Berufspolitik - kein Thema für Pflegekräfte?

Elisabeth Dinse

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Krankenschwester, Fachkrankenschwester A/I, Praxisbegleiter Basale Stimulation
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Intensivüberwachung
Wir sind sehr gut, wenn es um die Feststellung von Mißständen in unserem Beruf geht:
http://www.krankenschwester.de/foru...tehen-naechsten-pflegenotstand.html?highlight
http://www.krankenschwester.de/foru...el-bedroht-patientenversorgung.html?highlight
usw..

Es soll laut Angaben des DPR ca. 1,2 Millionen Pflegekräfte in Deutschland geben. Nur ein Bruchteil ist berufspolitisch engagiert und Mitglied eines Verbandes. Und von diesen Verbandsmitgliedern ist nochmal nur ein Bruchteil aktiv.

Woran liegt das? Warum ist Pflege so schlecht organisiert wenn es um die Belange der eigenen Berufsgruppe geht?

Ich fühlte mich von DBfK nicht vertreten und dachte, dass eine neue Vereinigung- ein Förderverein zur Errichtung einer Pflegekammer- eventuell eine Lösung bringt. Nun steh ich vor demselben Problem wie der DBfK: mangelndes Interesse der Basis an aktiven Veränderungen. Ich erfahre in Diskussionen stets ein großes Beharrungsvermögen der Kollegen: es soll so bleiben wie es ist (noch besser wie es vor 10 Jahren war), die anderen sollen sich verändern. Dabei wird völlig ausgeblendet, dass wir andere ökonomische Bedingungen als vor 10 Jahren haben.


Hier noch zwei Anregungen zum Thema:
Politikverdrossenheit
Christiansen, Bloggers, Digicam-Revolution

Wie bekommen wir 1,2 Millionen Pflegekräfte aktiviert um eine politische macht darstellen zu können... ähnlich wie die (Anzahl gerade nicht bekannt) Ärzte?

Elisabeth
 
Wie bekommen wir 1,2 Millionen Pflegekräfte aktiviert um eine politische macht darstellen zu können... ähnlich wie die (Anzahl gerade nicht bekannt) Ärzte?
"Werbung" machen.

Immer wieder darauf hinweisen. Es bieten sich ja genug Möglichkeiten im eigenen Team. Da kommt immer mal wieder die Diskussion zu Arbeitsbedingungen, Entwicklungen im Gesundheitswesen, Politik usw. usf. Da muss man dann "einfach" einhaken und darauf hinarbeiten, dass nur wir (alle zusammen) etwas bewirken können und es deshalb wichtig ist sich zu organisieren. Das wie und wo ist dann allerdings das nächste Problem.

Ulrich
 
Werbung allein scheints nicht zu machen. Das Problem muss woanders liegen.

Aus dem Changemanagement ist bekannt, dass Veränderungen ggf. dann erfolgen, wenn der Leidensdruck groß genug ist. Leidensdruck ist fats tgl. zu vernehmen in den diversen Äußerungen aus der Basis. Vor allem der Personalmangel und die steigende Arbeitsbelastung werden- zu Recht- beklagt.

Aber der Leidensdruck ist offensichtlich noch nicht groß genug. ... Obwohl ich mich manchmal nicht des Eindruckes erwähren kann, dass das Jammern (auf hohem Niveau) ein Bedeutung gewonnen hat. Wenn man etwas verändern würde, würde die Möglichkeit des Jammerns entfallen. Welche Aufmerksamkeit bekommt die Berufsgruppe dann noch.

Ergo: Werbung allein machts aus meiner Sicht nicht. Informationen werden negiert bzw. gar nicht erst angenommen.

Elisabeth
 
Ergo: Werbung allein machts aus meiner Sicht nicht. Informationen werden negiert bzw. gar nicht erst angenommen.
Stimmt. War zu eng von mir gedacht. Das funktioniert nur für die, die gerne etwas ändern würden, denen aber die Idee fehlt, wie sie das anstellen sollen.

