Assessments im Rahmen der Dekubitusprophylaxe

Elisabeth Dinse

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Krankenschwester, Fachkrankenschwester A/I, Praxisbegleiter Basale Stimulation
Akt. Einsatzbereich
Intensivüberwachung
Der Expertenstandard Dekubitusprophylaxe (Stand 2010) gibt ff. vor.
Die Pflegefachkraft
Die Pflegefachkraft
P1 - beurteilt mittels eines systematischen Vorgehens das Dekubitusrisiko aller Patienten/Bewohner, bei denen eine Gefährdung nicht ausgeschlossen werden kann. ...
E1 Eine aktuelle, systematische Einschätzung der Dekubitusgefährdung liegt vor.
DNQP

Das bedeutet in meinen Augen, es gibt net mehr die "einzig wahre Skala" sondern man verlangt den individuellen Einsatz einer angepassten Skala. Diese vorgehen ist m.E. längst überfällig. Viel zu lange war es üblich mit Hilfe einer Skala das Risiko zu bestimmen á la ... Punkte auf Skala XYZ = Ausprägung Dekubitusrisiko.

Nun stellt sich mir die Frage: welche Skalen sind überhaupt bekannt? Man muss ja net immer das Fahrrad neu erfinden wenn es bereits vorhandene Vorlagen für eine systematische Einschätzung gibt.

Mir bekannt ist:
Braden
Modifizierte Norton
Medley
Waterlow

Welche gibt es da noch? Und werden diese individuell eingesetzt? Oder bekommen alle Pat./Bew. einer Einrichtung/Station dieselbe Skala.

Elisabeth
 
Ein systematisches Vorgehen bedeutet in meinen Augen nicht zwangsläufig das Anwenden verschiedener Skalen.
 
Warum gibt es dann verschiedene Skalen mit unterschiedlichen Schwerpunkten?

Elisabeth
 
Ich muss gestehen, mir ist nur die Norton sowie Bradenskala bekannt.

Aber mir erschließt nicht so ganz, was mit "es gibt net mehr die "einzig wahre Skala" sondern man verlangt den individuellen Einsatz einer angepassten Skala. Diese vorgehen ist m.E. längst überfällig." gemeint ist.

Das jeder einzelne, individuelle Patient seine eigene, individuelle Skala bekommt? Herr Müller dann eben die "Müller-Skala" ? Steh auf dem Schlauch....

Braden und Norton sind ziemlich ähnlich, Waterlow finde ich recht interessant weil sie offentsichtlich auf das Akutkrankenhaus zugeschnitten ist. Braden- und Norton passt widerum eher auf die Dauerpflege im Pflegeheim oder häuslichen Bereich.

Ich denke, jedes Haus wird für sich entscheiden welche Skala zu dessen Pflegeschwerpunkt passt.

Ich frage mich aber gerade, ob die verschiedenen Skalen weiterentwickelt werden und den neusten Forschungsergebnissen angepasst werden. Ich meine mich z.B. an eine Studie zu erinnern, in der behauptet wird das Urin doch nicht mitursächlich für Dekubiti sein soll....
 
Warum gibt es dann verschiedene Skalen mit unterschiedlichen Schwerpunkten?

Wie bereits gesagt: weil es ja nicht nur Akutkrankenhäuser sondern auch Dauerpflege etc. gibt.
 
Hi Elisabeth,
in unserem PD arbeiten wir grundsätzlich mit der Braden-Skala, die nach meiner Einschätzung evaluiert wird, d.h. ich entscheide, wann eine Folgeeinschätzung vorgenommen wird (lt. Standard bei Aufnahme, gravierenden Veränderungen oder eben bei Pat. A halbjährlich, bei B monatlich, bei c 1 x im Jahr).
Grundsätzlich verweise ich dann auf die Pflegefachlichkeit, die z.B. vom Ergebnis der Skala abweichen kann. Wir haben einen Pat., der aufgrund der Braden-Skala höchst gefährdet ist, aber in den 3 Jahren, in den er nun im Bett liegt, keinen Dek. entwickelt hat. D.h. ich brauche ihn nicht engmaschiger oder nach starren Regeln überprüfen; in der Pflegeplanung finden sich entsprechende Hinweise.
In der MDK-Begutachtung war wichtig, dass wir auf unsere Pflegefachlichkeit verwiesen haben und das war ok so.

Es ist doch tatsächlich so, wer schon länger dabei ist, kann Pat. einschätzen und weiß oft, ob Gefahr besteht, ohne Überheblich sein zu wollen.

Verschiedene Skalen würde ich nicht bei uns einsetzen, da das Kientel doch ähnlich ist und es evtl. zur Verwirrung beitragen würde, wenn es heißt, der Pat. hat 12 Punkte und meine Kollegin evtl. eine andere Skala im Kopf hat.
 
Verschiedene Skalen würde ich nicht bei uns einsetzen, da das Kientel doch ähnlich ist und es evtl. zur Verwirrung beitragen würde, wenn es heißt, der Pat. hat 12 Punkte und meine Kollegin evtl. eine andere Skala im Kopf hat.

Eben, sonst wäre der Sinn solcher Skalen auch totaler Unsinn.
 
. ...und noch einmal ich, wie HHS schon schrieb, es gibt verschiedene Skalen für unterschiedliche Abteilungen und Pat.gruppen. Ein junger Mensch mit einer langen OP passt nicht in das gleiche Schema wie ein alter Schlaganfallpat. im Heim
Soweit ich weiß gibt es mindestens 20 Skalen, die aber auch alle ihre Schwachpunkte haben. (Wie schön, wir passen eben nicht alle in eine Schublade..)
 
Und damit hätten wir dann die "individuellen" Skalen.
 
