Sinn und Unsinn von Antithrombosestrümpfen

catweazle

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Bin da nicht mehr auf dem neuesten Stand- wenn mich da ein Schüler zu befragt...

Was ist Stand der Dinge mit ATS? Habe mich letztens mit einem Doc unterhalten, der meinte, man solle sie besser weglassen, die würden nur einschnüren und das Gegenteil bewirken von dem, was sie sollen.

Gibt es zur Wirksamkeit eine aktuelle Studie?
 
Also bei uns wird es so gehandhabt, dass MTS (medizinischer Thromboseprophylaxestrumpf) sehr wohl noch Anwendung finden. Nur bei bei uns die MTS, die nur bis zum Knie gehen.
Und zwar, weil es wohl keinen erkennbaren Vorteil gibt gegenüber denen, die bis zur Leiste gehen, weil diese nämlich in der Regel nicht korrekt sitzen (nicht wirklich bis zur Leiste hoch, sondern am Oberschenkel "abrollen". Damit schaffe ich natürlich genau den gegenteiligen Effekt, den ich will, da es proximal der "Aufrollung" zu einem Blutstau kommen kann / kommt.
Die "Halbstrümpfe" werden oft besser toleriert und sitzen richtig. Daher dann meist besserer Effekt.
Ausmessen ist klar (nach Firmenvorgabe) und die Windmühlen gegen die Elisabeth Dinse kämpft (Strümpfe werden im Bett ausgezogen) ist natürlich das unsinnigste was es gibt.
Genau DA sollen sie ja komprimieren, weil u.a. die Muskelpumpe wegfällt. Also bitte die MTS nur zum Wecheln u./od. Füße waschen ausziehen (also ein mal am Tag) Am Rest des Tages (und der Nacht) sollten die MTS an den Beinen bleiben.
Also das ist grob komprimiert mein Stand.
Lasse mich aber auch gern eines neueren belehren!
 
Vielen Dank. Man lernt nie aus.
 
catweazle schrieb:
Man lernt nie aus.
*ggg* Es gibt auch noch wissenwertes außerhalb der i.v. Spritzen; BE u.ä..

http://www.chemie.uni-hamburg.de/igtw/Gesundheit/images/pdf/thromboembolieprophylaxestrumpfe.pdf

http://www.uni-duesseldorf.de/WWW/AWMF/ll/037-006.htm

http://www.uni-duesseldorf.de/WWW/AWMF/ll/037-004.htm

In unserem Haus werden zwei Richtungen gefahren: Ein Professor lehnt die ATS in seinem Fachgebiet gänzlich ab. Es handelt sich hier eigentlich um eine Hochrisikogruppe lt. der Studie. Ein vermehrtes Auftreten von Thrombembolien konnte nicht beobachtet werden. Die restlichen Bereiche tragen die langen Strümpfe. Hier ist es schwierig, vor allem Ärzten, die Wirkungsweise der ATS nahe zu bringen. Immer noch werden Strümpfe erst zur Mob angesetzt als Thromboseprophyalxe.

ATS wann und wann nicht? Beine wickeln- womit? Kurzzug? Langzug? Was ist wenn ein MKS getragen wurde vor der stationären Aufnahme? Muss dieser im Bett auch getragen werden? Kompressionsklassen? Was wenn Pat. keine ATS anziehen darf/ kann? usw., usw., usw.. Wir bieten in unserem Haus eine eintägige Schulung zum Thema an, die gut besucht ist. Die Umsetzung der Ergebnisse scheitert oft an dem Unwissen der Ärzte (Beispiel: ATS kontinuierlich auch zum Duschen) .

Elisabeth
 
Hi, also bei uns finden die ATS noch regelmäßig Anwendung, nur ob diese sinnvoll ist, mag ich echt zu bezweifeln.
Unsere Patienten bekommen ATS, die bis zur Leiste gehen, mehr oder weniger. Wie schon erwähnt, hängen die Dinger meistens in der Kniekehle oder bilden solche Falten, dass sie einen Blutstau verursachen und die Patienten dauernd nur am jammern sind, dass ich ihnen endlich diese verflixten Dinger ausziehen soll.
Ich denke, dass die ATS nicht wirklich eine Wirkung haben, außer eben dieser negativen Wirkung auf die Patienten.
Wir müssen vor allem beachten, dass man die ATS dem Patienten erst dann anzieht, wenn er mindestens eine Viertelstunde vorher im Bett gelegen hat. Schließlich bringt es ja nix, wenn das Blut in den Beinen versackt ist und man dann noch den Strumpf drüberzieht. Wie soll dann der venöse Rückfluss gewährleistet sein? Ansonsten schaue ich schon bei jedem Patienten, dass keine Strumpffalten vorhanden sind und das sie bis in die Leiste reichen und glatt sitzen.
Unsere Ärzte wägen eigentlich schon ziemlich genau ab, ob die jeweiligen Patienten auch die ATS brauchen.
Ansonsten haben wir gelernt, dass es gerade im Bett und zur Nacht wichtig ist die ATS zu tragen. Tagsüber, wenn die Patienten einigermaßen mobil sind, ist es weniger nötig, weil ja da die Muskelpumpe funktioniert und somit den venösen Rückfluss auch fördert.
Aber das Patienten die ATS auch während des Duschens tragen sollen ist mir echt neu. :gruebel: :razz1:

