Professionelle Pflege - Zukunft oder fehlgeschlagener Versuch

Elisabeth Dinse

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Beruf
Krankenschwester, Fachkrankenschwester A/I, Praxisbegleiter Basale Stimulation
Akt. Einsatzbereich
Intensivüberwachung
Durch die Beschäftigung mit dem Thema Pflegekammer bin ich auf den Begriff professionelle Pflege gestoßen.

Was ist, was soll Pflege leisten? Ist waschen, füttern schon professionelle Pflege nur weil sie von einer Pflegekraft durchgeführt wird? Oder ist professionelle Pflege eher im medizinischen Bereich zu suchen?

Ich hab mich versucht durch die Dissertation von A. Veit: Professionelles Handeln als Mittel zur Bewältigung des Theorie-Praxis-Problems in der Krankenpflege zu kämpfen.

ff. fand ich interessant:
Müller-Kohlenberg (1988 ).
Im psychosozialen Bereich kann die Arbeit von Laien gelegentlich ähnlich erfolgreich sein wie die professioneller Helfer.
Wenn sich Anbieter sozialer
Dienstleistungen auf dem Berufsmarkt professionalisieren wollen, versuchen sie deshalb, sich möglichst schnell ein Monopol auf ihre Tätigkeit zu sichern, Konkurrenz durch andere Berufsgruppen zu vermeiden und die alleinige Kompetenz für ihr Fachgebiet zu beanspruchen.

Das kommt mir sehr bekannt vor. Besonders im ambulanten Bereich versucht Pflege diese Monopolstellung auszubauen: nur ausgebildete Pflegekräfte können pflegen. Ausländische "Haushaltshilfen" können dies nicht und werden deshalb bekämpft. Kann der empathiefähige Laie wirklich nicht waschen, füttern, trockenlegen?

Professionelle proklamieren damit ein exklusives Wissen für sich und schaffen bzw. beabsichtigen im Prozeß der Professionalisierung eine abnehmende Klienten- oder Laienkontrolle ihres Handelns.

Bekannt? Die Erschaffung von Pflegestandards, die oft Drehbüchern ähnlich sind. In diesen "Drehbüchern" geht es nicht mehr um den Klienten, es geht um eine Vorgabe wie der "professionelle" zu handeln hat in dem Galuben sich dadurch vom Laien abgrenzen zu können. Wie lächerlich wirken da Standards zum Thema Grundpflege.

Wenn insbesondere soziale Berufe ein Monopol für menschliche Beziehungen anmelden und ausschließliche Kompetenz dafür beanspruchen, ruft das bei den sich selbst für kompetent haltenden Laien die Forderung nach
Deprofessionalisierung auf den Plan, oder schärfer noch nach Entprofessionalisierung.
Dahinter steht die Angst der Klienten vor einer Ausnutzung bzw. eines Mißbrauchs ihrer Abhängigkeit durch den Professionellen, was durch die Art der Beziehung zwischen beiden prinzipiell möglich ist.
Auch das kommt mir bekannt vor: Stichwort Pflegeplanungen. Dort wird angeblich der Mensch in den Mittelpunkt gestellt mit seinen Bedürfnissen. Ich habe bis jetzt noch nie erlebt, dass die BEDÜRFNISSE DES PAT./ BEW: eine Rolle gespielt haben. "Professionelle Ausbildung" schafft es, das Pflegekräfte besser wissen, was der Pat./ Bew. braucht. Wissen sie es wirklich?

Mitbestimmung und Kontrolle seitens der Klienten setzen Professionsangehörige unter Druck, ihre Arbeit offenzulegen und damit der Kritik auszusetzen. Das impliziert, daß Laien über ein bestimmtes Wissen verfügen, das Kontrolle überhaupt erst möglich macht. Dieses Wissen ist
in der Regel jedoch nicht vorhanden. In dem Maße, wie sich Laien selbst als kompetent ansehen, verzichten sie deshalb zunehmend auf die Dienstleistung der Professionellen und hinterfragen deren professionelle und machtpolitische Position.

Vielleicht läßt sich vor diesem Hintergrund erklären, warum die Gesellschaft kein Interesse an einer Pflegekammer hat. Droht doch dann restlose Entmündigung. (?)

Eine freiwillige Registrierung dürfte da also eher kontraproduktiv sein. Impliziert sie doch das noch mehr Pseudowissen noch mehr Macht bringt und damit noch mehr Abhängigkeit für den Pat./ Bew..

Das uns die Übernahme ärztl. Tätigkeiten zugestanden wird von der Gesellschaft bestätigt nur die These: hier ist der Laie tatsächlich Laie und auf uns angewiesen. .... Problem nur: wir deprofessionalisieren damit den Arztberuf. Und ob diese dies auf Dauer akzeptieren wage ich zu bezweifeln.

Vielen Dank für das Lesen, dieses doch sehr langen Beitrages. Ich würde mich freuen, wenn Meinungen dazu kommen würden.

Professionelle Pflege- Zukunft oder vertane Chance?

