Lungenödem als anästhesiologische Komplikation

Rabenzahn

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Lungenödem durch Unterdruck

Ein Lungenödem durch Unterdruck ist eine Komplikation der akuten und chronischen Obstruktion im Bereich der oberen Atemwege.
Der vorherrschende pathophysiologische Mechanismus besteht in der Entwicklung eines ausgeprägten. negativen ( niedriger als der Umgebungsdruck ) intrapleuralen Druckes, während der Inspiration gegen die geschlossene Glottis, der letztendlich einen gesteigerten pulmonalen mikrovaskulären Druck hervorruft.

Die Risikofaktoren und Ursachen einer oberen Atemwegsobstruktion sind zahlreich, doch im allgemeinen begrenzt sich der klinische Verlauf eines Lungenödems nach Obstruktion mit alleiniger supportiver Therapie selbst. Die Diagnose wird oft durch die Aspiration von Mageninhalt verschleiert, weil gelegentlich beide Ereignisse initial hinsichtlich Erscheinungsbild und auslösender Faktoren nicht voneinander zu unterscheiden sind.

Der erste anerkannte Fall eines Unterdruck- Lungenödems bei einem Kind wurde 1973 veröffentlicht. Am Erwachsenen wurde dieser Fall erstmalig 1977 beschrieben. Im Zeitraum von 1977 bis 1990 traten dann lediglich 77 Fälle auf, mit einer oberen Atemwegsobstruktion mit nachfolgendem Lungenödem. Die tatsächliche Inzidenz ist unbekannt. Sie liegt jedoch wahrscheinlich deutlich höher als berichtet, wenn man die Häufigkeit von oberen Atemwegsobstruktionen in der perianästhetischen Phase und die Wahrscheinlichkeit von falsch diagnostizierten Aspirationssyndromen bei vielen Patienten berücksichtigt.

Es ist möglich, dass ein unterdruckbedingtes Lungenödem bei gering ausgeprägter Symptomatik falsch diagnostiziert wird oder unerkannt bleibt. Ein manifestes klinisches Bild zeigt sich in der Regel nach Beseitigung der oberen Atemwegsobstruktion , oder tritt unter Umständen auch verzögert auf. Die Ursachen einer Obstruktion sind zahlreich und können akuter oder chronischer Natur sein. Ein Laryngospasmus und Tumore der oberen Atemwege tragen zu 50 % der Fälle eines Postobstruktionslungenödems bei Erwachsenen bei, wobei ersteres das häufigste auslösende Ereignis ist.
Die Zeitspanne von der Obstruktion bis zum Eintritt eines Lungenödems recht von 3 bis 150 Minuten .

Ursachen von oberen Atemwegsobstruktionen

akut

· Laryngospasmus
· Fremdkörper – Aspiration
· Bronchospasmus
· Atemwegstrauma
· Selbstmordversuch durch Aufhängen
· Obstruktion des Endotrachealtubus
· fehlplazierte Larynxmaske
· Epiglottitis
· Tumor
· Krupp
· Strangulation
· exzessive Sedierung
· retropharyngealer oder peritonsillärer Abszeß
· Laryngotracheobronchitis

chronisch

· Hypertrophie von Tonsillen oder Adenoiden
· Struma
· Akromegalie
· obstruktive Schlaf-Apnoe mit Adipositas
· nasopharyngeale Raumforderung

Akute Atemwegsobstruktion

Trotz der hohen Inzidenz von Laryngospasmen im Kindesalter , findet sich selten ein postobstruktives Lungenödem in dieser Altersgruppe. Der Grund dafür ist unklar, weil Kinder extrem elastische Thoraxwände haben und hohe negative intrapleurale Drücke aufbauen können. In der Vergangenheit, vor der Einführung der Pulsoxymetrie als Standard der anästhesiologischen Versorgung, wurde klinisch gering ausgeprägte Fälle unter Umständen nicht entdeckt. Epiglottitis und Laryngotracheobronchitis sind zu über 50 % an Fällen von Lungenödemen bei Kindern unter 10 Jahre beteiligt.
Andere Ursachen einer akuten oberen Atemwegsobstruktion sind:
· Aspiration
· Strangulation
· Erhängungsversuche
· retropharyngeale Abszesse
· peritonsillärer Abszeß
· Angina Ludovici
· Angioödem
· Bronchospasmus
· exzessive Sedierung
· Beißen auf den Endotrachealtubus
· Fehlposition einer Larynxmaske


Chronische Atemwegsobstruktion

Eine chronische obere Atemwegsobstruktion kann Folge einer obstruktiven Schlaf – Apnoe, von hypertrophen Adenoiden und Tonsillen, nasopharyngealen Raumforderungen, Struma oder Akromegalie auftreten.
Erwachsene mit einem obstruktiven Schlaf – Apnoe – Syndrom zeigen eine chronische Hypoventilation und Hypoxämie, die durch eine wechselnde Obstriktion der oberen Atemwege zu einem Cor pulmonale und einem intermittirenden Lungenödem führen kann.

