Flügelhemd vs eigene Kleidung

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Michl

Gast
Hallo.

Ich bin ein recht militanter Verfechter der Meinung, dass Patienten nach Möglichkeit (und die besteht doch seeehr häufig) ihre eigene Kleidung tragen sollten. Auf meiner Station wird das auch strikt umgesetzt.
Ich komme aber in mehreren Fachdiziplinen rum und mir ist in letzter Zeit wieder vermehrt aufgefallen, dass auf manchen Abteilungen unübertrieben alle Patienten, die warum auch immer auf pflegerische Hilfe angewiesen sind, nur mit Flügelhemden bekleidet sind. Oft tragen sie nichtmal ein Unterhose. Dafür kommt dann ein Moltex unter das Gesäß.

Grundangabe: "PRAKTISCH"

Meine Meinung zu Flügelhemden ist:
- sind für die Fahrt zum OP gedacht (weswegen ich es eigentlich beim Patienten auch nur "OP-Hemd" nenne),
- vermitteln dem Patienten ein Krankheitsgefühl (auch wenn mancher daran scheinbar Gefallen findet)
- machen immobil, da Patienten meist nicht mit nackter Rückseite herumlaufen (vor allem im postoperativen Verlauf immobilisierend)
- machen die Haut am Rücken feucht (da die nackte Haut auf dem dünnen Laken liegt - und darunter der Gummiüberzug für die Matratze, alternativ das "Plastik-"Moltex, kommt).

- und sind daher nur eine vermeintliche Arbeitserleichterung für Pflegekräfte.

Vielleicht hat sich noch jemand mal über das "Ritual Flügelhemd" Gedanken gemacht oder möchte es jetzt tun.

Mich interessiert sowohl die Pro- als auch Kontrafraktion. Vielleicht sehe ich es ja auch "wieder mal" einfach zu verbissen :wink:

Und falls Azubis (und auch Pflegepädagogen!) hier mitlesen - gibt´s dazu irgendein Statement in der Pflegeausbildung?
Ich habe in den 2-Jahre-alten Unterlagen unserer Schule einen einzelnen Satz dazu gefunden, der heißt: wenn pflegerisch möglich eigene Kleidung
Wann ist eigene Kleidung pflegerisch möglich - und wann nicht?

Grüße
Michl
 
Pro private Kleidung

1. Kostengünstig fürs Haus- Wäsche sparen
2. Aktivitäten sind leichter anzubieten- wer will schon gerne mit nem bloßen Rücken und ohne Slip mobilisiert werden?
3. wichtig für demente Pat. in der Möglichkeit der Orientierung- hier zusätzliche Orientierung im Tag-Nacht-Rhythmus mögl.: Tagesbekleidung- Nachtkleidung

Kontra private Kleidung

???
Eine Ärztin bei uns wollte damit die Weglauftendez bei Dementen regulieren. Hat nix gebracht. Wenn Desorientierte flüchten- im wahrsten Sinne des Wortes- dann tun sie dies ggf. sogar nackt.

Elisabeth
 
Halli Hallo Hallöle,


wir nutzen eigentlich "Flügel-" oder "OP- Hemden" nur bei ausgeprägten Kontrakturen und zur fahrt zum OP und je nach OP für den Rest des Tages oder auf Wunsch des Trägers.

Ich finde es auch total unsinnig Patienten, die u.a. auch noch fit und vital sind, in ein OP Hemd zu stecken. Totaler Unsinn und so lange es für den Patienten nicht in einer Tortur endet ein T- Shirt oder ähnliches über zu ziehen sehe ich auch keinen Grund ihn in ein Hemd zu stecken. Es fördert auch hochgradig die Immobilität oder läuft jemand gerne hinten offen über den Flur?

Gruß
Dennis
 
Hallo
Ich versuche soweit als möglich dem Patienten seinen Privatenschlafanzug zu lassen. In letzter Zeit aber immer seltener möglich. Die Patienten die zu mir auf Station kommen haben sehr oft nur das an was sie am Leibe tragen.Frische Wäsche wird gar nicht oder sehr verzögert nachgeliefert. Den mobilen Patienten (die Schwierigkeiten mit der Frischwäsche haben) biete ich für die Nacht ein Flügelhemd an um den einzigen Schlafanzug/Nachthemd für den Tag zu schonen. Unsere Pflegefälle bekommen meist schon am nächsten Tag nach der Wäsche ein Flügelhemd an, da frische Sachen fehlen.
Alesig
 
Vielleicht wäre es eine Idee diese Marotte (spät, zu wenig oder gar nichts mithaben) abzugewöhnen indem man die Flügelchen außerhalb des tatsächlichen Bedarfs nur gegen Cash rausgibt: pro Hemd 2-5 €. Die Vollkaskomentalität macher Mitbürger ist mittlerweile schon mehr als anmaßend.