Elisabeth
 
Professionalisierung

Hallo Elisabeth, hallo Interessierte!
Wollen wir uns denn wirklich auf "waschen, füttern (was für ein Begriff!!!), trocken legen" reduzieren lassen bzw. noch schlimmer, reduzieren wir selbst unsere Arbeit darauf??? Gibt es denn in der pflegerischen Arbeit selbst nicht mehr, das es wert ist, als professionell behandelt zu werden? Ich erlebe es häufig (bin PDL eines Pflegeheimes für Intensivpflege), dass neue Mitarbeiter meinen, ihnen würde die "Action!" des Krankenhauses fehlen. Wenn ich das dann hinterfrage, besteht der Anspruch häufig in medizinischen Tätigkeiten (Blutentnahmen, Assistenz bei Eingriffen, etc., meist in der Übernahme ärztlicher Tätigkeiten). Dann frag ich mich doch, was ist in der "Prägungsphase" schief gelaufen??? Offensichtlich ist doch bei den Meisten die Sozialisierung in den "Heil-Hilfs-Beruf" erfolgreich gelaufen. Professionalisierung ist ein Prozess, den nur wir selbst initiieren und durchlaufen können, wenn wir das nicht selber tun, passiert das nie. Solange Pflegende im 21. Jahrhundert noch ehrfürchtig ihre Arbeit fallen lassen, weil der Chefarzt zur Visite kommt, sind wir "Assistenten und Erfüllungsgehilfen" des Arztes. Um mit Ärzten und anderen medizinischen Berufen auf Augenhöhe kommunizieren zu können, müssen wir hochklettern, die anderen werden sich nicht hinknien! Ich vermisse in den meisten Diskussionen zum Thema "Professionalisierung" den Begriff "Pflegeprozess", dessen Umsetzung in meinen Augen den Unterschied ausmacht. Natürlich kann auch ein Laie pflegen (viele tun das besser als die Profis, weil individueller), aber prozesshaftes Denken und Handeln ist das deswegen noch nicht. Im Moment wissen die meisten Pflegekräfte kaum, was Pflegeprozess ist, geschweige denn, wie man ihn umsetzt. Das ist aber einer der Kardinalfehler unserer Pflegeausbildung. Ich musste fast 40 Jahre alt werden und Pflegemanagement studieren, um effektiv pflegewissenschaftliche Studien lesen und umsetzen zu können. Das könnte ja daran liegen, dass meine Ausbildung schon 20 Jahre her ist, aber meine "frisch examinierten" Pflegekräfte können es auch nicht (praktisch ausprobiert!) und das finde ich sehr bedenklich. So lange Pflege eine "normale" Berufsausbildung ist, die nicht auf akademischer Ebene stattfindet, wird man uns auf der akademischen Ebene nicht als gleichwertig betrachten, damit geht verd... viel Potenzial verloren. Schauen wir uns doch mal in Europa um: den neuen Beitrittsländern wurde als eines von ...zig Kriterien abverlangt, Pflege schon als grundhafte Ausbildung auf akademischem Niveau zu organisieren (Bachelor/Master) - und, was ist passiert? Länder wie Polen, Tschechien, ja sogar (unabhängig von der EU) Entwicklungsländer in Afrika und Fernost bilden Pflegekräfte auf akademischem Niveau aus, da sehen wir ganz schön müde aus!!! Pflege ist in Deutschland als berufspolitische Macht nicht aktiv genug, die vielen Berufsverbände erinnern an Kleinstaaterei und kommen nicht unter ein Dach. Wenn dann noch Veranstaltungen stattfinden, in denen es Podiumsdiskussionen über die Frage gibt, wie man die Krankenschwester ansprechen sollte (haben wir nichts Wichtigeres zu reden?) oder Modenschauen mit Berufsbekleidung, dann fällt mir dazu nicht gleich was ein. Jetzt hab ich selber auch so einen langen Beitrag geschrieben, aber das ist auch mir ein Reizthema, welches mich seit dem Grundstudium verfolgt. Pflege ist der Berufszweig der Zukunft (siehe demografische Entwicklung), wenn wir nicht bald was für uns selber tun, graben wir uns selbst das Wasser ab. In diesem Sinne Grüße an alle motivierten Mitstreiter auf dem Weg in die Professionalisierung!
 
Ich vermisse in den meisten Diskussionen zum Thema "Professionalisierung" den Begriff "Pflegeprozess", dessen Umsetzung in meinen Augen den Unterschied ausmacht. Natürlich kann auch ein Laie pflegen (viele tun das besser als die Profis, weil individueller), aber prozesshaftes Denken und Handeln ist das deswegen noch nicht.

Was ist der Pflegeprozess derzeit?
Eigentlich soll es im Pflegeprozess um einen Problemlöseprozess und Beziehungsprozess gehen. Davon sind wir weit entfernt. Pflegeplanungen als Dokumentation des Pflegprozesses werden nach wie vor als Problemlöseprozess vermittelt: die Krankheit wird geplant - die Bedürfnisse des Patienten sind da eher hinderlich. Der Laie denkt auch prozesshaft. Das sollten wir ihm nicht immer absprechen. Er arbeitet aktiv im Beziehungsprozess und die Lösungen der anfallenden Probleme gründen auf sein Wissen - Wissen erworben durch Lebenserfahrung.
Professionelle Pflege sollte erst da aktiv werden, wo dieses Wissen nicht mehr ausreicht zur Problemlösung. Wenn der Patient/ Bewohner aber nur eine körperliche Einschränkung hat und sich selbst versorgen kann mit Assistenz, dann solten wir dieses auch akzeptieren und nicht immer dem Patienten/ Bewohner das Recht zur Selbstverantwortung absprechen.
Wenn ich diesen Gedanken zu Ende denke, dann brauchen wir weniger professionelle Pflegekräfte und mehr Assistenzkräfte in den Einrichtungen. Professionelle Pflegekräfte für Beratung und Anleitung, Ausführen therapeutischer Pflegeaspekte (Bobath etc.) - Assistenzkräfte für die Grundversorgung: Hilfe bei Körperpflege, Ausscheidung, Bewegung, Ernährung.
Problem hier: wir haben in Deutschland zuviele Pseudoprofessionelle die das Gehalt von professionellen Pflegekräften beanspruchen obwohl die Lesitungen die Assistenz nicht überschreiten.

So lange Pflege eine "normale" Berufsausbildung ist, die nicht auf akademischer Ebene stattfindet, wird man uns auf der akademischen Ebene nicht als gleichwertig betrachten, damit geht verd... viel Potenzial verloren.
Alleine die Akademisierung kanns nicht sein - zuviele studierte Pflegekräfte sind mir schon begegnet, wo ich arg zweifle ob hier wirklich eine Professionalität erreicht wurde durch das Studium. Das Studium in Deutschland scheint derzeit noch weit entfernt von der Praxis abzulaufen. Erst das Zusammenführen von Praxis und Theorie bringt den Sprung in die Professionalität.

