Pneumonieprophylaxe - was ist State of Art?

Elisabeth Dinse

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Das Abklopfen als Pneumonieprophylaxe gehört der Vergangenheit an. Die Ära des Einreibens mit franzbranntweinähnlichen Substanzen scheint sich auch dem Ende zu nähern.
Was ist derzeit aktuell als Prophylaxe gegen die Nosokomiale Pneumonie?
Ursachen für die Entstehung: http://www.chuv.ch/swiss-noso/d43a2f1.gif

Elisabeth
 
Franzbranntwein und Co. werden schon seit einigen Jahren als obsolet an den Schulen gelehrt, da sie nicht nur die Haut austrocknen, sondern auch die Sekretproduktion ördern.
Dies kann bei geschwächten Patienten unangenehme Folgen haben.


In der Grafik werden primär exogene Faktoren angesprochen, hier gilt es lediglich, diese auszuschalten oder zu minimieren.
Stichwort: Hygiene.


Das Hauptproblem in der Pneumoniegenese ist aber immer noch die Minderventilation, durch Schonatmung aufgrund von Schmerzen, Medikamenten usw.


Als Prophylaxe kann man dann anwenden:

- Atemübungen (Kontaktatmung, Ein- und Ausatmen gegen Widerstand, ASE)
- Atembegünstigende Lagerungen (A, I, T, V)

Habe jetzt bestimmt ein paar Sachen vergessen, wenn mir noch was einfällt... ;-)

Schöne Grüße aus dem Urlaub!
 
In der Schule wurde die Inmobilität und die darauf resultierende Minderbelüftung der einzelenen Lungenabschnitten als häufigster Grund einer noskominalen Pneumonie bezeichnet.

Folgende Tätigkeiten können wir zur Prophylaxe anwenden:

- umlagern der bettlägerigen Patienten (alle 2-3h, damit jeder Lungenteil belüftet werden kann, atmet man in der Seitenlage wird der untere Teil der Lunge resp. auf dieser Seite auf der man liegt, weniger gut belüftet.)
Durch die Minderbelüftung kollabieren die Alevolen (Lungenbläschen).
In diesem kollabierten Zustand sind sie ein idealer Nährbodemn für Bakterien.

- ASE (Atemstimulierendes einreiben - am besten als Integration in die Körperpflege)

- Hilfe zur Selbsthilfe - Patientenustruktion: Kontaktatmung, Spirometer, Gurgeln mit einem Röhrli im Wasser

- Mobilisation: Aufnehmen bsp. in Lehnstuhl im Sitzen atmet es sich besser
- Pat. nach der Mobi an den Bettrand auffordern 2-3x gut durchzuatmen.

- Täglich das Zimmer lüften.

- Bettende nach oben lassen

- Inhalation (am besten am Bettrand)

- Schonatmungen durch gute Analgesie vorbeugen

- Atemskala führen - Pneumonierisiko einschätzen

- allg. aspetisches arbeiten

- Aspirationsgefahr: Mahlzeiteneinnahme nur durch besein einer Pflegekraft. Absaugegerät bereitahlten. Kopfende während dem Essen nach oben. Schlucktraining mit der Physiotherapie. Geeignete Nahrung. (eindicken).

- Prophylaxe mit Antibiotika (Aspirationspneumonie) (Nur nach Absprache mit Arzt)
 
Fragen an die Schule:
Wie entsteht eine nosokomiale Infektion ohne Keim?
Wie wirkt eine ASE auf die Problematik Bakterien?

Wissen wir wirklich, was wir da tun? Oder tun wir es, weil wir es schon immer so getan haben?

Elisabeth
 
Eine nosokomiale Infektion kann, wie jede andere Infektion, nicht ohne irgendeinen Erreger (Strahlung, chemisch oder biologisch) entstehen.

Elisabeth fragte (per PM) ob das, was wir mit den Atemübungen machen, nicht eher Atelektasenprophylaxe ist, als Pneumonieprophylaxe.