Risikofaktoren sind Adipositas mit obstruktiver Schlaf – Apnoe, anatomisch schwierige Intubationen, sowie Operationen und pathologische Läsionen in Nase, Mundhöhle oder Pharynx.
Patienten mit diesen Risikofaktoren sollten zum Zeitpunkt der Extubation komplett wach sein und im Aufwachraum genau beobachtet werden. Die Zeitdauer der Überwachung ist jedoch umstritten und muß individuell festgelegt werden.

Junge Männer mit athletischem Körperbau sind ebenfalls einem erhöhten Risiko ausgesetzt, da sie hohe intrapleurale Negativdrücke ( - 100 cm H2O ) aufbauen können. In diesen Fällen wurde das Unterdrucklungenödem auch als Athletenlunge ( APE – Syndrom = Athlets Pulmonary Edema ) bezeichnet. Bei Versuchen mit freiwilligen Probanden gingen Lungenödem uns ausgeprägter Hypoxie obstruktive Episoden von mindestens 10 – 30 Sekunden Dauer voraus.


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Pathogenese und pathophysiologische Merkmale des Lungenödems
Starling – Kräfte

Die Pathogenese des Negativdruck – Lungenödem ist multifaktoriell. Der wichtigste Mechanismus ist die Erzeugung eines deutlich unter dem Umgebungswert liegenden intrapleuralen Druckes gegen eine geschlossene Glottis während der Inspiration. Das Verständnis der Starling – Kräfte, die den Flüssigkeitsaustausch entlang der Pulmonalkapillaren regeln, ist wichtig, weil die pulmonalen Kapillargefäße nur durch 0,5 µm Gewebe von den Alveolen getrennt sind.
Die Kräfte im Zusammenhang mit dem transkapillären Flüssigkeitsstrom ( Qf=+ ) werden durch die Starling – Gleichung beschrieben.


Qf = Kf ( [ Pc – Pi ] ) - ỏ [ π c- π i ] )


Kf = Filtrationskoeffizient ; Pc = pulmonalkapillärer hydrostatischer Druck; Pi = interstitieller hydrostatischer Druck; ỏ = Reflexionskoeffizient; π c = kapillärer kolloidosmotischer Druck;
π i = interstitieller kolloidosmotischer Druck. ỏ repräsentiert die Effektivität des Endotheliums im Hinblick auf die Prävention von Flüssigkeitsbewegungen ( hauptsächlich Albumin) durch die Membran. Ein ỏ-Wert von 0 entspricht einer freien Permeabilität ( keine Barrierefunktion ), und
1 bedeutet eine totale Impermeabilität für Proteine.


Normalerweise tritt ein geringer Nettofluß von Flüssigkeiten aus den Kapillaren in das Interstitium des peribronchialen und perivaskulären Raums auf. Die Lymphgefäße im Peribronchial - und Perivaskulärraum sind in der Regel in der Lage, diesen Lymphfluß effektiv zu klären. Ein großer und rascher Efflux überschreitet jedoch u.U. die Kapazität der Lymphdrainage. In solchen Fällen tritt Flüssigkeit letztendlich in fortgeschrittenen Stadien in die Alveolen über.



Müller – Manöver

Bei einem Inspirationsversuch gegen die geschlossene Glottis bekannt als Müller- Manöver. entwickelt sich ein gegenüber der Umgebung deutlich negativer intrapleuraler Druck, der auf den perivaskulären und interstitiellen Raum übergeleitet wird.
Vor der Inspiration beträgt der intrapleurale Druck normalerweise – 5 cm H2O . Er fällt im Rahmen einer normalen aktiven Inspiration auf – 7 bis – 8 cm H2O ab. Die intrapleuralen Drücke können auf
– 50 bis – 100 cm H2O sinken, wenn die Inspiration gegen eine geschlossene Glottis versucht wird.
– Die Schwelle des Unterdrucks, der notwendig ist, um ein Ödem auszulösen, ist nicht bekannt und kann interindividuell erheblich variieren, die durch die Starling – Gleichung gezeigt werden kann.