Gruß Bea :wavey:
 
Hallo!
Bei den ganzen Tipps die wir hier geben ist es sicherlich angemessen auch mal zu erklären, mit welchen Patienten ihr es zu tun habt!
Ich halte es für sinnvoller, wenn jeder, der hier einen Tipp bzw. eine Handlungsweise vorstellt auch schreibt, was für eine Station es ist. Damit ist eine Vergleichbarkeit zumindest annähernd gewährleistet, die ohne sonst unmöglich ist.

Ich arbeite auf einer Thoraxchirurgischen Station.
ATS gibt es seit Jahren nicht mehr. Thrombosen oder Embolien ebenfalls nicht. Patienten, die ATS mitbringen, werden gebeten, die Strümpfe wie zu Hause zu Hand haben, und zwar ohne Ausnahme.
Es ist einfach unglaublich, wieviel Zeit wir dadurch eingespart haben und noch erstaunlicher ist es, dass kein Patient dadurch schlechter behandelt wird!

Gruß
Klaus
 
Hi Klaus

nun ist die Nutzung von ATS ja EIN Mittel der Thromboseverhütung... ABER nicht das EINZIGSTE.

Wie erfolgt bei euch die Thromboseprophylaxe? Was macht ihr außer der üblichen Low-dose- Heparinisierung? Mobilisation? Entstauende Lagerung? Atemtrainer? Ausstreichen der Beine? ...

Laut Virchow Trias ist ja die Stase eine begünstigende Komponente.

@Bea
Unsere Patienten bekommen ATS, die bis zur Leiste gehen, mehr oder weniger. Wie schon erwähnt, hängen die Dinger meistens in der Kniekehle oder bilden solche Falten, dass sie einen Blutstau verursachen und die Patienten dauernd nur am jammern sind, dass ich ihnen endlich diese verflixten Dinger ausziehen soll.

Die Strümpfe sollten schon angemessen werden. Augenmaß reicht da oft nicht aus. Nach ca. 3-4 Tagen Bettruhe kann man mit einer Reduzierung des Beinumfanges rechnen - neue Strumpfgröße ist ggf. angesagt. Dazu kommt, dass häufig gewaschene Strümpfe ihre Elastizität verlieren und ebenfalls schneller rutschen.

Elisabeth
 
Hallole,
also ich arbeite auf einer Station mit neurochirurgischen Patienten und da sind die Strümpfe ein absolutes Muss! Sie werden sogar ärztlich angeordnet.
Wir haben noch die ATS bis zum Oberschenkel.
Auch low-dose Heparin bekommen die Patienten bei uns, werden sogar darüber aufgeklärt und müssen dies unterschreiben (Gefahr Thrombozytopenie)
Grüßle
 
Hallo Klaus,
man könnte meinen Elisabeth und ich arbeiten im gleichen Haus - tun wir aber nicht.
Einige Bereiche schwören auf die Strümpfe - allerdings werden sie nachts garantiert ausgezogen.
Andere Bereiche finden sie unsinnig, weil sie eben nicht im Bett getragen werden und vertrauen auf andere Mittel.

Ich konnte genausowenig wie Elisabeth, ein vermehrtes Thromboseauftreten beobachten.

