Diazepam Rektiole noch zeitgemäß?

grobi1309

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Man hört ja wo amn nur hinkommt (wenn ein patient mal gekrampft hat), dass man sein Set oder zumindest eine Diazepam Rektiole zur Hand haben soll.

Ich habe gelernt, dass Rektiolen beim Erwachsenen keinen Sinn mache weil: a) die Bauchmuskulatur zu ausgeprägt ist, so daß Erwachsene es sofort beim Krampf wieder herauspressen b) es zu lange dauert bis der Wirkstoff resorbiert wird c) Erwachsene im Krampf eh nicht gedreht und gewendet werden dürfen (Gefahr von Frakturen).

Nun ist bei uns eine Diskussion entbrannt, da die Ärzte auf die Rektiolen bestehen (gut, sie haben das Sagen in medizinischen Fragen wenn sie vor Ort sind). Ich habe in einer rettungsdienstlichen Fortbildung halt gehört, dass Rektiolen out sind, habe aber keine Quellen dafür. Hat da jemand welche auf Lager ? Oder nehmt ihr alle noch Rektiolen ?
 
Was ist deine Alternative? i.m.? Nicht so doll
i.v.? Mittel der Wahl, vor den Rektiolen, klar. Aber halt nicht immer möglich.

Wenn kein Zugang, dann eben als Rectiole. Der Wirkeintritt ist schneller als per Zäpfchen und viel mehr gibt es ja nicht.

Laut fachinfo entspricht der Wirkeintritt der i.v. gabe.

Drehen kann man den Pat, besser als ihn noch 5min krampfen zu lassen.

Wir haben rektiolen da. Wenn ein Pat jedoch bereits gekrampft hat, so hat oder bekommt er einen venösen Zugang.
Wir benutzen sie also fast nie!
 
Um welche Patientenklientel handelt es sich? Grand mal oder Status? Wo befindet sich der Pat.? Wer ist vor Ort mit welcher Ausbildung? Welcher Venenzustand liegt beim Pat. vor? Gibt es einen Port? usw., usw., usw.

Die Darmentleerung erfolgt unwillkürlich, meint: derjenige verliert die Kontrolle über Blase und Darm. Hat nix mit rauspressen zu tun. Der unwillkürliche Stuhlabgang kommt auch net bei jedem vor.

Btw.- bei Kindern hast das Problem auch. Was machst denn dann?

Ergo: Argumentationskette fragwürdig.

Elisabeth

PS
Diazepam Desitin® rectal tube

4.2 Dosierung,
Art und Dauer der Anwendung
...Es gelten folgende Richtlinien für Einzeldosen:
– Behandlung des Status epilepticus Erwachsene erhalten anfänglich rektal 5 bis 10mg Diazepam (max. 1 rectal tube zu 10mg). Falls erforderlich, ist eine Wiederholung nach 10 – 15 Minuten bis maximal 30 mg Diazepam möglich. ...
Quelle: Fachinfo-Service
 
Die Rektiolen sind eher unpraktisch. Bei uns hatte bisher jeder Epileptiker möglichst bis zur Entlassung eine Viggo um bei Bedarf nicht erst einen Zugang legen zu müssen.
Auf dem Nachttisch wurde direkt nach Aufnahme ein Tablett mit 10mg Diazepam, Spritzen und Kanülen bereitgestellt. Aber zum Glück selten gebraucht!


Gruß
Die Anästhesieschwester
 
Ich stell mir das gerade praktisch vor:

Pat hat einen Krampfanfall, ich dreh ihn auf die Seite (??) und zieh ihm die Hose runter, mach die Rectiole auf... das dauert doch alles viel zu lang, es sei denn, es ist ein Status.

Hab in meiner Familie einen Epileptiker, und der hat einen Port. Muss mal nachfragen, ob da jemals einer eine Rektiole gezückt hat...
 
Ich habe bisher zwar schon viele Diazepam Rectiolen gesehen, aber noch nie eine verabreicht - weder in der Klinik noch im Rettungsdienst.
Es wurde überall die i.v. Gabe bevorzugt.
 