Da will ich genau hin. Welche Skala kommt in welchem Bereich zum Einsatz... und vor allem: warum gerade diese? Wird das übersetzte Original benutzt oder wurde es modifiziert?

Ein Krankenhaus hat verschiedene medizinische Bereiche. Alle mit einer Skala zu versorgen geht m.E. am Thema vorbei. Um mal die Extreme aufzuzeigen: Intensiv vs. Orthopädie.

Wenn ich in einem Pflegedienst eine weitestgehend homogene Klientelgruppierung habe, dann macht er Einsatz einer Skala Sinn. Was aber, wenn es da einen "Ausreißer" habe. Wenn es ganz dumm kommt, übersehe ich ein Risiko, weil es in meiner "Standard"skala net mit dabei ist.

Ergo müsste Pflegekraft über die Fähigkeit verfügen, zu erkennen, wenn ein Assessment ungeeignet ist zur Dokumentation. Pflegekraft müsste also auch ohne Skala das Risiko erkennen und auf dieser Grundlage das passende Dokumentationsblatt anwenden können.

Elisabeth
 
Ergo müsste Pflegekraft über die Fähigkeit verfügen, zu erkennen, wenn ein Assessment ungeeignet ist zur Dokumentation. Pflegekraft müsste also auch ohne Skala das Risiko erkennen und auf dieser Grundlage das passende Dokumentationsblatt anwenden können.

Elisabeth

So sollte es aber nicht laufen. Denn dann wird womöglicherweise Pflegeperson A in der gleichen Pflegesituation wie Pflegeperson B eine andere Skala verwenden. Die Ergebnisse könnten nicht verglichen werden; es gäbe Unsicherheit; womöglich falsche Lösungen, und am Ende einen Zickenkrieg ;-)

Man müsste dazu wieder einen Standard einsetzen, die entscheidet, welche Skala am Ende eingesetzt wird.

Normalerweise macht das ja das Qualitätsmenagement, die in einer hauseigenen Gruppe entscheidet wie sie den jeweiligen Expertenstandard umsetzt, und welche Skala wo und wie einsetzt.
 
Mit dem klitzekleinen Unterschied, dass man mittlerweile nur noch eine Skala kennt und glaubt, mit dieser auf der sicheren Seite zu sein.
Ich behaupte, man wird beim Deku nie ganz 100% auf der sicheren Seite sein. Egal was man macht- oder hattest Du noch nie eine Blase irgendwo am Fuß, seit dem Du in der Pflege bist?
 
Zuletzt bearbeitet:
Der Vergleich von Ergebnissen ist nur sinnig, wenn du die gleiche Patientengruppe vergleichst. Sonst läufst du Gefahr, dass du zu falschen Erkenntnissen kommst.

Welche Skala wird nun in welchem Bereich angewandt und warum? Welche Schwerpunkte haben zur Auswahl geführt?

Elisabeth
 
Die Zeiten, in dem in einem Zimmer der Herzinfarktpatient neben dem Blinddarmpat. und dem Schlaganfallpatienten liegt, sind glücklicherweise vorbei.

Bei uns im Haus, ein typisches Pflegeheim, wird die Braden-Skala verwendet.
 
Grundsätzlich verweise ich dann auf die Pflegefachlichkeit, die z.B. vom Ergebnis der Skala abweichen kann.
In der MDK-Begutachtung war wichtig, dass wir auf unsere Pflegefachlichkeit verwiesen haben und das war ok so.
Erkläre mir bitte, wie ihr dies im Rahmen einer Begutachtung formuliert- ich verstehe nicht genau,was Du damit meinst.
 
zu Hypertone-Krise:
d.h. ich habe in der Pflegeplanung den Verweis auf die Brandenskala, schreibe dann, dass aus meiner fachlichen Sicht aber keine weiteren Maßnahmen ergriffen werden müssen, weil z.B. der PAt. in diesem Zustand mit den bisherigen Maßnahmen keinen Dekubitus entwickelt hat. Oder Braden zu hoch, Pat. bewegt sich eigentlich ausreichend, ich muss aber feststellen, dass er doch eine nichtwegdrückbare Rötung am Steiß entwickelt, dann entscheide ich aus meiner Sicht, dass er abweichend von der Punktezahl doch weitere Maßnahmen bekommt.
Da wir mit Braden arbeiten: sie selbst sagt ja, es ist ein Hilfsmittel für Entscheidungen und kein Dogma.

Wenn ich abweichend vom Ergebnis in der Planung stehen habe, ich handele so, weil... ist das durchaus relevant.
Und das sehe ich auch so im Expertenstandard, der die Pflegefachkraft durchaus aufwertet.
Bei der letzten MDK-Begutachtung war das in Ordnung so.
 
Hey Britta- jetzt verstehe ich, was Du meinst. Danke. :flowerpower:
 
Die Skalen wurden unter anderem deshalb zurückgenommen, weil keine Skala validiert ist.
Dafür soll der Kompressionstest mehr ins Blickfeld kommen, genauso wie die Fachkompetenz.

Die unterschiedlichen Skalen waren schon immer auf unterschiedliche Zielgruppen zugeschnitten.
 
Aber ist für Dich "Systematisches Vorgehen" gleichbedeutend mit "verschiedene Skalen für verschiedene Patienten"? Für mich kannst Du hinter diesem Begriff alle möglichen Deutungen verstecken. Ich muss nicht eine einzige Skala verwenden und kann dennoch systematisch vorgehen. Oder hab ich ein Definitionsproblem?
 
Moin Claudia,
systematisches Vorgehen beinhaltet, dass nachvollziehbar ist, bei wem ich wann wie oft nach welchen Kriterien beurteile und dann welche Maßnahmen ergreife oder auch nicht.
Eine Skala kann ein hilfreiches Instrument sein.
 

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