Wenn Strümpfe, dann passend und immer im liegen, dafür sind sie konzipiert (ATS).
Die Thrombose schläft halt auch nicht nachts.:roll:

Schönen Sonntag
Narde
 
duetzmann schrieb:
Bei den ganzen Tipps die wir hier geben ist es sicherlich angemessen auch mal zu erklären, mit welchen Patienten ihr es zu tun habt!
Also ich arbeite auf einer operativen ICU. Wir haben die Fachabteilungen Herz- und Thoraxchirurgie, Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie, Unfallchirurgie, Neurochirurgie, HNO, MKG, Gynäkologie, Urologie und Gefäßchirurgie.
Und es kommt halt auf den Patienten an, wer MTS bekommt. Patienten nach Herz-OP, die fast direkt von der Herz-Lungen-Maschiene kommen, die bekommen natürlich keine, ... die peripheren Gefäße sind eh maximal eng.
Patienten mit pAVK bekommen natürlich auch keine, Patienten mit offenen Frakturen an den Beinen, externen Fixateuren oder ähnlichem auch nicht (am betroffenen Bein), usw, usw.
Aber wenn eine Indikation besteht und die Möglichkeit vorhanden ist, dann bekommen die Patienten unterstützend zur Thromboembolieprophylaxe MTS (die natürlich nach gewisser Liegedauer auch immer mal wieder neu angepasst werden). Manche tief komatöse Patienten bekommen zusätzlich auch noch eine intermittierende pneumatische Kompression.
Man muss halt kucken, wer KANN sie haben und wer muss sie haben. Mobile Patienten, ohne größere Risikofaktoren müssen sicher nicht mit den "Strümpfen" belästigt werden. Aber ich halte es für einen Fehler komplett den MTS zu entsagen, wenn man Patienten hat, die eine deutliche venöse Rückflussstörung haben.
Es darf natürlich nicht sein, dass es die einzige Maßnahme ist, um einer Thrombose prophylaktisch entgegenzuwirken. Und dann auch noch falsch sitzende MTS. Aber da müssen wir halt kontrollieren. Und Patienten halt auch mittels Aufklärung in die Eigenverantwortung nehmen.
 
@ Elisabeth: Gehst Du davon aus, dass ich die Strümpfe nach Augenmaß messe? Wenn ja, wie kommst du darauf?
Auch wenn Strümpfe richtig abgemessen sind, können sie herunterrutschen oder durch den Patienten selbst verschoben werden.
All das was Du mir schreibst, ist mir sehr geläufig und siehe da, es mangelt mir wohl nicht an Fachkompetenz... :wink1:

Gruß Bea :wavey:
 
Hi Bea

ich habe im Rahmen meiner Tätigkeit vor geraumer Zeit eine Erhebung zur Akzeptanz der MTS bei Patienten machen müssen. Patienten waren durchaus bereit die Strümpfe zu tragen bei entsprechender Aufklärung. Der falsche Sitz resultierte zu 100% als Anwenderfehler: falsch ausgemessene Größe, mangelnde Elastizität infolge zu häufigem Waschen der Strümpfe. Zu enge Strümpfe im Oberschenkelbereich veranlassen Patienten häufig zum Korrekturversuch - Strumpf in Kniekehle.

Wenn das Bein übrigens keine "konfektionierte" Größe vorweisen kann ist wickeln angesagt: modifizierter Pütterverband. Der hält - auch bei mobil.

Ich würde sagen, meine Aussage ist hiermit belegt.

Elisabeth
 
Hi Elisabeth...

deshalb hast Du immer noch nicht meine Frage beantwortet!!!

Und Deine Argumente habe ich nicht ansatzweise versucht zu widerlegen, weil es einfach so ist... also warum versuchst Du Dich so wehement zu rechtfertigen und Deine Aussagen wasserdicht zu belegen?
Wo ist Dein Problem?
Wird das hier ein Wettstreit? Wer hat die besseren Argumente? Du hast doch recht, aber das habe ich Dir im vorhergehenden Beitrag schon geschrieben! Deine Argumente sind mir durchaus geläufig. Und glaub mir, ich weiß mein Strumpfmaßband schon richtig zu benutzen! :wink1:
Außerdem ist bei uns auch festgelegt, nach wieviel mal waschen, die Strümpfe entsorgt werden müssen, eben aufgrund verminderter Elastizität.

Es gibt aber trotzdem auch Patienten die die ATS nicht tolerieren, trotz entsprechender Aufklärung. Ich weiß ja nicht wie das bei Euch ist, aber bei uns ist es nun mal so. Da werden wir auch nicht die einzigen sein.
Außerdem empfinden die Patienten die Strümpfe im allgemeinen als unangenehm... und wenn sie noch so gut passen, stellen sie einen Gegenstand dar, der nicht zum eigenen Körper gehört.
Auch die Wickeltechniken sind mir bekannt, müssen nur vom Doc angegeben werden. Und zudem weiß ich auch, das gewickelte Kompressionsverbände durchaus halten bei mobilen Patienten.

Gruß Bea :wavey:
 
Gehst Du davon aus, das ich die Strümpfe nach Augenmaß messe? Wenn ja, wie kommst du darauf?