Elisabeth
 
Erst einmal Applaus zum ersten Beitrag. Er spricht mir aus der Seele.

So lange Pflege eine "normale" Berufsausbildung ist, die nicht auf akademischer Ebene stattfindet, wird man uns auf der akademischen Ebene nicht als gleichwertig betrachten, damit geht verd... viel Potenzial verloren.
Hhhmmmm stimmt, aber geht nicht auch verd... viel Potential verloren weil jede Berufsgruppe meint, auf eine Berufsgruppe gleicher Richtung mit weniger Basisausbildung herablassend zu schauen?

Professionelles Pflegepersonal sollte sich nicht über die Ärzte beschweren und gleichzeitig dasselbe Spielchen mit der niedrigeren Ebene selbst spielen.

Problem hier: wir haben in Deutschland zuviele Pseudoprofessionelle die das Gehalt von professionellen Pflegekräften beanspruchen obwohl die Lesitungen die Assistenz nicht überschreiten.
Stimmt, wir haben aber auch sehr viele offiziell nichtprofessionelle Pflegekräfte die absolut professionell arbeiten, auch so eingesetzt werden, aber aufgrund des fehlenden Nachweises für die Basisausbildung (Examen) nicht leistungsgerecht bezahlt werden.

Alleine die Akademisierung kanns nicht sein - zuviele studierte Pflegekräfte sind mir schon begegnet, wo ich arg zweifle ob hier wirklich eine Professionalität erreicht wurde durch das Studium. Das Studium in Deutschland scheint derzeit noch weit entfernt von der Praxis abzulaufen. Erst das Zusammenführen von Praxis und Theorie bringt den Sprung in die Professionalität.
Das ist absolut zutreffend. Viele studierten Pflegekräfte verlieren den Bezug zur Praxis. Ihre Theorien mögen perfekt sein, sind aber in der Realität nicht anwendbar, da viele Probleme, z.B. durch die Gesundheitsreform erzeugt, einfach übersehen werden. Folge für mich: Wenn man mir eine Theorie auftischt, die ich in die Praxis umsetzen soll, dies aber aufgrund der Gegebenheiten nicht möglich ist und mir keinen Lösungsansatz anbieten kann, die Praxis und Theorie zusammenführt, dann kann ich solche Leute einfach nicht mehr ernst nehmen.
 
Die Frage, die sich stellt: was ist professionell? Und ab wann handelt eine Pflegekraft professionell?

Beispiele:.
Auf fast allen Bereichen erlebe ich Laien (der Zivi, die FSJlerin u.a.) die zum Blutdruck messen, BZ bestimmen u.ä. losgeschickt werden. Sie erheben den Wert und tragen ihn in entsprechende Unterlagen ein. Ergo scheint diese Tätigkeit nicht professionelle Pflege zu sein.

Pflegekraft hängt Infusionen an gibt i.v. Medikamente und nimmt Blut ab. Warum sie dieses tun soll bzw. welche Wirkung die Medikamente genau haben... . Diese Handlungen sind für mich genauso wenig professionell wie wenn der Laie BZ misst - er führt eine handwerkliche Tätigkeit aus.

Was ist dann professionell? Wo liegt der Unterschied?

Der Pflegeprozess ist es m.E. nicht. Nur die Verschriftlichung von Tätigkeiten kanns nicht sein.

Elisabeth
 
Pflegewissenschaft und theoriegeleitetes Arbeiten nötig!

Ohjeee... Kann ich da nur sagen. Das Thema Professionalisierung ist in der Tat ein spannendes und interessantes Thema. So lange sich Pflegekräfte aber weiterhin über Tätigkeiten wie Blutentnahme, etc... identifizieren sind wir noch weit davon entfernt. Wichtig ist die Verzahnung von Pflegewissenschaft, Pflegeforschung und der Praxis. Pflegekräfte interessieren sich viel zu wenig für Ihr eigenes Berufsbild. Tagtäglich erlebe ich aufs Neue, dass viele immer noch nicht wissen, dass es seit 2004 eine neue Berufsbezeichnung gibt. Und das ist nur ein kleines Beispiel, welches aber die Problematik wiederspiegelt. Wenn ich allein schon die Zeilen zum Pflegeprozess in den Beiträgen lese. Ein Pflegeprozess ohne eine Pflegetheorie ist ein inhaltloses Instrument. Es muß theoriegeleitet gearbeitet werden! Jedoch gibt es noch sehr viele Häuser, die keine Theorie eingeführt haben. Sehr viele Pflegekräfte kennen nicht mal eine einzige Pflegetheorie. Dabei ist das sie Basis unserer Arbeit. Wir arbeiten in einem Beruf und kennen dessen Wurzeln gar nicht. Des weiteren arbeitet doch meist jeder in der Klinik anderst. Jeder hat eine andere Auffassung von Pflege, interpretiert vieles anders als die anderen. Eine Pflegetheorie schafft Einheit und Klarheit. Jeder weiß dann, wie Pflege definiert ist, welches Menschenbild man hat,etc... Pflegekräfte die theoriegeleitet arbeiten sind deutlich zufriedener. Also befasst Euch mit Pflegetheorien! Informiert Euch über aktuelles in der Pflegewissenschaft! Nur durch fortschreitende Professionalisierung und Interesse am Beruf in den eigenen Reihen kann die Pflege es schaffen, eine eigenständige Profession zu werden. Nur mit der wissenschaftlichen Basis können wir uns behaupten und können unsere Arbeit begründen.

Liebe Grüße
von

Thomas
 
Pflegetheorien als Allheilmittel zur Professionalisierung?

Alle mir bekannten Theorien haben ihren Ursprung im angloamerikanischen Raum und sind aus meiner Sicht nicht 1:1 übertragbar auf Deutschland.
Ich glaube auch, dass EINE Theorie niemals geeignet ist alle Bedürfnisse der Klienten abzubilden. Damit wäre das festhalten an ATLs/ AEDLs eher kontraproduktiv für die Professionalisierung. Oder liegts am falschen Verständnis der Theorien?