Unter diesem Gesichtspunkt betrachtet, hat sie natürlich recht. Das was ich meine, ist im engeren Sinne eine Atelektasenprophylaxe.
Aber schaut man einmal näher hin, was die Folgen von Atelektasen (je nach Ausprägung) sind:

- Ödembildung
- Fibrosierung
- Div. Folgeerkrankungen (Cor pulmonale...)
- Pneumonie


Warum Pneumonie? In den atelektatischen Bereichen können sich Bakterien wunderbar ungestört vermehren. Dort ist es warm, dunkel, und kuschelig feucht, Ab- und Umbauprodukte des atelektatischen Gewebes bilden einen hervorragenden Nährboden.
Dabei müssen nicht unbedingt einmal exogene Infiltrationen vorliegen, die körpereigene Flora reicht vor Ort vollkommen.

Ich denke, ob man es in diesem Fall Atelektasenprophylaxe oder Pneumonieprophylaxe nennt, dürfte ziemlich egal sein.
Auf nicht-Intensivstationen dürfte es ein und dasselbe sein. Im Bereich der Beatmung und Intensivmedizin ergeben sich durch Atelektasen (und einem meist schlechteren Allgemeinzustand) andere Probleme - und ebenso wie im Bereich der Pneumonieprophylaxe andere Handlungen.

Natürlich gehören auch andere Maßnahmen zur Pneumonieprophylaxe, die ich in meinem ersten Post nicht aufgeführt hatte, beispielsweise die Sekretmobilisation.

Durch die gesamten Atemübungen wird der Keimstatus nicht verändert, jedoch verhindert, dass sich Herde "zur Ruhe setzen" können, was ja besonders gerne in minderbelüfteten Lungensegmenten geschieht.


Aber was wären Prophylaxen in diesem Sinne? (Wie) kann ich (außer durch Hygiene) eine Besiedelung verhindert / vermindert werden?



Wäre schön, wenn auch andere Input geben, ist ja langweilig, wenn immer nur gefragt wird ;-)


Gruß und einen schönen Rest-Sonntag!
 
Wäre schön, wenn auch andere Input geben, ist ja langweilig, wenn immer nur gefragt wird ;-)

Ist eine Marotte von mir. Entschuldigung.

Ich denke, man sollte ganz gezielt unterscheiden zwischen Atelektasenprophylaxe und Pneumonieprophylaxe. Es dürfte so leichter sein, den Bedarf individuell den Pat.bedürfnissen anzupassen... weg von den unsäglichen "Drehbuchstandards": alle bekommen alles.

Demzufolge wäre Atelektasenprophylaxe- alles was der optimalen Belüftung der Lunge dient:
  • Atembegünstigende Lagerungen (A, I, T, V)
  • umlagern der bettlägerigen Patienten (alle 2-3h, damit jeder Lungenteil belüftet werden kann, ...
  • Atemübungen Kontaktatmung, Spirometer, Ein- und Ausatmen gegen Widerstand
  • Mobilisation
  • Bettende nach oben lassen- aufrechte Position auch im Bett
  • ausreichende Analgosedierung zur Reduzierung der schmerzbedingten Schonatmung
  • Vermeidung von Sekretanschoppung
Zur Pneumonieprophylaxe- alles was der Verhinderung einer Kolonisation der Luftwege mit Keimen dient- würde ich zählen:
  • korrekte Mundpflege
  • Lüften zur Keimreduzierung in der Umgebungsluft
  • Absaugen unter sterilen Bedingen
  • Vermeidung von Aspirationen
  • allg. aspetisches arbeiten

Prophylaktische Inhalationen- ein Gerät wandert von Pat. zu Pat.- finde ich immer schwierig: optimale Keimverteilung erscheint mir hier eher gewährleistet.

Elisabeth (die ebenfalls gespannt ist, ob neuer Inputs)
 
Hey Elisabeth,
deine Unterteilung finde ich klasse! So gesehen macht die Aufsplittung wirklich Sinn. Sollte man vielleicht mal an die Schulen so weitergeben? ;-)

Zum Thema Inhalationen: Ich weiß nicht, welche Geräte du meinst, aber beispielsweise für den Inhalog® gibt es Einmalsysteme, ein System pro Patient.
Ansonsten kenne ich nur die Inhalationsmasken mit Druckluftvernebler, ebenfalls Einmalmaterial / Patient.