Elisabeth
 
Hallo Elisabeth,

ich weiss ja nicht, ob das was hilft?
Unser Haus bietet neben Flügelhemden, von manchen Pflegekräften bei A3 PatientInnen sehr beliebt, auch Schlafanzüge für Patienten an.
Diese werden allerdings nicht überdurchschnittlich oft von den Patienten genutzt, ausser es hat jemand nichts eigenes dabei.
Unsere Patienten bevorzugen ihre eigenen Kleidungsstücke.

Sonnige Grüsse
Narde
 
Vielleicht wäre es eine Idee diese Marotte (spät, zu wenig oder gar nichts mithaben) abzugewöhnen indem man die Flügelchen außerhalb des tatsächlichen Bedarfs nur gegen Cash rausgibt: pro Hemd 2-5 €. Die Vollkaskomentalität macher Mitbürger ist mittlerweile schon mehr als anmaßend.

Elisabeth

Na ja Elisabeth, wer gerne hinten offen herum läuft, dem lasse ich doch seinen Willen.
Anders natürlich bei Menschen, die auf fremde Hilfe angewiesen sind und deshalb keine Kleidung bekommen, das finde ich einfach eine Frechheit und ist für mich schlichtweg nur respektlos gegenüber dem erkrankenten Angehörigen oder dem betreuten Mitmenschen.


Gruß
Dennis
 
Hallo!

also ich kann mich auch nur pro eigene Kleidung aussprechen.
Wer möchte das selbst nicht?? Aber wie schon erwähnt, kommt es leider auch oft vor, dass Patienten eben nur mit den Kleidern die sie am Leibe tragen auf der Station ankommen, die womöglich noch irgendwie verschmutzt sind, dann kann ich nur auf das Flügelhemd zurückgreifen.
Ansonsten nutze ich sie auch nur für OP Fahrten, bzw. größere Untersuchungen in der Endo (TIPPS, Plicator, etc...)

LG Mara
 
Hallo zusammen,

ich spreche mich auch für die eigene Kleidung aus. Wobei es in der Psychiatrie oft vorkommt (aus den unterschiedlichsten Gründen) das keine Kleidung vorhanden ist.

Im Zusammenhang der Erkrankung oder auch durch Schwierigkeiten bei der Versorgung (Angehörige, Betreuer, usw.)

Es gibt aber für diese Patienten auf den Stationen einen Fundus, in dem man von Unterwäsche bis Oberbekleidung im Notfall zugreifen kann. Diese Kleidung im Fundus sind Spenden oder eben auch liegen gebliebende Sachen.

Wobei mich es doch letztens stutzig machte. Sah eine junge Frau in blauer OP-Kleidung an mir vorüberlaufen, dies war jedoch keine Kollegin sondern eine Patientin. Der Fundus war erschöpft und so hatte man ihr diese Kleidung zugewiesen, um an den Therapien außerhalb der Station teilnehmen zu können.

Liebe Grüße Brady
 
Danke, das geht in die Richtung, die ich hören wollte :wink:

Na ja Elisabeth, wer gerne hinten offen herum läuft, dem lasse ich doch seinen Willen.
Ich denke, dass ein Patient der GERNE hinten offen herum läuft irgendein anderes Problem hat. (z.B. primärer und sekundärer Krankheitsgewinn, Sigmund Freud)
Man könnte sich also nun die Arbeit machen und überlegen, WARUM der Patient sich gerne so präsentiert. Freilich, im Schlafanzug kann man nicht so gut "angeben" oder nach Aufmerksamkeit haschen.

Ich sehe aber das "Haupt-Problem" eher bei den Pflegekräften, weniger bei Wäschenot der Patienten. Zuerst einmal muss ja das Flügelhemd angeboten werden.
Am Anfang sollten wir uns wirklich überlegen, warum WIR das Flügelhemd wollen. Wenn wir uns des Wirkungsmechanismus bewusst sind und uns hoffentlich dagegen entscheiden, können wir den Patienten ja dorthin beraten (welche Voraussetzung sollte die eigene Kleidung haben?) und anleiten (wie kleide ich mich bei Bewegungseinschränkung an?)