Ist es überhaupt sinnvoll pflegerische Begleitung (waschen, füttern, trocken legen) zwanghaft zur professionellen Pflege zu erheben?
Ab wann setzt professionelle Pflege ein? Und wann ist pflegerisches Handeln noch ein Beruf?
Für mich wäre professionelle Pflege alles, was über die Laienpflege hinausgeht. Das wäre weniger als heute üblich als Pflege beschrieben. Aber muss es mehr sein, ist es nicht besser weniges besonders gut zu machen?

Letzteres würde im Umkehrschluss bedeuten: wir brauchen in Deutschland weniger hoch qualifiziertes Pflegepersonal. Dies wurde bereits 2000 in der Arbeit: Pflege neu denken - Zukunft der Pflegeausbildung (Hrsg. Robert-Bosch-Stiftung) postuliert. Dort ging man von einer 4 stufigen Ausbildung aus:
Pflegefachperson I
2jährige berufsbildende Pflegeschule oder gleichwertige Schulausbildung
Pflegefachperson II (Sek II)
4jährige berufsbildende Pflegeschule oder gleichwertige Schulausbildung
Pflegefachperson II mit Diplom
(Hochschule/Berufsakademie) oder Bachelor-Abschluss
Pflegefachperson III mit Universitätsdiplom, Magister- oder
Masterabschluss

Professionelle Pflege würde nach meinem Verständnis erst nach der 4 jährigen Ausbildung möglich sein.

Pflegefachpersonen I werden generalistisch, ohne Schwerpunktsetzung für allgemeine Arbeitsfelder im Pflegeberuf ausgebildet. Sie werden vorrangig in Pflegesituationen tätig sein, die voraussichtlich über einen längeren Zeitraum konstant sind oder bei komplexen Pflegesituationen in engem Kontakt mit Pflegefachpersonen II arbeiten.
Pflegefachpersonen II (Sek II) werden ebenfalls generalistisch ausgebildet, aber mit einer Schwerpunktsetzung und mit Vertiefungen. Die Ausbildung soll sie zur differenzierten Pflegediagnostik und zur selbständigen
Steuerung von Pflegeprozessen befähigen, so daß sie in der Lage sind, in
komplexen Pflegesituationen sach- und fachgerecht zu handeln und gegebenenfalls Weisungen zu erteilen.
Pflegefachpersonen II mit einem an einer Hochschule oder Berufsakademie
erworbenen akademischen Abschluss sollen, wie die im Sekundarbereich
II ausgebildeten Pflegefachkräfte, für die genannten beruflichen
Tätigkeiten ausgebildet und mit gleichen pflegerischen Aufgaben betraut
werden. Zudem sollen sie verstärkt auf die Übernahme von Aufgaben im
organisations- und gesellschaftsbezogenen Aufgabenfeld vorbereitet sowie
zur Durchführung kleinerer Forschungsprojekte oder Teile von Forschungsprojekten
befähigt werden.
Pflegefachperson III kann werden, wer nach Abschluss der Ausbildung zur Pflegefachperson II ein ein- bis zweijähriges Studium absolviert und es mit einem Universitätsdiplom, Magister oder Mastergrad abschließt. Die
Dauer eines Studiums richtet sich nach der angestrebten Spezialisierung.
Spezialisierungen können sich an heute vorhandenen Fachweiterbildungen
orientieren. Es werden weiterhin Management-Studiengänge angeboten, die, wie bisher, zur Leitung und Führung von Einrichtungen, Abteilungen und Personal befähigen. Außerdem werden bestehende Studiengänge fortgesetzt und weiterentwickelt, die Pflegewissenschaft, Pflegeforschung und Pflegebegutachtung zum Inhalt haben.
Spezialisierungen für Pflegefachpersonen II bleiben auch außerhalb des tertiären Bereichs erhalten. Sie werden inhaltlich an den beruflichen Erfordernissen ausgerichtet.
Promovierte Pflegefachperson. Als weitere Stufe der Qualifikation bietet
sich, wie auch in anderen wissenschaftlichen Disziplinen, die Möglichkeit einer Promotion. Promovierte Pflegefachpersonen werden überwiegend
in der Wissenschaft beschäftigt sein, also in der Lehre und Forschung
an Hochschulen und wissenschaftsbezogenen Instituten, aber auch in
Behörden oder später in Institutionen der beruflichen Selbstverwaltung.

Dieses Vorhaben wurde nie in die Tat umgesetzt. Lag es eventuell auch daran, dass die bisherige Pflegeausbildung der untersten Stufe entspricht und man zig tausend Pflegekräften hätte erklären müssen, das sie bessere Krankenpflegehilfen sind? Ein schwieriges Unterfangen, denn diese hätten auf einer Qualifizierung bestehen können... eine eindeutige Kostenfrage. Nur brauchen wir tatsächlich soviele hochqualifizierte Pflegekräfte?

Elisabeth
 
Liebe Elisabeth, liebe Forenbesucher!

Eine Pflegetheorie kann nie 1:1 umgesetzt werden. Das ist ja bekannt, und das ist ja auch gewollt so. Nur dann ist eine Entwicklung möglich. Eine Theorie muß immer auf die gegebenen Rahmenbedingungen abgestimmt werden. Kombinationen von z.B. zwei Theorien ist ja möglich.
Dann würde ich Dich bitten, liebe Elisabeth, die Begriffe "füttern und trocken legen" aus Deinem Wortschatz zu streichen. Finde ich wirklich unmöglich, wenn sogar Kollegen aus den eigenen Reihen so reden. Wo bleibt da die Würde? Wir haben es mit Menschen zu tun. Diesen geben wir das Essen ein, helfen bei der Nahrungsaufnahme oder kümmern uns um die Inkontinenzversorgung. Es ist ziemlich daneben auf der einen Seite von Professionalisierung zu reden und dann so abfällige Wörter zu wählen. Wäre eben doch mal nötig sich mit Pflegetheorien und den enthaltenen Menschenbildern auseinanderzusetzen... Und wenn man sich näher und intensiver mit Pflegewissenschaft befassen würde, würde man auch besser über Theorien und deren Umsetzung Bescheid wissen. Und warum konnten denn die Ausbildungsmodelle nicht umgesetzt werden? Weil immer noch zu wenige im Berufsverband sind und wir als größte Berufsgruppe im Gesundheitswesen zum Teil von Ehrenamtlichen Mitarbeitern vertreten werden müssen.