Ventrikuläre Vor – und Nachlast

Diese pleurale Druckverringerung wird schließlich auf das Interstitium der Lunge übertragen und erhöht den venösen Rückfluß zum rechten Herzen. Ein erhöhter hydrostatischer Druck in den Pulmonalkapillaren steigert den transkapillären hydrostatischen Druckgradienten und prädisponieren den Patienten solchermaßen zum Lungenödem. Zusätzlich steigert ein subatmosphärischer Intrapleuraldruck während der Systole die linksventrikuläre Nachlast mit folgenden Konsequenzen:

– vergrößertes linksventrikuläres enddiastoliches Volumen und entsprechender Druck
– verringertes linksventrikuläres Schlagvolumen und niedrigere Ejektionsfraktion sowie gesteigerter pulmonaler mikrovaskulärer Druck.



Interventrikuläre Abhängigkeit

Dehnt sich der rechte Ventrikel mit gesteigertem venösen Rückfluß aus, dann verschiebt sich das interventrikuläre Septum nach links und das linksverntrikuläre Volumen, sowie die Compliance verringern sich ( interventrikuläre Abhängigkeit ), woraus eine Steigerung des linksventrikulären enddiastolischen Drucks resultiert. Ein negativer intrapleuraler Druck erhöht auch den transmuralen Druck über Aorta
und linken Ventrikel, wodurch die Nachlast weiter vergrößert wird.


Pulmonalkapilläre Permeabilität

Man nimmt an, dass die pulmonalkapilläre Permeabilität mit negativen intrapleuralen Drücken zunimmt. Im allgemeinen gilt, dass ein erhöhtes Blutvolumen im Lungenkreislauf bei niedriger pulmonalvaskulärer Compliance die Membranpermeabilität verändert, die Membran dem Risiko einer Ruptur ausgesetzt und schließlich zur Transsudation von Flüssigkeit und Erythrozyten führt. Diese Ruptur wurde klinisch und experimentell beobachtet.

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Hypoxie und hyperadrenerger Status

Die Hypoxie under der hyperadrenerge Zustand , die eine obere Atemwegsobstruktion begleiten, tragen vermutlich ebenfalls zur Entwicklung des Lungenödems bei. Die hyperadrenerge Reaktion kann alleine durch eine obere Atemwegsobstruktion ausgelöste werden und wird durch die Hypoxie verstärkt. Hypoxie und metabolische Azidose fördern eien Vasokonstriktion auf präkapillärem Niveau, erhöhen den pulmonalen mikrovaskulären Druck und wirken myokarddepressiv.

Eine gesteigerte Aktivität des sympathischen Nervensystems verursacht eine Zentralisation des zirkulierenden Blutvolumens mit einer Translokation von Blut aus dem systemischen in den pulmonalen Kreislauf, wodurch der pulmonale mikrovaskuläre Druck weiter angehoben wird.

Der hyperadrenerge Zustand trägt möglicherweise auch zu einer Veränderung der pulmonalkapillären Membranintegrität bei.Die Tatsache, dass es nach einer Reihe von zentralnervösen Ereignissen zu einem neurogenen Lungenödem kommt, stützt die Rolle des autonomen Nervensystems bei der Entwicklung des Ödems.
Als die wichtigsten pathogenen Mechanismen wurden Permeabilitätsdefekte in den pulmonalen Kapillaren, sowie ein erhöhter pulmonaler mikrovaskulärer Druck infolge einer verstärkten Katecholaminfreisetzung vermutet.

Vasalva – Manöver

Die Exspiration gegen eine geschlossene Glottis ( Vasalva – Manöver ) bewirkt einen Auto – PEEP – Effekt ( PEEP = positiv endexspiratorischer Druck ) , der eine Ausdehnung der Alveolen fördert und ein Lungenödem verhindert, bis die Obstruktion beseitigt ist.
Bei Exspiration gegen eine geschlossene Glottis bewirkt der Lufteinschluss eine verlängerte Füllung und einen PEEP. Selbst unter einem Vasalva – Manöver liegt der mittlere intratracheale Druck bei einer Obstruktion unter dem Umgebungswert.