Der Auslöser meines Postings war übrigens, dass ich gestern 6! Patienten im Flügelhemd übernommen habe, wobei es bei allen keine Indikation dazu gab.
Ein Patient sagte zu mir: Die Schwester wird Sie schimpfen, weil Sie mir eine Hose angezogen haben!
Ein anderer war völlig entrüstet, weil er ja schließlich einen Wundverband am Bauch hat... da habe ich dann auch aufgeben müssen, obwohl ich diesen selbstständigen, mobilen Patienten (x-ter Tag mit sekundärer Wundheilung) gerne mal außerhalb seines Zimmers - und Bettes! - gesehen hätte.

Das sind von Pflegekräften geförderte Reaktionen.

Grüße
Michl
 
Hi,

eigene Kleidung geht vor keine Frage! Unsere Flügelhemden überlappen hinten und kann man zubinden. Bei Leuten mit Durchfällen ist es manchmal sinnvoll Krankenhauswäsche zu benutzen, um die Kleidung des Patienten zu schonen.

Traurig ist es, wie die Patienten manchmal ohne Wäsche, Kulturtasche, Schuhe und Informationen eingwiesen werden.

Beängstigend ist es, wenn die Patienten auf mal nur noch nagelneue Kleidung haben. Was haben sie denn davor getragen!?

Grüße, Kompresse
 
Beängstigend ist es, wenn die Patienten auf mal nur noch nagelneue Kleidung haben. Was haben sie denn davor getragen!?
Hallo Kompresse,

das sehe ich nicht als beängstigend, meine Grossmutter hat für das Krankenhaus auch nur "gute" Wäsche gehabt, diese war immer neu und natürlich ungetragen. Was soll der Herr Doktor denken, wenn ich mit meinem "alten" Nachthemd hier liege.

Sonnige Grüsse
Narde
 
Haha, das kenne ich auch!!!!
Da wurde dem (aelteren) Ehemann von seiner im Krankenhaus liegenden Ehefrau aufgetragen, was er alles mitzubringen hat (Handtuecher, Waschlappen...). Da kam oft der Satz:
"Bring' aber die "Guten" mit!" :wink:
 
Bei uns wurde eine Patientin eingeliefert, die wirklich nichts hatte, weil sie auf der Straße aufgelesen wurde und keine Angehörigen hat (oder angeben konnte), eine Betreuerin meldete sich erst 3 Wochen später bis dahin hatten Schwestern und zum Teil auch Ärzte verschiedene Sachen gesammelt, die sie bis dahin tragen konnte.

Flügelhemd gabs nur, wenn es überhaupt nicht mehr anders möglich war. Allerdings arbeite ich auch in einer Rehaklinik und die Patienten können an Therapien auch schlecht in Flügelhemden und OP-Hosen teilnehmen. Anzeihtraining geht eben doch am Besten in den eigenen Sachen, die trägt man schließlich auch wieder zu Hause.
 
Haha, das kenne ich auch!!!!
Da wurde dem (aelteren) Ehemann von seiner im Krankenhaus liegenden Ehefrau aufgetragen, was er alles mitzubringen hat (Handtuecher, Waschlappen...). Da kam oft der Satz:
"Bring' aber die "Guten" mit!" :wink:


Ich würde mich auch nicht mit dem ältesten Nachthemd ins KH legen :zunge:

Jetzt mal zu der Diskussion.
Ich versuche auch immer eigene Wäsche der Pat. zu verwenden. Bei bettlägrigen Patienten sehe ich das aber nicht so eng. Da verwende ich häufig Flügelhemdchen. Oft kommen diese Pat. aus den Pflegeheimen zu uns, mit 2 Nachthemden und 2 Unterhosen (sehr sinnvoll bei Inkontinenz) bepackt, das es gar nicht möglich ist täglich ein frisches Nachthemd anzuziehen.
Was ich aber meistens mache, ein eigenes Handtuch auf das Kopfkissen legen. Somit hat der Pat. etwas vertrautes umsich, und gut gegen schwitzen. (Gummiüberzogene Kissen - bäh bei der Hitze)
 
hallo!