Thomas
 
Professionalisierung

Hallo Elisabeth, hallo Tom!
In Bezug auf die Professionalisierung in der Pflege sind meiner Meinung nach ganz klare Wege zu gehen! Ich kann Tom nur zustimmen, dass an der Umsetzung von Pflegetheorien in die Praxis kein Weg vorbeiführt. Ohne Pflegetheorie fehlt die Basis, das Gerüst jeglichen pflegerischen Handelns. Die Professionalisierung lässt sich nicht voran treiben, wenn sich viele Pflegekräfte immer noch über die Grundpflege und die Übernahme ärztlicher Tätigkeiten definieren! Pflege ist doch so viel mehr! Das neue Krankenpflegegesetz bietet uns beispielweise die Möglichkeit uns im Bereich Beratung, Anleitung und Gesundheitsförderung zu spezialisieren und eine eigene Profession weiter zu fördern und uns von anderen Berufsgruppen abzugrenzen! Auch die von der FH Osnabrück heraus gegebenen Expertenstandards (DNQP) leisten einen wertvollen Beitrag zur Professionalisierung der Pflege! Durch die Umsetzung dieser Expertenstandards und durch die Mitwirkung der Pflegekräfte kann endlich eine Pflege erfolgen, die wissenschaftlich basiert und an den individuellen Bedürfnissen des Patienten ansetzen!
Gruß Anna
 
Diesen geben wir das Essen ein, helfen bei der Nahrungsaufnahme oder kümmern uns um die Inkontinenzversorgung.

Nur dadurch, dass wir den alltäglichen Handlungen neue Begrifflichkeiten zuordnen werden sie nicht zur professionellen Tätigkeit. Ich habe mich hier ganz bewußt für füttern, waschen, trocken legen entschieden.
Fällt dir übrigens auf, dass wir für waschen bis dato keine neue Bezeichnung gefunden haben?

Professionalität entsteht m.E. nicht allein dadurch, dass ich das Gebiet verwissenschaftliche und eine neue Elite erzeuge per universitärer Ausbildung.

Und warum konnten denn die Ausbildungsmodelle nicht umgesetzt werden? Weil immer noch zu wenige im Berufsverband sind und wir als größte Berufsgruppe im Gesundheitswesen zum Teil von Ehrenamtlichen Mitarbeitern vertreten werden müssen.

Ausbildungsmodelle werden nicht vom Berufsverband bestimmt. Hier bringt die Politik sich ein... und da sind wir nicht an den entsprechenden Schnittstellen aktiv. Pflegekammern als mögliches Kontrollorgan sind nicht gewollt von der Politik... und von der Basis. Zu oft musste die Basis sich anhören, dass nur die Pflegewissenschaften alleine mit ihren Theorien zur Professionalisierung des Berufes beitragen können. Die Elite wollte die Basis führen und ist kläglich gescheitert an der Praxis.

Ergo brauchts erst mal ein tragfähiges Fundament für eine professionelle Entwicklung in der Pflege: es braucht eine gemeinsame Sprache und da sollte jeder gehört werden.

Elisabteh
 
Liebe Elisabeth, liebe Forenbesucher!

Ich habe ja nicht behauptet, dass wir durch die Begrifflichkeiten allein professioneller sind. Was ich damit sagen wollte, ist, dass die Grundhaltung und die Einstellung zum Beruf ja schon in ein schlechtes Licht gerückt wird.
Pflegen ist mehr als nur "pflegen". Nicht umsonst hebt die neue Berufsbezeichnung "Gesundheits- und Krankenpfleger/In" den Bereich der Gesundheit und somit der Gesundheitsförderung hervor.
Pflege hilft Menschen wieder in die Selbständigkeit, plant und organisiert Pflege mit dem Patient/Bewohner, bezieht diesen aktiv mit ein, sieht den Menschen individuell...
Könnte schon wieder ewig lange weiter schreiben, soll nur mal ein kurzer Abriss sein.
Ich denke wirklich, Elisabeth, dass Du den Begriff "Professionalisierung" nicht richtig verstanden hast und verstehst, ebenso die Theorien.

Gruß

Thomas
 
Liebe Elisabeth, lieber Thomas, liebe Neugierige!
Zum Glück gibts außer uns FH-Studenten noch mehr Pflegende, die Professionalisierung als sehr wichtig einstufen, danke. Manchmal kann man ja selbst mit der eigenen Berufsgruppe das Zweifeln anfangen. Wer sagt denn, dass studierte Pflegekräfte automatisch im Elfenbeinturm landen wollen und müssen. Ich jedenfalls fühle mich trotz Studiums sehr wohl in der Praxis und meine Mitarbeiter haben nicht das Gefühl, dass ich nur Theoretiker bin. Meine Berufserfahrung wird durch neues Wissen nicht verdrängt, sondern ergänzt und das auf eine Art und Weise, die mir die theoretischen Defizite noch im Nachhinein klar macht. Wenn wir denn schon täglich weniger Zeit für unsere Patienten und Bewohner haben, sollten wir doch wenigstens dafür sorgen, dass sich unsere Berufsgruppe weiter entwickelt. Um aber einen Weg zur Entwicklung auswählen zu können, muss ich erst mal verschiedene kennen. So lange Pflegetheorien mühselig auswendig gelernt werden, damit eine Prüfung bestanden wird, sieht es damit eher schlecht aus. Jeder Pflegende muss doch im Laufe seiner beruflichen Entwicklung eine eigene Einstellung zu Pflege, Pflegebedürftigkeit etc. entwickeln. Um aber die Frage stellen zu können, sehe ich Pflege eher als defizitorientiert (Was kann der Patient nicht?) oder bedürfnisorientiert (Was kann er selbst, wenn ich ihn dabei unterstütze?) muss ich doch erstmal auf die Idee kommen, dass das eine Frage ist, oder? Dabei halte ich es für sekundär, ob die Pflegetheorie aus den USA oder Timbuktu stammt, kranke Menschen haben überall auf der Welt ähnliche Bedürfnisse, auch wenn der kulturelle Hintergrund verschieden ist. Eine Theorie liefert doch keine Checkliste, die den Pflegekräften das Denken abnimmt, sondern gibt die Richtung vor, in die sich Pflege entwickeln soll. Zumindest das Menschenbild der Pflege sollte für alle MA einer Einrichtung klar aus dem Leitbild ersichtlich sein, und das geht nun mal nicht ohne theoretischen Hintergrund. Stellen wir uns nur den Berufszweig der Mediziner (deren Tätigkeiten manche Pflegende so gern übernehmen, um sich aufzuwerten) ohne theoretischen Hintergrund vor - undenkbar, oder? Warum sollten wir uns dann damit abfinden, eine so wichtige Arbeit (deren Bedeutung immens zunimmt) ohne entsprechende Professionalität zu tun? Ich hoffe, wir bleiben optimistisch und streitbar, viele Grüße, Verena
 