Ein positiver intrapleuraler Druck senkt den venösen Rückfluss , den pulmonalen mikrovaskulären Druck sowie die linksventrikuläre Nachlast. In der klinischen Situation löst sich der Auto-PEEP-Effekt nach Beseitigung der Obstruktion auf, wobei die Bildung eines Lungenödems gefördert wird.
Ein Gleichgewicht zwischen einem unter dem Umgebungsdruck liegende inspiratorischen und einem positiven exspiratorischen Druck verhindert bei einer fixierten oberen Atemwegsobstruktion die Entwicklung eines Lungenödems, bis die Obstruktion beseitig ist.
Bei variabler oberer Lungenwegsobstruktion überwiegt jedoch das Müller – Manöver und manifestiert sich als klinisch erkennbares Lungenödem vor Beseitigung dieser Obstruktion .


Klinisches Bild

Symptome

Die Identifikation von Patienten mit prädisponierenden Faktoren für eine obere Atemwegsobstruktion ist wichtig. Zu den klinischen Zeichen einer oberen Atemwegsobstruktion gehören :

- Stridor
- Atemnot
- paradoxe Thoraxbewegungen unter Einsatz der Atemhilfsmuskuskulatur

Ein Lungenödem manifestiert sich akut mit:

- Dyspnoe
- Tachypnoe
- Zaynose
- Giemen
- und der Produktion fleischwasserfarbenden, schaumigen Sekret.

Es kommt zu :

- Hypoxie
- Hyperkapnie
- und metabolischer Azidose



Zeitlicher Verlauf

80 % der Fälle eines Nehativdruck – Lungenödems treten innerhalb von Minuten nach Beseitigung der oberen Atemwegobstruktion auf. Ein verzögerter Beginn ist selten, es wurde jedoch in manchen Fällen
( speziell nach Strangulation ) über ein Intervall von 4 – 6 Stunden berichtet.

Das klinische Spektrum reicht von gering ausgeprägten bis zu schweren Verläufen, weswegen einige Fälle unerkannt bleiben. Der Schweregrad steht wahrscheinlich in Zusammenhang mit der Obstruktionsdauer und dem Grad der pulmokapillären Schädigung.

Die prolongierte Beobachtung der Patienten nach Extubation wird empfohlen, besonders wenn sich eine obere Atemwegsobstruktion entwickelt oder wenn prädisponierende Risikofaktoren auch bei fehlenden klinischen Symptomen vorliegen.

Der Einsatz der Pulsoximetrie im Operationsbereich und Aufwachraum hilft bei den meisten Patienten wahrscheinlich bei der Risikoidentifikation. Die Zeichen und Symptome eines Negativdruck – Lungenödems sind oft subtil und manifestieren sich oft lediglich als mäßiger Abfall der Sauerstoffsättigung in der Pulsoximetrie. Dieses Symptom spielt unter Umständen nur dann eine Rolle, wenn der Patient Raumluft atmet. Das Lungenödem ist in diesen Fällen in der Regel selbstbegrenzend und möglicherweise nur auf den Röntgen – Thorax erkennbar.

Rückbildung

Ein röntgenologisch bestätigtes alveoläres oder interstitielles Ödem bildet sich in der Regel innerhalb von 12 – 24 Stunden zurück. In manchen Fällen dauert die Rückbildung jedoch länger, was vermutlich vom Grad der Schädigung oder Ruptur der pulmonalen Mikrogefäße abhängt.


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Hämodynamische Veränderungen
Im Rahmen des hämodynamischen Monitorings zeigen sich Normalwerte für zentralvenöse und pulmonalarterielle Drücke sowie für den pulmonalkapillären Verschlussdruck.
Der pulmonalkapilläre Druck bestimmt über den pulmonalarteriellen Verschlussdruck ,ist wahrscheinlich erhöht. Eine direkte Messung ist jedoch beim Menschen nicht möglich. Die Inspektion zur Bestimmung des pulmonalkapillären Druckes verwendet die Aufzeichnung des Verschlussdruckes, ist aber häufig nicht durchführbar oder ungenau .
Ein gesteigerter pulmonalkapillärer Druck lässt sich nicht durch Messung des pulmonalarteriellen Verschluß-Druckes vorhersagen. Diese Parameter bleiben in verschiedenen klinischen Situationen, in denen der pulmonalkapilläre Druck erhöht ist im Normalbereich.