ich hatte auch letzt eine "flügelhemd diskusion" mit einer sturen älteren pat.!
die hatte den 3 tag nach einer athroskopie und wollte sich nicht ihre eigene kleidung anziehen, sie meinte das wäre ja wohl in allen kkh so üblich das ein nachthemd gestellt wird! nach langem diskutieren habe ich auf rat meiner kollegin aufgehört weil es hatte einfach keinen sinn, sie bekam zwar kein neues aber blieb in dem alten flügelhemd schön im bett liegen! :angry:
 
Hallo,
bei uns ist es leider auch fast "Standard", die Pflegefälle mit Flügelhemden zu bekleiden. Heute z. B. hab ich einer Patientin zumindest ein klinikeigenes geschlossenes also "normales" Nachthemd angezogen, die hat mich ganz dankbar angeschaut. Viele KollegInnen finden es zu umständlich, ein geschlossenes Hemd anzuziehen, da das ja mit deutlich mehr Anstrengung verbunden ist (man müsste den Patient doch glatt 2x mehr drehen, denn wie soll man denn den Rücken waschen, wenn er das Nachthemd schon anhat:weissnix:)??

Ich denke, viel passiert aus Bequemlichkeit, ohne mal darüber nachzudenken, was bzw. wie die Patienten fühlen, wenn man sie so bevormundet... Meiner Meinung nach hat das weniger mit Krankheitsgewinn zu tun (wobei ich das hier nicht ausschließen möchte - kommt mit Sicherheit auch vor...)
 
Bei uns haben die Pat. oft das OP-Hemd bei der Aufnahme an, weil die dann gleich in den OP kommen. Die Frage mit dem "das muss ja erst mal angeboten werden" stellt sich da einfach nicht - die müssen...

Kommen Fußgänger sagen wir dazu, dass sie am besten bleiben sollen wie sie sind, weil sie sowieso noch durch Haus laufen müssen für diverse Untersuchungen etc.

Tja und dann verunglücken eben viele im Urlaub; die Verwandschaft ist am anderen Ende Deutschlands und wer soll da frische Wäsche mitbringen, wenn die eigene Aufgebraucht wird?

Ach ja, bei stark blutenden Wunden, bei denen also mehrmals täglich der Verband durchblutet biete ich die OP-Hemden von mir aus an. Wegen der leichteren Waschbarkeit und dem sonst zu schnell schwindenden Vorrat an privater Wäsche (wer hat schon pro Tag 5 Oberteile und/oder Hosen dabei?)

Ulrich
 
Bei uns ist es so das auf den Perepherie sattionen sogar trainigsanzüge über den tag getragen werden, damit der Pat motiviet wird auch wirklich raus aus dem Bett zukommen, Anordnung von unserm Chef ich finde es gut! Ziehe auch bei uns auf der Intensiv am liebesten was privates den Pat an, viele Kollegen legen ja auf intensiv nur ein Lacken über den Pat. finde ich auch nicht gut! Dann schon lieber Hemdchen!
 
viele Kollegen legen ja auf intensiv nur ein Lacken über den Pat. finde ich auch nicht gut! Dann schon lieber Hemdchen!
So sehe ich das auch.
Also nur ein Laken und sonst nichts finde ich wirklich schlimm. Da nutze ich doch gerne die OP-Hemden. Und die finde ich für die Intensiv (gerade in Akutphasen) auch sehr gut. Für langfristige Verläufe bietet sich auch schon mal Privates an. Leider haben viele nichts dabei. Wenn auch die Angehörigen nichts mitbringen nutzen wir dann in diesen Ausnahmefällen auch schon mal eine Hose von der Bereichskleidung und dann eben das OP-Hemd hinten gut verschließen.
Ist halt doch angenehmer, als wenn man mit nacktem Gesäß auf dem Stuhl sitzt.
Auf Normalstation finde ich immer Privatkleidung deutlich besser. Alleine schon fürs Wohlbefinden.
Hab es bei einigen Patienten, die aus dem Altenheim gekommen sind erlebt, dass sie NUR hinten "aufgeschlitzte" Nachthemden hatten. Fand ich auch nicht toll.
Man sollte hier halt auch davon ausgehen, was man denn selber gerne hätte. ICH möchte nicht einen ganzen Krankenhausaufenthalt lang nur die OP-Hemden anziehen.
 

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