Ich denke wirklich, Elisabeth, dass Du den Begriff "Professionalisierung" nicht richtig verstanden hast und verstehst, ebenso die Theorien.

Es gibt keine eindeutige wissenschaftliche Aussage zum Begriff Professionalisierung - sehr wohl aber verschiedene Aussagen dazu, die alle darin gipfeln das Pflege weit entfernt von einer Professionalisierung ist.

Nicht umsonst hebt die neue Berufsbezeichnung "Gesundheits- und Krankenpfleger/In" den Bereich der Gesundheit und somit der Gesundheitsförderung hervor.

Man kann einem Produkt einen neuen Namen geben, wenn der Inhalt derselbe bleibt verkauft es sich nicht besser als vorher.

Pflege hilft Menschen wieder in die Selbständigkeit, plant und organisiert Pflege mit dem Patient/Bewohner, bezieht diesen aktiv mit ein, sieht den Menschen individuell...

Der Klient erlebt Pflege anders - leider. Es nutzt nichts im Elfenbeinturm zu sitzen und "professionelle" Pflege zu predigen. Davon ändert sich die Realität nicht.

Für mich fängt Pflege bei der Begegnung mit einem Menschen an: erkennen wo er sich gerade befindet (z.B. Konzept Peplau), seine Probleme wahrnehmen (von mir aus auch nach den ATLs), akzeptieren das seine Probleme nicht meine Probleme sein müssen/ können (Orem?) Lösungsangebote machen, mit dem Klienten gemeinsam einen Weg aussuchen und diesen gemeinsam gehen: Unterstützung geben ist für mich Pflege. Sowenig wie möglich, soviel wie nötig- oder wie Böhm in seinem Konzept sagt: Pflegen mit den Händen in der Hosentasche. Es kann nicht ein Pflegekonzept als das Allheilmittel für eine Pflegebeziehung herhalten.

Es geht in der Pflegebeziehung nicht primär um die Pflegekraft und ihr Fachwissen - es geht um die Bedürfnisse des Patienten/ Bewohners. Und in diese Richtung scheint die derzeitige Pflegeausbildung nicht zu laufen, wenn man den Beiträgen hier im Forum und den Kommentaren von Azubis in den Einrichtungen glauben schenken kann. Nur ein neuer Name macht noch keine Veränderungen an der Basis.

Was ich damit sagen wollte, ist, dass die Grundhaltung und die Einstellung zum Beruf ja schon in ein schlechtes Licht gerückt wird.
An Aussagen eine Grundhaltung erkennen zu wollen erscheint mir doch sehr gewagt. An den Handlungen sollst du sie erkennen. *g* Wir sind vielzuviel auf ein (semi)professionellen Sprachgebrauch fixiert (bloß alle korrekt bezeichnen) und vergessen dabei, dass die Handlungen entsprechend sein müssen.

In diesem Sinne füttern, waschen, trocken legen... damit auch der Laie versteht, was ich da mache und er sich nicht überrollt fühlt von soviel Professionalität um hinterher festzustellen: das hätte er auch gekonnt.

Elisabeth
 
Verena, du sprichst mir aus dem Herzen. Zuoft ist mir in den letzten Jahren eine Checkliste nach der anderen, ein Standard nach dem anderen präsentiert worden mit den Worten: handle ohne zu denken danach und du wirst professionell handeln.

Elisabeth
 
PflegerTom schrieb:
Ich denke wirklich, Elisabeth, dass Du den Begriff "Professionalisierung" nicht richtig verstanden hast und verstehst, ebenso die Theorien.
Wie ist denn der Begriff Professionalisierung richtig zu verstehen in Deinen Augen?
Ein Merkmal von Profession ist z.B. die weitgehende Autonomie bei der Ausübung beruflicher Tätigkeiten, haben wir nicht. Pflegekammern wären ein Weg dorthin.
Oder: hohes spezifisches Fachwissen, das durch kontinuierliche Fortbildungen erarbeitet wird, allenfalls Einzelne unter der großen Schar der Pflegenden bildet sich regelmäßig weiter.
Besonders interessant: Das Bestreben prestigearme Tätigkeiten auf andere Berufsgruppen abzuschieben. Da sind wir ja ganz weit von entfernt, da wir uns meist eher Tätigkeiten von anderen aufdrücken lassen.

Ich denke, dass wir auch sehr daran scheitern könnten, dass wir einen klar abgegrenzten Bereich für uns monopolisieren.