Deine Beschreibung des Problems ließ diesen Schluss zu:
Wie schon erwähnt, hängen die Dinger meistens in der Kniekehle oder bilden solche Falten, dass sie einen Blutstau verursachen und die Patienten dauernd nur am jammern sind, dass ich ihnen endlich diese verflixten Dinger ausziehen soll.

Elisabeth
 
Hi,

@ Elisabeth

das ist doch aber ein Forum um Erfahrungswerte auszutauschen usw. und nicht um voreilige Schlüsse zu ziehen!
Frag mich doch einfach, wenn Du Dir nicht sicher bist, aber Du stellst Behauptungen in den Raum ohne jegliches Hintergrundwissen.
Ich weiß nicht, wie Du darauf kommst, dass ich grob über den Daumen gepeilt, die ATS ausmesse.
Genauso Deine Aussage über mangelnde Fachkompetenz...
Das sind (wie schon erwähnt) subjektive Einschätzungen, die Du in keinster Weise belegen kannst und die noch dazu völlig unsachlich sind.
Ich lass mich gerne belehren, dann aber auch auf fachlichem Niveau und nicht mit voreiligen Schlüssen oder unsachgemäßen Aussagen.


Da nun aber diese Unterhaltung gar nicht mehr zum eigentlichen Thema gehört, würde ich sagen, lassen wir es gut sein und widmen uns nun wieder der ATS Thematik. Sollte es noch Unstimmigkeiten geben, können wir das gerne auch offtopic klären.


Gruß Bea :wavey:
 
Womit wir wieder der Frage nachgehen sollten: wann sind MTS angezeigt und welche Methoden der Thromboseprophylaxe werden alternativ genutzt?

Elisabeth
 
Moin Elisabeth,
ich will mal unsere Antithrombosemaßnahmen zusammenfassen:
Frühmobilisation gleich am ersten Tage und auch teilweise am Op-Tage aufstehen und setzen an der Bettkannte, Gehübungen in Begleitung im Zimmer, sitzen zu den Mahlzeiten (mindestens) am Tisch.
Atemtherapie (wie gesagt "Thoraxchirurgie) mit Hilsmitteln wie Coach, Mediflo, Monoflo, Inhalationen und das alles an der Bettkannte mit Fußsohlen auf dem Boden.
Zusätzlich erhält jeder Patient in der Frühphase 2x täglich und danach 1x täglich Physiotherapie. Dabei wird das selbstständige Zehen anziehen und auch Fahrradfahren im Bett oder ähnliches gelehrt und die Patienten aufgefordert es selbst zu tun.

Gruß
Klaus
 
Bei der umfangreichen Betätigung der Muskelpumpe würden ATS wirklich nichts verbessern. Ich gehe mal davon aus, dass auch die Schmerztherapie top ist und auch demzufolge keine Bewegungsreduzierung zu erwarten ist.
... ein Traum von fachkompetenter Thromboseprophylaxe. Bewundernswert.

Elisabeth
 
Ja, auch die Schmerztherapie ist in unserem Konzept enthalten.
Wir versuchen nach und nach den nationalen Expertenstandard um zu setzen, haben engagierte Anästhesisten und ich hoffe wir finden demnächst noch eine gemeinsame Dokumentation, so dass die VAS regelmäßig durchgeführt und angewandt werden kann.

Komplettiert wird das ganze bald auch durch einen Clinical Pathway.
Mit der Entwicklung und Vorarbeit fange ich demnächst an und werde dabei die Pflegebedarfe mittels Fragebogen und Interview retrospektiv erfassen.
Die Ergebnisse werden dann bei der Entwicklung der Pathways einfließen und ggf. Broschüren für Patienten entwickelt.
und noch einiges mehr...was jetzt hier nicht zum Thema passt...
 
Moin,
ich arbeite, wie vielen hier schon bekannt, auf einer internistischen ITS und da bekommt jeder (wie es Mobitz schon beschrieben hat) ATS angezogen.
Mobitz schrieb:
Man muss halt kucken, wer KANN sie haben und wer muss sie haben.
, auch die sedierten inmobilen Patienten. Desweiteren erhält jeder 1-2 mal täglich Physiotherapie (Muskelpumpe), beim Lagerungswechsel durchbewegen, Atemtraining, Low Dose, usw.!

Wir hatten dieses Jahr schon mind. 10-15 Pat. mit leichter bis schwerer Lungenembolie! Irgend wie ist das gerade der Renner! Woran kann das liegen? Am wechselhaften Wetter? Zu wenig getrunken? Es fällt richtig auf!

LG Tobias
 

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