Ulrich
 
@Elisabeth: Was ist denn der DPR? Eine Alternative zum DBfK?
 
Hallo Elisabeth,
ich habe mir mal deine Diskussionseröffnung durchgelesen.
Personalnotstand werden wir wohl nicht gleich wieder haben. Aber eine Konzentration der Arbeit auf Pflege und vor allem die Übernahme ärztlicher Leistungen wird kommen. Andere Dinge, die heute noch selbstverständlich sind, werden an andere Berufsgruppen (Dok.-ass., HoFa fallen mir spontan ein) abgegeben werden(müssen).
Die Pflege hat keine Lobby, weil sie a) mit sich beschäftigt ist und die Pflegeverbände konkurrieren statt zusammenzuarbeiten (DPR scheint eher ein hilfloser Versuch zu sein) und
b) weil Pflegende häufig nach den Kompetenzen anderer schielen, weil deren Arbeit vermeintlich attraktiver ist (Übernahme ärztl. Tätigkeiten).

Übrigens wurde während eines Workshops die These aufgestellt, dass 40% aller Pflegenden zwar ihre Arbeit machen, aber für innovatives Arbeiten verloren sind. 2 Pflegedienstleiter haben offen zugestimmt.
MfG
rudi09
 
Von den 40% "therapieresistenten" will ich erst mal gar nicht reden.

Auf dem Münchner Kongress 2006 ging man im Zusammenhang mit dem Fort- und Weiterbildungsangebot von Thieme CNE von nur 30% der Mitarbeiter aus, die ein eigenes Interesse an selbständiger Weiterbildung haben. Das deckt sich mit anderen Aussagen verschiedenster Institutionen: 70% aller Pflegenden machen ihre Arbeit (und das nicht mal schlecht) und interessieren sich eigenständig eher wenig für Innovationen.

Bezogen auf 1,2 Mill. Pflegekräfte:

40% arbeiten nur = 480.000 Pflegekräfte interessieren sich gar nicht für Berufspolitik
weitere 30% betrachten zwar kritisch die Verhältnisse, arbeiten aber ebenfalls nur = 360.000 Pflegekräfte haben zwar von Berufspolitik gehört, sind aber der Meinung das sollen andere machen
Verbleiben 30% = 360.000 Pflegekräfte die etwas verändern wollen. Sind es wirklich soviele Aktive? Mir kommt es bei weitem weniger vor.

Organisiert in einem Verein ist ja noch lange nicht gleichbedeutend mit Aktivität.

Fehlt uns die Identifikation mit dem Beruf? Liegt es eventuell daran, dass man eigentlich nicht so genau weiß, was das Berufsbild eigentlich ausmacht?

Elisabeth
 
Grundsätzlich sehe ich die Problematik so wie meine "Vorredner"
ABER
ich halte es für kontraproduktiv weitere Berufsverbände zu gründen, quasi als "Konkurrenz" zum DBfK. Das Ergebnis würde meiner Meinung nach sein, dass die Pflege interessenpolitisch noch weiter auseinanderfallen würde und noch mehr Uneinigkeit herrschen würde.
Wer etwas verändern möchte, sollte besser in die bestehenden Strukturen eindringen, sprich Mitglied z.B. beim DBfK werden, und sich dort engagieren.
Die Verbände können immer nur so gut sein, wie ihre Mitglieder, und wenn mir deren Politik nicht gefällt, sollte ich sie besser mitgestalten.
Gruß
Philipp (der sich gerade darum kümmert, Mitglied beim DBfK zu werden)
 
Wie stellst du dir als Mitglied deine aktive (die Betonung liegt hier auf aktiv) vor? Wo glaubst du dich einbringen zu können? Was hat dich bewwgt gerade in den DBfK einzutreten und z.B. nicht in den DPV?