Diese "Tumarol®töpfchen" (stellvertretend genannt für Inhalationen mit heißem Wasser + Zusatz in Inhalationstopf) sind beispielsweise absolut obsolet, einmal wegen der Keimverschleppung, und wegen der Verbrennungsgefahr.
 
Ich ging von Ultraschallinhalationsgeräten bzw. ParyBoys aus. Deren Einsatz erfolgt eher auf den peripheren Stationen.

Elisabeth
 
Pöh!

Habe immer rechte gerne den Rücken der Patienten mit ölhaltigem, feuchtigkeitsreichen mentholischen Lotionen eingerieben und wie damals immer von unten nach oben leicht abgeklopf.

War dann mal selbst stationär und war da auch ganz dankbar für die Prozedur.

Wenn der Sinn der Maßnahme auch überholt zu sein scheint -> es hat aber den AZ und die Launer erhöht und die Hautbeschaffenheit wurde so regelemäßig überpfüft.

Klar hatten wir auch den "Flowie" mit Kügelchen, den man nach obern pusten und ansaugen mußte, damit auch in alle Ecken belüftet iwrd.

Bin schon seit Jahen nicht mehr auf Station.

Es hat sich sehr viel verändert und verbessert. Das ist auch gut so. Aber nicht Alles war schlechter, als jetzt.

Ups, fang schon an, wie meine Oma und rede von früher, als .....

Das gibt mir zu denken:gruebel:
 
Pöh!
Habe immer rechte gerne den Rücken der Patienten mit ölhaltigem, feuchtigkeitsreichen mentholischen Lotionen eingerieben und wie damals immer von unten nach oben leicht abgeklopf.

Wenn der Sinn der Maßnahme auch überholt zu sein scheint -> es hat aber den AZ und die Launer erhöht und die Hautbeschaffenheit wurde so regelemäßig überpfüft.

Hallo,
auch wenn es den AZ hebt, die Laune erhöht -> wo ist der Sinn der Pneumonie- bzw. Atelektasenprophylaxe? Es ist ja schön, wenn man was für das Wohlbefinden der Patienten tut, nur sollte man es danach nicht als Pneumonieprophylaxe in der Kurve abzeichnen...
 
Gibt es echt Stationen, die Atemübungen mit den Pat. machen?
Und zählt die Mobilisation auch schon zur Prophylaxe?
 
Hallo Elisabeth und alle anderen,

was Inhalationsmöglichkeiten angeht:
Wir inhalieren häufig auf Station (wenn auch nicht zur Pneumonieprophylaxe)
und verwenden dazu Pari-Vernebler mit Schlauch und Druckluft-Wandanschluß.
Jeder Patient hat einen eigenen Vernebler, der täglich gewechselt wird (bei Risikopatienten nach jeder Inhalation),
einen eigenen Schlauch, einen eigenen Wandanschluß, eigene Inhalationslösung.
Ist ne absolut saubere Sache ohne Keimverteilung. :)

Die Unterteilung in Atelektasen- und Pneumonieprophylaxe finde ich sehr zutreffend und gut.
Hab´ich mir vorher so noch nie überlegt ... wieder was gelernt !

Grüße, Schokofee
 
Und zählt die Mobilisation auch schon zur Prophylaxe?
Leg dich mal auf den Rücken und beobachte die Möglichkeiten deiner Atmung. Dann setz dich hin und beobachte wieder unter dem Aspekt Brustkorbausdehnung, Atemtiefe, Atemfrequenz.
Habe immer rechte gerne den Rücken der Patienten mit ölhaltigem, feuchtigkeitsreichen mentholischen Lotionen eingerieben und wie damals immer von unten nach oben leicht abgeklopf.
Das die beschriebene Einreibung eine Wirkung hat, steht außer Frage. Ich würde sie aber eher als Lockerung der verspannten Muskulatur bedingt durch zu langes Liegen ansehen. In welchem Zusammenhang dann dies zur Pneumonieprophylaxe steht ???