Die Differentialdiagnose des perianästhestischen Lungenödems umfasst verschiede Möglichkeiten und sollte durchgeführt werden, weil die Behandlung ursachenbezogen erfolgen muss.

Aspiration von Mageninhalt

Bei Ausschluss eines Negativdruck –Lungenödems besteht die primäre Alternativdiagnostik in der Aspiration von Mageninhalt und der Entstehung einer Pneumonie. Die Aspirationspneumonie nimmt unter Umständen auch einen selbstlimitierenden Verlauf und erfordert dann in Abhängigkeit von der Qualität und Quantität( z.B. pH und spezielle Bestandteile des Aspirats ) nur eine supportive Therapie.
Für die Identifikation von Partikeln im Aspirat kann eine direkte Laryngoskopie oder fiberoptische Bronchoskopie hilfreich sein. Ein Rö – Thorax ermöglicht meistens keine Unterscheidung zwischen beiden Diagnosen. Eine massive Aspiration kann ein mit dem Negativdruck – Lungenödem identisches Erscheinungsbild bieten, das auch unilateral auftreten kann.

Akutes Atemnot – Syndrom

Das akute Atemnot – Syndrom ( ARDS = Acute Respiratory Distress Syndrome ) muss auf der Basis der Risikofaktoren des Patienten ausgeschlossen werden. Die rasche klinische Besserung eines postobstruktiven Negativdruck – Lungenödems wird die Bestätigung der Diagnose erleichtern.

Exzessive intravaskuläre Volumenzufuhr

Eine iatrogene Volumenüberlastung sollte auch in Betracht gezogen werden. und kann durch Messung des zentralvenösen oder pulmonalkapillären Wedgedruckes diagnostiziert werden. Die Behandlung dieses Problems umfasst Flüssigkeitsrestriktion, Vasodilatation und die Verabreichung von Diuretika, die bei einem Negativdruck – Lungenödems nicht indiziert sind.

Kardiale Abnormitäten

Kardiogene Faktoren müssen speziell bei Patienten mit einer Herzerkrankuzng oder identifizierbaren kardialen Risikofaktoren in der Anamnese ausgeschlossen werden. Ischämische Episoden, Arrhythmien oder eine Dekompensation im Rahmen einer Klappenerkrankung sind auszuschließen. Ischämische Veränderungen und Rhythmusstörungen werden manchmal durch ein Standard – EKG festgestellt. Für den Nachweis von Wandbewegungsstörungen , die Quantifizierung der Auswurffraktion und die Beurteilung der Klappenfunktion kann eine transthorakale oder transoesophagale Echokardiographie hilfreich sein.

Verschiedene Ursachen

Eine pulmonale Embolie muss bei Patienten mit prädisponierenden Faktoren oder chirurgischen Eingriffen, die solch ein Ereignis auslösen können ( z.B. orthopädische oder kardiale Operationen ) ausgeschlossen werden.
Eine Anaphylaxie ist ebenfalls in Betracht zu ziehen und die Durchsicht kürzlich gegebener Medikamente ist in diesem Zusammenhang von essentieller Bedeutung.

Therapie :

Unterstützende Beatmung

Die Behandlung eines Negativdruck – Lungenödems ist primär supportiver Natur und umfasst das Freihalten der Atemwege, sowie die Gabe von zusätzlichen Sauerstoff. Bei Verdacht ist eine aggressive Intervention meist nicht erforderlich. Die Patienten sollten demnoch bis zur Zustandsbesserung im Intensivbereich überwacht werden. Die Sicherung freier Atemwege macht unter Umständen eine endotracheale Intubation und mechanische Ventilation erforderlich. Laut Fallberichten benötigten 85 % der Erwachsene und Kinder eine Intubation. 50 % mussten mechanisch ventiliert und bei weiteren 50 % ein kontinuierlicher positiver Atemwegsdruck oder PEEP angewendet werden.

Die Sicherstellung freier Atemwege und die Oxygenierung kann initial ohne Intubation versucht werden. Einige Patienten brauchen möglicherweise nur zusätzlich Sauerstoff bzw. CPAP = Continuous Positive Airway Pressure = kontinuierlich positiver Atemwegsdruck, über eine Maske, eventuell auch beides.