Wenn man ohne Arzt und Zugang da steht und nicht i.v. spritzen will oder darf ist das schon möglich so eine Rektiole zu verabreichen.
Dann kann man aber auch genauso gut i.m. spritzen.

In beiden Fällen muss man allerdings abwarten, bis die betroffene Person etwas locker lässt sonst wird das nicht möglich sein.
Wenn die Leute heftig krampfen, kann man die nicht umdrehen.
Außerdem muss man aufpassen, dass man selbst nichts abbekommt.

LG
Antje
 
Eine Freundin von mir arbeitet in einem Behindertenheim...dort gibt es auch viele Bewohner mit Epilepsie.
Die meisten Kollegen dort sind "nur"Heilerziehungspfleger" oder KPH und die Bewohner haben keine i.v Zugänge. Die verabreichen diazepam Rektiolen oder Chloralhydratlösung rektal.

Aber bei uns gibt es sie zwar aber wir geben direkt i.v-Medikamente

Lg:hippy:
 
Deswegen ja meine Frage: welches Fachpersonal vor Ort... und net zu vergessen: welcher Venenstatus.

Net immer wird die Rettung gerufen- warum auch bei bekanntem Anfallsleiden. Und net immer sind die Bedingungen so günstig, dass da sofort ein Zugang gelegt werden kann.

Eine Diazepam-Rectiole ist ein Notfallmedikament. Nicht mehr und auch nicht weniger.

Die Argumentationskette mit der Bauchpresse ist einfach falsch. Das eine i.v. Gabe stets bevorzugt wird von entsprechend ausgebildeten Fachkräften steht außer Frage da besser titrierbar.
Pat. mit häufigen Anfällen haben auch schon mal einen Port wenn die Venenverhältnise net ganz so top sind.

Elisabeth
 
Es gibt Ärzte, auch Neurologen, die Tavor expidet im akuten Anfall empfehlen. Dieses Präparat wird, für den, der´s nicht kennt, über die Mundschleimhaut aufgenommen.
Vorsicht im tonisch-klonischen Stadium, sonst ist der Finger ab. Kann man aber auch in die Wange schieben (Aussage einer Neurologin), muß nicht auf die Zunge und somit durch die Zahnreihen.
 
Jap da geb ich I.R.igator recht....Tavor exp. gibts auch mal im akutem anfall.
Meistens wird das aber als Bedarf angeordnet zum beispiel "Bei 2anfällen in 30min 1Tavor exp."
und dann sehen wir weiter.....:fidee:
 
wäre mir persönlich zu heiß im akutfall... zumal eben die gefahr besteht dass der pat zubeißt.
Ich kenn auch nur die variante mit diazepam i.v. oder rektal...
lorazepam is denk ich mal an sich i.v. auch ne option
 
Moin,

also ich habe in meiner rettungsdienstlichen Laufbahn 1 mal zur Rectiole greifen müssen, allerdings ohne wirklichen Erfolg. Mittlerweile wird in meinem RD-Bereich der MAD sowie Midazolam und S-Ketamin in den entsprechenden Dosierungen (15 mg/3ml für Midazolam, 250 mg/10 ml für S-Ketamin) vorgehalten und kommt auch regelmäßig, vor allem bei Kindern zur Analgosedierung, zum Einsatz und der schnelle Wirkeintritt beeindruckt mich immer wieder. Tolle Erfindung! :up:
 