Elisabeth
 
ich bin total eurer meinung! das ganze erinnert mich etwas an das zeitaöter der industriealisierung und der arbeiteraufstände (kennt jemand germinal von emile zola?). Die Arbeiter konnten nur ausgenutzt werden, weil sie sich nicht -oder erst viel später- organisierten und zusammenarbeiteten. statt dessen verfolgte jeder nur sein eigenes wohl, sich so gut wie möglich über die runden zu bringen. das war ihnen nicht zu verübeln, grosse streiks hätten den meisten den hungertod gebracht. aber heute ist das anders!!!!! wir haben internet, es gibt genügend plattformen für die pflegenden, sich auszutauschen und zu organisieren. ich denke auch, dass das problem einfach desinteresse ist. jeder interessiert sich nur für sein eigenes belangen, seinen eigenen arbeitsplatz, sein eigenes gehalt und wie man selbst am besten die arbeit und die anforderungen meistert, oft mit so wenig (energie)aufwand wie möglich. bloß keine veränderungen, bloß keine zusätzliche "arbeit".
engagement heisst wohl das zauberwort. und das kennen leider viel zu wenige bürger.... ich spreche hier nicht von einer bestimmten berufsgruppe sondern von den bundesbürgern im allgemeinen. die wenigsten engagieren sich politisch, beziehen stellung (über ihren tellerrand hinaus) und sind bereit etwas für die gemeinschaft zu tun.
es wird eine steuererhöhung nach der nächsten geschluckt, eine reform nach der anderen gebilligt. aber vielleicht knallts ja mal.irgendwann. (im übertragenen sinne natürlich:D )

ich wäre für eine schockkampagne. so siehts aus im gesundheitssystem, das ist das ergebnis mangelnder gelder und mangelnder innovation. tut was.
 
Eigentlich ist es doch ganz einfach:
Folgende Fragen: Wieviele(wirklich starke)Ärzteverbände gibt es und wieviele Pflegeverbände gibt es?
Wer hat dieses Jahr Macht bewiesen und wer nicht?
Wie im vorherigen Posting schon geschrieben, Unorganisiertheit und Zersplitterung machen uns schwach. Die Berufsverbände sind nicht in der Lage, mit einer Stimme zu sprechen.
Und nur mit Erfolgen kriegst du wieder mehr in die Verbände. (Leider)
MfG
rudi09
 
:D Halloooo!
Egal ob Gewerkschaften , Verbände oder Parteien, ich hab bei allen die Erfahrung gemacht das sie sich zu einem bestimmten Zeitpunkt von der Basis so weit entfernt haben, das sie nicht mehr wissen wenn oder was sie vertreten.
Ich selbst bin stellv. Vorsitzender einer 13er MAV und halbtags freigestellt.
Zu Anfang dachte ich, ich könne mehr als meine Vorgänger den Kontakt zur Basis halten,aber nix war.
Wenn ich nicht noch halbtags in der Pflege währe, hätte mich die Verwaltungsarbeit schon aufgefressen und ich sämtlichen Kontakt zur Basis (alle Berufsgruppen im Krankenhaus) verloren.
Interessenvertretung ist wichtig, aber ein zweischneidiges Schwert.

Aber auf der anderen Seite ist der Deutsche Michel ja bekannt, daß fast alles mit sich machen läßt. Im Gegensatz zu den "Streit- Streiklustigen Franzosen". Siehe Sommer 2006 2 Jahre Probezeit!!! die haben ihrer Regierung aber die Meinung gegeigt.

Guten Rutsch an alle!!!:D
 
richtig, aber wir haben einfach eine andere geschichte.... die französische revolution wurde bei uns ja versucht und ist kläglich gescheitert... nun haben wir den salat;-)


man bräuchte einfach ein bischen mehr sinn für gemeinschaft, für die gesellschaft, nicht nur für einen selbst. dann würde das auch anders aussehen!

was würdet ihr denn machen, wenn für euch der punkt kommt, oder gekommen ist, an dem ihr sagt, es reicht! wir könenn das nicht mehr mitmachen, der patient wird am laufband abgefertigt, wir haben zu wenig zeit, zu viel druck, die umstände kann ich als pfleger nicht mehr hinnehmen wenn die qualität nicht auf der strecke bleiben soll?
 

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