Was von den meisten Autoren beschrieben wird ist jedoch eigenständige Forschung, akademische Fortbildung oder ähnliches. Momentan sind wir allenfalls eine semi-profession.
Manchmal denke ich, dass viele irgendwie Angst davor haben, dass Pflege akademisch wird, bzw. in einem Studium gelehrt wird. Nur weil PM`ler, PW`ler...ect nun akademisch ausgebildet werden wird die Pflege an der Basis noch lange nicht wissenschaftlicher.
Demnach gehören für mich viele Studierte einfach an die Basis, wenige werden aber dort arbeiten wollen, weil der Verdienst dort zu gering ist und es bis heute keine Anerkennung von Weiterbildung/Fortbildung/Studium durch evtl. höhere Bezahlung gibt. Und ich behaupte mal, dass ganz viele, die heute studieren genau von dieser Basis weg wollen.
M.E. muss mit der Änderung der Ausbildung begonnen werden um uns der Profession Pflege näher zu bringen. Eine größere Staffelung innerhalb der in der Pflege Arbeitenden geschaffen werden. Neue Namen für Begrifflichkeiten ändern nichts, solange dahinter nicht auch die Änderung des eigenen Bewusstseins steht. Allerdimngs bin ich auch dafür, dass es wichtig ist, dass wir eine gleiche Sprache sprechen, sprich die gleichen Begrifflichkeiten für die gleichen Dinge verwenden.
Um auf die Eingangsfrage zu antworten: Ja, ich denke, dass professionelle Pflege forciert werden sollte, dass sie Zukunft hat.
 
sigjun schrieb:
Manchmal denke ich, dass viele irgendwie Angst davor haben, dass Pflege akademisch wird, bzw. in einem Studium gelehrt wird. Nur weil PM`ler, PW`ler...ect nun akademisch ausgebildet werden wird die Pflege an der Basis noch lange nicht wissenschaftlicher.

Demnach gehören für mich viele Studierte einfach an die Basis,

M.E. muss mit der Änderung der Ausbildung begonnen werden um uns der Profession Pflege näher zu bringen. Eine größere Staffelung innerhalb der in der Pflege Arbeitenden geschaffen werden.
So sieht's aus...
M.E. gehört die Pflegeausbildung an die Uni, erst dann kann sich die Profession Pflege weiterentwickeln.
Es kann doch nicht erwartet werden das eine Hand voll Akademiker ein ganzes Berufsbild ändern.

Im europäischen und transatlantischen Ausland ist dies seit Jahren Gang und Gebe, hier in Deutschland hat die Pflege das seit Jahrzehnten verpennt.

Erst dadurch kann Pflege sich definieren und die Kernkompetenzen herausarbeiten und fördern.

Die Einstellung das Pflegende nach dreijähriger Ausbildung überall einsetzbar sein müssen ist weder zeitgemäß noch intelligent. In einem hochspezialisierten Arbeitsfeld brauche ich auch hochspezialisierte Arbeitskräfte. Das ist in der Pflege nicht gewollt. Jeder soll gefälligst Bobath, basale Stimulation, BE, ein ganzheitliches Pflegeverständnis, Kommunikationsfähigkeiten, und, und, und praktisch umsetzen bzw. vorweisen können, und das bei jedem Patienten gefälligst individuell.
M.E. nach ausgemachter Schwachsinn.

Warum kann man nicht die Interessen und Stärken des Einzelnen schon in der Ausbildung fördern? Ist es sinnvoll all dies stumpf abzufragen?? Warum muss ein Pflegeschüler gynäkologische Pflege erlernen??

Wir müssen von dieser Doktrin der gewünschten Allwissenheit Abstand nehmen, andernfalls ändert sich mal gar nichts.

Gruß
 
Pfleger Tom!
Was ist an dem jahrelang gebrauchten Wort "füttern" plötzlich verwerflich? "Nahrung verabreichen" ist doch ein Begriff, erfunden von Leuten, die glaubten, daß man einen neuen Begriff braucht, obwohl "füttern" nicht ersetzt werden mußte.
"Meinen Vater müssen Sie füttern." ist ein von Angehörigen oft gebrauchter Hinweis.
"Meinem Vater müssen Sie die Nahrung verabreichen." habe ich noch nie gehört.
Und nur, weil ich Krankenpfleger bin, muß ich nicht mit gestelzten Phrasen rumschmeißen.
Hast Du Kinder? Wenn ja: Fütterst Du die wenigstens noch?
 
Wir müssen von dieser Doktrin der gewünschten Allwissenheit abstand nehmen, andernfalls ändert sich mal gar nichts.

STOP

Die Zukunft in den meisten Krankenhäusern sieht keine einheitlichen Fachabteilungen mehr vor: interdisziplinäre Stationen sind auf dem Vormarsch aus reinen Kostengründen. Der Pat. kann/ muss erwarten können, dass er trotzdem eine fachlich hochqualifizierte Pflege bekommt.
Pflegepersonal wird knapp. Wir können Belegungen von Stationen nicht planen. So wird es sicher zunehmend Personalpools geben- aus reinen Kostengründen. Der Patient kann/ muss erwarten können, dass er trotzdem eine fachlich hochqualifizierte Pflege bekommt.
Die Patientenklientel wird zunehmend multimorbider. Da kann es passieren, dass eine gynäkologische Grunderkrankung vorliegt, die akute Krankheit davon mitbetroffen ist. Fachmedizin zu lernen führt für Pflegekräfte in eine Sackgasse.

Wie definiert man pflegerisches Fachwissen? Was sollte auf jeden Fall dazugehören? Was ist realistisch in drei bis vier Jahren vermittelbar?

Es kann doch nicht erwartet werden das eine Hand voll Akademiker ein ganzes Berufsbild ändern.

Muss der Akademiker das Berufsbild ändern? Sind wir selbst dafür nicht verantwortlich? Akademiker kosten viel Geld: in der Ausbildung und in den Gehaltsforderungen. Das kann und will sich die Gesellschaft nicht leisten.

Wo genau und konkret sollen Akademiker eingesetzt werden? Wieviel Fachwissen braucht es um auf der Station zu arbeiten? Brauchen wir für alle Tätigkeiten eine dreijährige Ausbildung?