Elisabeth
 
[...]Das die beschriebene Einreibung eine Wirkung hat, steht außer Frage. Ich würde sie aber eher als Lockerung der verspannten Muskulatur bedingt durch zu langes Liegen ansehen.[...]Elisabeth

Zum einen das, zum anderen regen die ätherischen Öle die Schleimproduktion an und verringern die Viskosität -> der Schleim kann besser abgehustet werden, sofern der Patient dazu in der Lage ist!
 
Zum einen das, zum anderen regen die ätherischen Öle die Schleimproduktion an und verringern die Viskosität -> der Schleim kann besser abgehustet werden, sofern der Patient dazu in der Lage ist!

Das verstehe ich jetzt nicht, wieso willst du die Schleimproduktion anregen, wenn der Pat. ihn dann wieder aushusten soll??? :gruebel:

Gruß,
Lin
 
Frag mich bitte nicht, wie genau das Funktioniert, ob die tatsächliche Schleimproduktion angeregt wird, oder sich "lediglich" der Wasseranteil darin erhöht - das Ergebnis ist das gleiche, es wird mengenmäßig mehr sezerniert, vorhandener Schleim wird verdünnt und kann dadurch besser abgehustet werden.

Natürlich will ich nicht mehr Schleim im Patienten, sondern man will nur die sekretolytische Wirkung.
Bei "fitten" Patienten die gut abhusten können, ist das auch alles gar kein Problem...
 
Ätherische Öle ist ein weiter Begriff- welche sind denn hier gemeint?

Warum muss ich eine Sekretproduktion anregen- was einer Erhöhung des Schleimvolumens gleich kommen würde?

Bitte auch nachlesen bei: Mukozilliare Clearance: Solphase und Gelphase.

Elisabeth
 
Ätherische Öle ist ein weiter Begriff- welche sind denn hier gemeint?

Fichtennadelöl, Eukalyptusöl, Minzöl...
Das ganze Zeuch halt, das in diesen "Kühlgels", "Aktivgels" und "Erkältungssachen" drin ist, und oftmals literweise über Patienten ausgeschüttet wird :gruebel:


Warum muss ich eine Sekretproduktion anregen- was einer Erhöhung des Schleimvolumens gleich kommen würde?

Muss man das? Ich reiche die Frage mal an all diejenigen weiter, die diese Art der "Pneumonieprophylaxe" durchführen, und/oder ihre Patienten gerne mit Tumarol® und Co. einschmieren.


Achso, nur mal am Rande: Nur weil ich was zu dieser Art der "Prophylaxe" schreibe, heißt das noch lange nicht, dass ich das selbst praktiziere, empfehle oder gar gutheiße.
 
Leg dich mal auf den Rücken und beobachte die Möglichkeiten deiner Atmung. Dann setz dich hin und beobachte wieder unter dem Aspekt Brustkorbausdehnung, Atemtiefe, Atemfrequenz.


Elisabeth

Dass die Mobilisation die Atemtätigkeit anregt, steht für mich außer Frage.
Also kann man davon ausgehen, dass, wenn der/die Pat. zum Waschen oder Frühstücken an die Bettkante mobilisiert wird, auch gleichzeitig schon eine Pneumonieprophylaxe durchgeführt wird?
Wichtig ist ja auch der Aspekt, wie sich Prophylaxen am sinnvollsten und praktikabelsten in den pflegerischen Alltag integrieren lassen.
Mit der Mobilisation schlägt man demnach 3 Fliegen mit einer Klappe: Dekubitus-, Pneumonie- und Thrombose-Prophylaxe.

Jetzt frage ich mich nur, wie man Prophylaxen bei Pat. wie jenen ausführt, die ich in meinem letzten Dienst aus dem Altenheim aufgenommen habe: verwirrt, immobil, exsikkiert, kontrakt... Oh je!
 

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