Status generalisierter tonisch-klonischer Anfälle(SGTKA), Leitlinie der DGN

LL dazu: http://www.dgn.org/images/stories/dgn/leitlinien/LL2008/ll08kap_002.pdf

SGTKA:Der SGTKA ist ein lebensbedrohlicher akuter neurologischer Notfall und verlangt neben den Allgemeinmaßnahmen eine sofort einsetzende i. v. Therapie, vor Eintreffen des Arztes ist eine rektale Benzodiazepingabe durch Laien sinnvoll (
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)
(A). In den ersten Minuten, sowohl bei der prähospitalen als auch intrahospitalen Erstversorgung, werden i. v. Benzodiazepine (Lorazepam, in zweiter Wahl Diazepam) eingesetzt, bei ausbleibendem unmittelbarem Erfolg (bzw. bei Nichtverwenden von Lorazepam obligatorisch nach ca. 10 Minuten) wird zusätzlich Phenytoin i. v. appliziert (A), alternativ Valproat oder Phenobarbital. Beim therapieresistenten SGTKA sollten möglichst rasch ohne weiteren Zeitverlust Narkotika (off-label) zum Einsatz kommen: i. v. Gaben von Thiopental, Midazolam- oder Propofol (
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) (B)
, schließlich noch Wirkstoffe der ferneren Wahl wie Lidocain, Isofluran, Ketamin, Clomethiazol (
a_ve.gif
) (C)
.


man muss nicht sofort mit Med's (jeglicher Art) ankommen, bei einem 1. Anfall.
2 Min. (nach denen der Spuk in 99% der Fälle sowieso vorbei ist) kann man abwarten.
Für einen Laien ist ein 1. Anfall sicherlich eine Katastrophe.....

Erster epileptischer Anfall und Epilepsien im Erwachsenenalter
LL dazu: http://www.dgn.org/images/stories/dgn/leitlinien/LL2008/ll08kap_001.pdf
....Epileptische Anfälle dauern in der Regel nicht länger als 2 Minuten.....
Für alle: Die Abb. 1, Seite 6, Augenstellung während eines Anfalles, liefert erste Erkenntnisse, mitunter zielführende....

für den Laien wird weiter die Rektiole empfohlen
für die anderen iv Benzos, zuerst Lorazepam, ggfs. noch Lora + Phenytoin, erst als 2.(!) Wahl Diazepam
falls alles nichts taugt, anschlägt DANN erst, upps noch off-label sollte Thio, Mida, Propo verwendet werden
dass diese Med's noch off-label sind, das war mir tatsächlich auch noch nicht bekannt.
Ketamin findet sich erst am Ende der Rangfolge der Empfehlung.

Sollte dieses Vorgehen nicht auch für den RD gelten? Von A, zu B, ggfs. C - man hat sich dabei schon was gedacht ?
 
wäre mir persönlich zu heiß im akutfall... zumal eben die gefahr besteht dass der pat zubeißt...

iss schon etwas her aber...
...man muss die expidet nicht zwingend zwischen die Zahnreihen/unter die Zunge verabreichen
es ginge auch sie in die Backentasche/ die äußere Zahnreihe/ Zahnfleisch einzubringen und solange zu verreiben, bis sie sich aufgelöst hat
was nur paar Sekunden dauert
paar Tropfen Wasser dazu, ggfs., eigentlich reicht der vorhandene Speichel aber voll und ganz
da sind dann auch die Finger zu 100% noch heile, hinterher:daumen:
 
Bei uns hatte mal völlig unverhofft der Vater eines Kindes (der eigentlich nur zu Besuch da war) einen Krampfanfall. Zum Glück war zufällig gerade die diensthabende Ärztin bei uns auf Station (es war Sonntag Nachmittag), sie hat auch Tavor exp. gegeben (in die Wangentasche), was dann ziemlich rasch gewirkt hat.
 
Hallo zusammen,
ja Tavor ist mir auch bekannt,denn die meisten "Epi´s" reagieren schon nicht mehr auf Diazepam-Rect.
In meinem letzten Status epilepticus bei einem Kleinkind,war Tavor gar nicht gut,da die kleine stark Atemdepressiv wurde und sogar vom NA intubiert werden musste...dann letzte AO 100mg Phenobarbital i.m......ok! 3 wo später...wieder ein Status....Phenobarbital liess sich aber nicht spritzen...mh...also O2 Gabe und bebeuteln bis NA da war...der gab Diazepam rectal und oral...fast 40mg....:?:also...wieder intubation,knochennadel,i.v.med und ab ins krh...

ich denke es ist bei jedem unterschiedlich...kommt auf die form und intensität an...???

LG
 

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