Welche Ausbildung braucht es einem Unfallopfer mit diversen Frakturen in den oberen Gliedmaßen die Körperpflege anzubieten, das Essen zu reichen und ihm bei der Ausscheidung behilflich zu sein? Er hat die Arme in Gips und ist sonst fit.
Welche Ausbildung braucht es einen pflegebedürftigen, alten Menschen zu waschen, zu füttern und trocken zu legen... so sieht der Laie unsere Arbeit und versieht diese Arbeit sonst zu Hause auch selbst.

Elisabeth
 
Elisabeth Dinse schrieb:
Muss der Akademiker das Berufsbild ändern? Sind wir selbst dafür nicht verantwortlich? Akademiker kosten viel Geld: in der Ausbildung und in den Gehaltsforderungen. Das kann und will sich die Gesellschaft nicht leisten.
Er MUSS es nicht, aber ich denke das Berufsbild kann sich dadurch in der gesellschaft ändern. Leider ist es heute in der Pflegeausbildung in Deutschland oft genug so, dass die Azubis zwar lernen was sie machen können und sollen, aber oft genug kennen sie die Hintergründe dazu nicht.
Vielfach erlebt, wenn es um die Reihenfolge des Waschens ging. Ich habe Azubis erlebt, die völlig konfus wurden, wenn ich mal die Reihenfolge geändert habe aus Gründen, die im Zustand des Patienten lagen. Eine Prophylaxe des Dekubitus ist die Druckentlastung, das wissen die meisten, leider geht es dabei oft so weit, dass der Patient sich durch zuviel Abpolsterung letzten Endes in seiner Bewegung total eingeschränkt war, oder die vielfach gesehene Eintragung: "Patient toleriert Lagerung nicht, oder entlagert sich." In einer akademischen Ausbildung lernst Du eben auch die dazugehörigen Theorien und nicht nur die Handlungen, die zu irgendetwas notwendig sind. Du lernst den Transfer vom Wissen zum Praktischen zu leisten. Dies sehe ich z.B. als Vorteil einer akademischen Ausbildung. Sozialarbeiter, Ärzte, Seelsorger...ect., alles Leute mit Studium, die am Patienten arbeiten, die sich das Gesundheitssystem leistet, die Arbeiten machen, die ich als Pflegende auch übernehmen kann, sie mir aber teilweise habe wegnehmen lassen. Warum sollte denn jetzt gerade die Pflege zurückstecken, wenn es um akademische Ausbildung geht? Staffelung ist m.E. die Mglk., es müssen nicht alle etliche Jahre studieren, dennoch sollte es ein Grundstudium geben und die Mglk. der Qualifizierung in weitergehenden Studiengängen. Das kann durchaus auch im Bereich Basale Stimulation, Kinaesthetik, Kommunikation, ...ect. gehen.
Elisabeth Dinse schrieb:
Wo genau und konkret sollen Akademiker eingestezt werden? Wieviel Fachwissen braucht es um auf der Station zu arbeiten? Brauchen wir für alle Tätigkeiten eine dreijährige Ausbildung?
Nein, brauchen wir eben nicht, aber wir brauchen Leute die anderen Wissen weiter vermitteln und zwar innerhalb einer Institution und nicht bei Bildungsträgern außerhalb, die zudem eine Menge Geld kosten für den Einzelnen. Mir geht es nicht mal darum jetzt unbedingt jede Menge mehr Geld zu verdienen.
Elisabeth Dinse schrieb:
Welche Ausbildung braucht es einem Unfallopfer mit diversen Frakturen in den oberen Gliedmaßen die Körperpflege anzubieten, das Essen zu reichen und ihm bei der Ausscheidung behilflich zu sein? Er hat die Arme in Gips und ist sonst fit.
Welche Ausbildung braucht es einen pflegebedürftigen, alten Menschen zu waschen, zu füttern und trocken zu legen... so sieht der Laie unsere Arbeit und versieht diese Arbeit sonst zu Hause auch selbst.
So sehen leider auch sehr viele Pflegende ihre Arbeit. Das, was der Laie zu Hause angeblich so gut kann und auch Jahre tut, kommt häufig mit der Diagnose Dekubitus, Nahrungsverweigerung, Exsikkose, Obstipation, Koprostase, Penumonie durch Aspiration..ect. in unsere Krankenhäuser.
Ich möchte keineswegs behaupten, dass Familienangehörige nicht in der Lage sind dies zu leisten, bzw. zu vermeiden, viele das auch sehr gut machen, dennoch könnte noch weitaus mehr Krankenhauseinweisungen verhindert werden, wenn diese Leute geschult würden. Für mich auch ein Aufgabengebiet .
 
@Sigrid
Besser hätte ich das nie ausdrücken können, du triffst den Nagel auf den sprichwörtlichen...

@Elisabeth
Du zeigst mal wieder ein pflegetypisches Halbwissen...

1. Eine akademisierte Pflgekraft verdient mit Nichten das Geld was du dir vielleicht vorstellst. Einstieg ist Kr. 5, wie nach der Ausbildung...je nach Arbeitgeber, die privaten zahlen mehr. Warum eigentlich???

2. Warum wird denn in Deutschland immer über die geringe Akademikerquote geschimpft?? Du kannst dir Akademiker nicht leisten, die Gesellschaft will und muss sich diese wohl leisten. Falls du da fundierte Zahlen hast die das widerlegen, bitte posten.

3. Der Unterschied zur Bevölkerung hinsichtlich "waschen, fütern, trocken legen" sollte der sein das die Pflegekraft begründen kann warum sie das gerade aud diese oder jene Weise bei dem Patíenten so oder so macht. Kann aber keiner da das theoretische Wissen fehlt.

4. Hier noch eine Datei die dir zeigt was man in einer 3 !! jährigen universitären Ausbildung zur Krankenschwester lernen kann. Achte mal auf den Abschnitt "Supporting Studies" (alleine schon der Begriff)
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Gruß, von jemanden der das ständige Gejammer und Geheule leid ist...
 

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