, Kaffee oral hat ja auch oft eine peristaltikanregende Wirkung
 

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