Im allgemeinen werden Patienten mit einem schweren Lungenödem im Operationssaal – oder Aufwachraum reintubiert. Die meisten Patienten, die mechanisch beatmet werden müssen , können nach Rückbildung des Ödems innerhalb von 24 Stunden wieder extubiert werden. Besteht die Indikation zur Beatmung verbessert die Anwendung eines PEEP die Oxygenierung und begrenzt die eingesetzte Sauerstoffkonzentration.

Flüssigkeitsmanagement

Flüssigkeitsrestriktion und Diuretika werden für Patienten bei denen die Diagnose eines Negativdruck – Lungenödems eindeutig ist, nicht empfohlen. Sie sind unter Umständen infolge eines massiven Flüssigkeitstransfers in die Lungen hypovolämisch und diese Therapie würde ihren Zustand verschlechtern.

Verschiedenes

Ein aggressives hämodynamisches Monitoring ist meist nicht notwendig, kann aber für die Differentialdiagnose gelegentlich hilfreich sein. In der Vergangenheit wurde mit Kortikoiden therapiert, was zur Zeit aber nicht zu empfehlen ist. Patienten mit einer oberen Atemwegsobstruktion oder prädisponierenden Risikofaktoren, die nicht sofort eion Lungenödem entwickeln, müssen im Aufwachraum genau überwacht werden. Die Überwachungsdauer ist, wie bereits erwähnt, umstritten. Ein Negativdruck – Lungenödem verläuft in der Regel gutartig und selbstreduzierend und hinterlässt keine Langzeitfolgen. Ein fulminanter und sogar lebensbedrohlicher Verlauf ist jedoch gelegentlich möglich. Selbst in diesen Fällen bessert sich der Zustand meist schnell, sobald die Diagnose gestellt und die Therapie eingeleitet wurde.

Prävention

Die aggressive Therapie einer oberen Atemwegsobstruktion kann die Entwicklung eines Negativdruck – Lungenödems verhindern. Patienten mit Zeichen einer Obstruktion der oberen Atemwege sollten frühzeitig behandelt werden. Dabei empfiehlt es sich nicht , über eine längere Zeit den Durchbruch der Obstruktion mit einer Maske zu versuchen. In der Regel ist nur eine kleine Succinylcholindosis (5 -20 mg ) notwendig. Man sollte nach Möglichkeit in Betracht ziehen, dass der Endotrachealtubus abgeknickt ist.
Auch Beißen des Patienten auf den Tubus ist zu verhindern.

Schlussfolgerungen

Ein Negativdruck –Lungenödem ist wahrscheinlich häufiger, als die meisten Anästhesiologen realisieren, wenn die relative Häufigkeit von oberen Atemwegsobstruktionen in der perianästhetischen Periode berücksichtig wird. In subtilen Fällen wird die Diagnose unter Umständen nicht gestellt und bei schweren Verläufen kann das Bild durch Aspiration, eine Diagnose, die viele Anästhesiologen wegen ihrer potentiellen Letalität schnell stellen, verschleiert werden. Vorangehende Ereignisse bei einem Negativdruck – Lungenödem und einer Aspiration können sich gleichen ( z.B. Unruhe des Patienten, oder schwierige bzw. unmögliche Intubation ) . Das klinische Erscheinungsbild ist möglicherweise identisch.
In der Vergangenheit konnten leichte Fälle eines postobstruktiven Lungenödems unentdeckt bleiben, heute aber ermöglicht die Pulsoxymetrie ihre Erkennung.

Anhang 1

Differentialdiagnose pes perianästhetischen Lungenödems

- Unterdruck - Lungenödem
- Aspiration von Mageninhalt
- akutes Atemnot- Syndrom des Erwachsenen ( ARDS )
- dekompensierte Herzinsuffizienz
- Volumenüberlastung
- Anaphylaxie


Anhang 2

Therapie des Unterdruck - Lungenödems

- supportive Massnahmen
- Freihalten der Atemwege
- Sauerstoff
- kontinuierlich positiver Atemwegsdruck
- mechanische Ventilation
- sorgfältige Überwachung ( selten aggressiv oder invasis )


Literatur:

1. Timby J , Reed C , Zeilender S, et al. Mechanical cause of pulmonary edema. Chest 98: 973, 1990
2. Warner Lo, Beach ATP, Martino JD: Negative pressure pulmonary oedema seconddary to airway obstruction in an intubated infant. Can J Anaesth 35:507 , 1988
3. Kamal RS, Agha S : Acute pulmonary edema; a complication of upper airway obstruction. Anaesthesia 39:464 , 1984